Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Sehnsucht

Verbotene Sehnsucht

Titel: Verbotene Sehnsucht
Autoren: B Kendall
Vom Netzwerk:
würde sich auf diese Weise ganz von alleine erledigen. Hoffte Missys Bruder jedenfalls. Und wenn es nach ihm ging, würde sie den Earl Granville heiraten, einen begehrten Junggesellen, der nicht nur bereits einen eigenen Titel führte, sondern zudem dereinst einer der bedeutendsten Peers im Königreich sein würde. Warum nicht, hatte sein Freund argumentiert. Jetzt, wo die Armstrongs nicht mehr verarmt waren, sondern ein Vermögen gemacht hatten, das weit über das Maß des selbst in höchsten Kreisen Üblichen hinausging– warum sollte seine Schwester da nicht in den Hochadel einheiraten?
    » Missy«, begann James, aber der Name kam so heiser aus seiner Kehle, dass er sich erst einmal räuspern musste, um den Kloß in seinem Hals zu beseitigen und danach einen neuen Anlauf zu nehmen. » Missy, du bist wie eine Schwester für mich«, verkündete er mit einer Feierlichkeit, die sein angestrengtes Bemühen verriet, seine Behauptung glaubhaft klingen zu lassen.
    Inzwischen war es mehr als nur ein Gebot der Vorsicht, sie anzulügen, sondern eine Notwendigkeit. Unglücklicherweise verhielt es sich so, dass sämtliche geschwisterlichen Gefühle, die er ihr gegenüber einmal empfunden hatte, angesichts ihrer atemberaubenden Weiblichkeit dahingeschmolzen waren wie Schnee in der Sonne. Seit sich an ihrer vormals hoch aufgeschossenen und dürren Gestalt ausgesprochen verlockende weibliche Rundungen entwickelten und sie zu einer wahren Schönheit erblühte, da war es vorbei mit brüderlicher Standhaftigkeit. Zwar ließ schon das zehnjährige Kind mit dem kastanienbraunen Haar diese Anlagen erkennen, doch inzwischen übertraf sie sämtliche Erwartungen, und er konnte die Augen kaum von ihr wenden.
    Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, der ihm ihre Enttäuschung signalisierte, und sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.
    » Ich bin Thomas’ Schwester, nicht deine.«
    Als ob er daran erinnert werden müsste. Es war schließlich seine Beziehung zu Armstrong, die ihn daran hinderte, sich zu nehmen, was sie ihm anbot. Ihren wunderschönen Körper, um sich daran zu ergötzen. Doch abgesehen davon, dass Thomas ihn am Galgen draußen vor dem Gefängnis in Newgate aufknüpfen würde, falls er Missy anrührte, hatte das Mädchen zweifellos Besseres verdient, als ihre Unschuld an einen Mann zu verlieren, der niemals der Ehemann sein konnte, wie sie ihn brauchte. Wie sie ihn verdiente.
    » Ich will nur sagen, dass ich überhaupt kein Interesse an dir habe, nicht auf diese Weise– in romantischer Hinsicht, meine ich.« Mit der Lust war es natürlich eine vollkommen andere Sache.
    Bis zum vergangenen Jahr entsprach das noch der Wahrheit. Was würde James nicht alles dafür geben, wieder zu diesem harmlos freundschaftlichen Zustand ihrer Beziehung zurückkehren und die ganze Geschichte hier ungeschehen machen zu können.
    Aber das ging nicht– er hatte seine Unschuld unwiederbringlich verloren.

1
    Devonshire, 1855
    S tumm beobachtete Missy durch die einen Spaltbreit geöffnete Tür, wie James in der Bibliothek ein Buch durchblätterte. Augenblicklich schoss eine Mischung aus freudiger Erwartung und Verlangen durch ihren Körper, und ihr stockte der Atem. Es entsprach seiner nonchalanten Ignoranz gegenüber gesellschaftlichen Kleidungsnormen, dass er nur ein gestärktes hellbraunes Leinenhemd und eine dunkelgrüne Hose trug. Seine Füße steckten in hohen schwarzen Wellingtons, und seine ganze Erscheinung war von lässiger Eleganz. Insbesondere der bewusste Verzicht auf Weste und Halstuch führte dazu, dass eine Aura von Selbstbewusstsein und Stolz ihn faszinierend umschwebte und seine charismatische Erscheinung noch verstärkte.
    Und er war allein.
    Da James, Thomas und Alex wie die Kletten zusammenhingen, hatte sie fast schon wie eine Spionin im Dienste Ihrer Majestät operieren müssen, um ihn bei seinem Besuch wenigstens ein paar Minuten lang alleine zu erwischen. Was für eine Schande, dass es so weit hatte kommen müssen– anders wäre es ihr lieber gewesen.
    Weil James ständig in aller Herren Länder herumreiste und zwischendurch jeweils nur für kurze Zeit nach Hause kam, hatten sie in den vergangenen drei Jahren kaum Kontakt zueinander gehabt. Er behauptete, es liege an diversen Verpflichtungen, aber Missy vermutete, dass ihre Person einen nicht unerheblichen Grund für seine häufige Abwesenheit darstellte.
    Es konnte natürlich Zufall sein, dass seine ausgedehnten Reisen zwei Wochen nach dem Vorfall damals an ihrem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher