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Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Titel: Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Autoren: Keigo Higashino
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Misato.
    »Ja, ich vermute es.« Yasuko lächelte resigniert. »Immerhin habe ich einen Menschen getötet.«
    Misato schüttelte heftig den Kopf. »Aber das ist so ungerecht.«
    »Warum denn?«
    »Du konntest nichts dafür. Es war alles seine Schuld. Er war längst weg, Vergangenheit! Aber er musste ja immer wieder auftauchen und dich quälen und mich auch … Es ist nicht richtig, wenn du wegen dem ins Gefängnis musst.«
    »Mord bleibt Mord. Alles andere sind nur die Umstände.«
    Seltsamerweise spürte Yasuko, wie sie immer mehr ihreFassung zurückerlangte, während sie Misato die Lage erklärte. Beinahe kaltblütig fragte sie sich, ob sie wirklich keine andere Wahl gehabt hatte. Sie hatte schon nicht gewollt, dass Misato als Tochter einer Bardame aufwuchs. Aber als Tochter einer Mörderin aufzuwachsen, war sicher viel schlimmer. Aber ein Ausweg fiel ihr nicht ein. Obwohl sich das Geschehene nicht leugnen ließ, konnte sie sich zumindest bemühen, dass sie beide in den Augen der Öffentlichkeit möglichst gut dastehen würden. Das schnurlose Telefon lag in einer Ecke des Zimmers. Yasuko ging darauf zu und hob es auf.
    »Nein, Mama!« Misato schoss durch den Raum und wollte es ihrer Mutter aus der Hand nehmen.
    »Lass los!«
    »Nein, das darfst du nicht!«, schrie Misato und packte Yasuko am Handgelenk. Sie hatte einen kräftigen Griff, wahrscheinlich von dem vielen Badminton-Training nach der Schule.
    »Lass mich bitte los.«
    »Nein, Mama, das lasse ich nicht zu. Lieber stelle ich mich selbst.«
    »Was redest du da für einen Unsinn?«
    »Ich habe ihn niedergeschlagen. Du hast nur versucht, mich vor ihm zu retten. Und dann habe ich dir geholfen. Ich habe ihn genauso umgebracht wie du.« Misato warf ihrer Mutter einen trotzigen Blick zu. In diesem Moment lockerte Yasuko ihren Griff. Misato riss ihr das Telefon aus der Hand. Sie presste es an sich, rannte in eine Ecke des Zimmers und kehrte ihrer Mutter den Rücken zu.
    Yasuko zermarterte sich das Gehirn. Würde die Polizei ihr glauben, wenn sie behauptete, sie habe Togashi allein getötet? Nein, sie würde gründliche Ermittlungen anstellen. Sie kanntedas aus den Krimis im Fernsehen. Die Polizei brauchte Beweise, und die würde sie mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln erbringen. Man würde die Nachbarn befragen, ein Team von Rechtsmedizinern würde den Fall untersuchen, und dann – ihr wurde schwarz vor Augen. Auch wenn die Polizei sie noch so sehr in die Mangel nahm, würde sie nie preisgeben, was Misato getan hatte, dessen war sie sich ganz sicher. Doch was, wenn die Ermittlungen die Wahrheit dennoch an den Tag brachten? Dann wäre alles vorbei.
    Sie überlegte, ob es nicht einen Weg gab, das Ganze so aussehen zu lassen, als hätte sie Togashi allein getötet, aber bald verwarf sie den Gedanken. Ihre dilettantischen Versuche würden sofort durchschaut.
    Ich muss Misato schützen, dachte Yasuko. Unbedingt. Es musste schwer sein für die Kleine, bei einer solchen Mutter aufzuwachsen. Yasuko hätte mit Freuden ihr Leben geopfert, wenn sie Misato damit vor weiterem Unglück hätte bewahren können.
    Was sollte sie tun? Was konnte sie tun? Ein sonderbares Geräusch schreckte Yasuko aus ihren Gedanken auf. Erst allmählich begriff sie, dass es das Telefon war. Misato nahm es und sah ihre Mutter mit geweiteten Augen an. Yasuko streckte stumm die Hand aus. Sich auf die Lippen beißend, reichte ihr Misato langsam den Hörer.
    Yasuko holte tief Luft, drückte die Annahmetaste und hielt ihn ans Ohr. »Ja, bitte?«
    »Äh, ja, ich bin’s Ishigami, von nebenan.«
    Yasuko starrte einfältig auf das Telefon. Schon wieder dieser Lehrer. Was wollte er denn noch? »Ja? Was kann ich für Sie tun?«
    »Ähem, ja, also, ich frage mich, was Sie tun werden?«
    Wovon redete der Mann? »Verzeihung, aber wie meinen Sie das?«
    »Ich meinte nur …«, Ishigami stockte, ehe er fortfuhr. »Ob Sie die Polizei benachrichtigen wollen? Wenn ja, ist alles klar, aber wenn nicht, könnte ich Ihnen vielleicht helfen.«
    »Wie bitte?« Yasuko blieb der Mund offen. Woher wusste der Kerl …?
    »Wie wäre es, wenn ich zu Ihnen rüberkäme?«, sagte Ishigami leise.
    »Wie? Nein, ich glaube nicht – nein, das passt jetzt schlecht«, stotterte Yasuko, während ihr der kalte Schweiß ausbrach.
    »Frau Hanaoka«, fuhr Ishigami fort, »es ist sehr schwer, eine menschliche Leiche verschwinden zu lassen. Eine Frau schafft das nicht alleine.«
    Yasuko verschlug es die Sprache. Wahrscheinlich hatte er
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