Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau!
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
Rattenfänger!«, rief Pissarro und ignorierte Luciens Respektabstand, indem er den Jungen an einem Arm hochhob und ihm gnadenlos einen kissenbärtigen Kuss auf beide Wangen gab, um ihn danach wieder auf den Boden zu stellen.
    » Sehen Sie nur, Monsieur, wie sich die Leute versammeln, um zu erfahren, wer Ihr Gemälde gewinnt!«
    » Ich glaube, man versammelt sich, weil dein Vater Brot gebacken hat«, sagte Pissarro. Er reichte Père Lessard die Hand, der eben ansetzte, die Stärken im Gemälde seines Freundes und die unsägliche Ignoranz des Salons herunterzubeten, der sein Werk verpönte, als von drinnen an die Scheibe geklopft wurde und alle sich umdrehten und Mère Lessard gewahr wurden, die einen demitasse- Löffel schwenkte wie eine zierliche Streitaxt, eine Augenbraue vielsagend hochgezogen, was darauf hindeutete, dass das Brot aus dem Ofen musste und Vater ruhig herumtrödeln sollte, so er denn wollte, dass das Brot verbrannte. Aber der Moment würde kommen, in dem er schlafen musste, und dann dürfte es ihn nicht weiter erstaunen, wenn er aufwachte und tot war, einen kleinen Löffel durch Ohr oder Nase tief in den Schädel gerammt.
    » Einen Moment, mein Freund«, sagte Père Lessard. » Die Brote.« Er zuckte mit den Schultern und hastete um die Ecke.
    » Ich habe gezeichnet«, sagte Lucien. » Monsieur Renoir hat mir beigebracht zu zeichnen, was ich sehe.«
    » Zeig mal her«, sagte Pissarro.
    Lucien rannte sofort los, die Gasse entlang, zur Hintertür hinein, durch die Bäckerei, die Treppe hinauf und kehrte mit seinem Skizzenbuch zurück, bevor Pissarro seine Pfeife richtig zum Glühen brachte.
    » Sehen Sie?«, sagte Lucien, als er dem Maler sein Skizzenbuch reichte. » Das sind zwei kämpfende Hunde, die ich gestern im Maquis beobachtet habe.«
    Pissarro betrachtete die Zeichnung, nickte und drehte und wendete sie in der Luft, hielt sie auf Armeslänge und strich über seinen gewaltigen Donnerbart, als wäre er Jehova, der eine entnommene Rippe auf kreative Verwendungsmöglichkeiten hin untersuchte.
    » Diese Hunde kämpfen nicht.«
    » Tun sie wohl. Wie auf den Gemälden, die wir im Louvre gesehen haben«, sagte Lucien. » Kriechisch-römischer Ringkampf, hat Vater es genannt.«
    » Ach, natürlich«, sagte Pissarro, als wäre ihm jetzt alles klar. » Ja, kriechisch-römisch ringende Hunde. Famos! Ich gehe davon aus, dass du Madame Lessard deine ringenden Hunde noch nicht gezeigt hast.«
    » Allerdings, Monsieur. Mutter hat für Kunst nichts übrig.«
    » Nun, dann muss ich darauf bestehen, dass du mir das Bild für meine Sammlung überlässt.«
    Lucien fühlte sich, als müsse er vor Stolz platzen. » Wirklich, Monsieur? Sie wollen meine Zeichnung haben?«
    » Ich werde sie neben einen Cézanne hängen. Ich glaube, der hat auch eine gewisse Affinität zu ringenden Hunden.«
    » Und werden Sie Minette erzählen, dass das Bild von mir ist?«
    » Selbstverständlich.«
    Lucien begann, die Zeichnung aus seinem Skizzenbuch zu reißen, dann hielt er inne und blickte auf. Lucien hatte dunkle Augen, die oft wirkten, als stünden sie zu weit auseinander wie bei einem hungrigen Kätzchen, und nun sprach aus ihnen ein Kummer, den Tränen nah. » Aber, Monsieur, ich möchte nicht, dass Euer Lucien sich schlecht fühlt, wenn er meine ringenden Hunde in Eurem Haus hängen sieht.«
    Pissarro lachte. » Dein Freund hat selbst ein Skizzenbuch, Rattenfänger. Um ihn mach dir mal keine Sorgen.«
    Lucien lächelte, riss das Blatt heraus und reichte es dem Maler, der es vorsichtig in der Mitte faltete und in seine Manteltasche steckte.
    In der Menge wurde ein Murmeln laut, und man manövrierte sich höflich in eine gute Ausgangsposition vor dem Eingang der Bäckerei. Mère Lessard zog die Jalousie hoch, drehte das Schild um und öffnete die Tür. Madame rief den Kunden ein fröhliches bonjour entgegen und hieß sie mit schwungvoller Geste und einem Lächeln im Laden willkommen, wie man es auf einer Teetasse mit dem Bild der vorrevolutionären Marie Antoinette finden mochte, was bedeuten soll: sprühend vor Charme und warmherzigem Versprechen.
    » Maman spart sich ihre stürmische Seite für die Familie auf«, sagte Père Lessard oft genug. » Für die Welt hat sie nur Sonnenschein und Schmetterlinge übrig.«
    Das war der Moment, in dem sie dem jungen Lucien ein Baguette um die Ohren schlug. Die knusprig-zarte Kruste schmiegte sich an seinen Kopf, bog sich, brach jedoch nicht, was zeigte, dass der Ofen genau die richtige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher