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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau!
Autoren: Christopher Moore
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waren ihm neu, oder zumindest hoffte er, sie wären neu. Zwei waren älter als er, ein wenig von den Jahren gezeichnet, und jede hatte ihre Haare in einem anderen, unnatürlichen Rot gefärbt. Die dritte war jünger als er, aber sehr rund und blond und sah irgendwie clownesk aus, mit ihren Haaren, die oben auf dem Kopf zu einem Dutt geknotet waren, die Lippen groß und rot gemalt, ein grotesk erschreckter Schmollmund. Alle drei sahen aus, als könnte sie nichts mehr überraschen.
    » Ich warte auf einen Freund«, sagte Lucien.
    » Ich kenne Sie«, sagte die rundliche Blondine. » Sie sind Monsieur Lessard, der Bäcker.«
    » Der Maler«, verbesserte Lucien. Verdammt. Henri hatte ihn vor zwei Jahren einmal hierher mitgenommen, weil er mit quälendem Herzschmerz zu kämpfen hatte, und obwohl der magische Nebel aus Brandy, Absinth, Opium und Verzweiflung die Erinnerung daran verschleierte, hatte er offensichtlich die Bekanntschaft dieses rundlichen Clownmädchens gemacht.
    » Ja, Maler«, sagte die Blonde. » Aber Ihren Lebensunterhalt verdienen Sie als Bäcker, oder?«
    » Ich habe erst letzten Monat zwei Bilder verkauft«, sagte Lucien.
    » Ich habe letzte Nacht zwei Bankiers gelutscht«, sagte die Hure. » Bin ich deswegen jetzt Aktienhändlerin oder was?«
    Eine der älteren Huren stieß der Blonden ihren Ellbogen gegen die Schulter, dann schüttelte sie streng den Kopf.
    » Tut mir leid. Sie wollen nicht übers Geschäft reden. Haben Sie denn inzwischen dieses Mädchen verwunden, um das Sie damals weinen mussten? Wie hieß sie noch? Josephine? Jeanne? Die ganze Nacht haben Sie ihren Namen gejault.«
    » Juliette«, sagte Lucien. Was treibt Henri? Er muss sich doch nur anziehen, nicht das Schlachtfeld malen.
    » Stimmt. Juliette. Haben Sie die Schlampe verwunden?«
    Der nächste Ellbogen, diesmal von der anderen Hure und in die Rippen.
    » Autsch. Biest. Ich wollte nur nett sein.«
    » Es geht mir gut«, sagte Lucien. Es ging ihm überhaupt nicht gut. Es ging ihm sogar noch schlechter, nachdem er nun annehmen musste, dass er möglicherweise versucht hatte, Trost auf dem Leib dieses groben Weibes zu finden.
    » Meine Damen«, rief Toulouse-Lautrec von der Treppe her. » Ich sehe, Sie haben meinen Freund Monsieur Lucien Lessard, den Maler vom Montmartre, bereits kennengelernt.« Er nahm die Treppe mit Hilfe seines Gehstocks, hielt auf jeder Stufe inne. In manchen Momenten schmerzten seine Beine schlimmer als in anderen, zum Beispiel nach einer Sauftour.
    » Er war früher schon mal hier«, sagte der mollige Clown.
    Henri schien Luciens Entsetzen bemerkt zu haben, denn er sagte: » Entspann dich, mein Freund. Du warst viel zu betrunken und betrübt, um dem Charme der Damen zu erliegen. Du bist noch so rein und jungfräulich wie am Tag deiner Geburt.«
    » Ich bin doch keine…«
    » Mach dir keine Sorgen«, sagte Henri. » Ich bin und bleibe dein Beschützer. Entschuldige die Verspätung. Es scheint, als hätten sich meine Schuhe über Nacht davongestohlen, und ich musste mir welche leihen.« Am Fuß der Treppe angekommen, zog er seine Hosenbeine hoch und zeigte ein Paar geschnürte Damenschuhe her, größer, als man sie von Damen kannte, denn mochte Henri auch klein sein, so waren doch nur seine Beine zu kurz, aufgrund einer Verletzung in der Kindheit (und des Umstandes, dass seine Eltern Cousin und Cousine ersten Grades waren). Seine übrigen Körperteile waren von normaler Größe.
    » Das sind meine Schuhe«, sagte die runde Blondine.
    » Nun, das mag wohl sein. Ich habe mit der Madame eine Übereinkunft getroffen. Lucien, wollen wir gehen? Ich glaube, ein Mittagsmahl wäre angezeigt. Womöglich habe ich seit Tagen nichts gegessen.« Er tippte zum Gruß an seinen Hut. » Adieu, meine Damen. Adieu.«
    Lucien schloss sich seinem Freund an. Sie gingen durchs Foyer und traten hinaus ins grelle Sonnenlicht, Henri ein wenig wacklig auf den hohen Absätzen.
    » Weißt du, Lucien, es fällt mir wirklich schwer, eine Hure nicht zu mögen, aber diese Blonde, die sie Miesmarie nennen, hat es doch geschafft, meinen Unmut zu wecken.«
    » Hast du ihr deshalb die Schuhe gestohlen?«
    » Nichts dergleichen habe ich getan. Ein armes Ding, das auch irgendwie zurande kommen muss…«
    » Deine eigenen Schuhe stecken hinten in deinem Hosenbund, unter dem Mantel.«
    » Nein, bestimmt nicht. Das ist mein Buckel, eine unglückliche Folge meiner königlichen Abstammung.«
    Als sie vom Kantstein auf die Straße traten, um diese zu
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