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Verblendung

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Titel: Verblendung
Autoren: Stieg Larsson
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einen Großteil seines Berufslebens darauf verwandt, dubiose Geschäfte in der Finanzwelt aufzuklären. Das Gespräch begann um die Frage nach der moralischen Korrektheit gewisser Abfindungspraktiken zu kreisen, die in den neunziger Jahren bekannt geworden waren. Nachdem er so manchen Manager verteidigt hatte, stellte Lindberg sein Glas ab und räumte widerwillig ein, dass sich in der Geschäftswelt trotz allem der eine oder andere Schweinehund versteckte. Plötzlich hatte er Mikael ganz ernst angesehen.
    »Du gehörst doch zu den Journalisten, die in Sachen Wirtschaftskriminalität recherchieren - warum schreibst du nicht über Hans-Erik Wennerström?«
    »Ich wusste nicht, dass es über den was zu schreiben gibt.«
    »Dann fang an zu wühlen. Fang in Dreiteufelsnamen an zu wühlen. Wie viel weißt du über das SIB-Programm?«
    »Tja, das war eine Art Förderprogramm in den neunziger Jahren, mit dem man der Industrie in den ehemaligen Ostblockstaaten auf die Füße helfen wollte. Vor ein paar Jahren wurde es dann eingestellt. Ich hab nie irgendetwas darüber geschrieben.«
    »SIB, das Industrieförderungsprogramm - das war ein von der Regierung gefördertes Projekt unter der Leitung von Repräsentanten einiger großer schwedischer Unternehmen. SIB bekam staatliche Garantien für eine ganze Reihe von Projekten zugesichert, die in Abstimmung mit den Regierungen von Polen und den baltischen Staaten verabschiedet wurden. Der Schwedische Gewerkschaftsbund war ebenfalls mit von der Partie, um sicherzustellen, dass auch die Gewerkschaften im Osten nach schwedischem Modell gestärkt würden. Offiziell war das Ganze ein Förderprogramm nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe, das den Regierungen im Osten eine Möglichkeit eröffnen wollte, ihre Wirtschaft zu sanieren. In der Praxis ging es aber darum, dass schwedische Unternehmen staatliche Subventionen einstrichen, um sich damit als Teilhaber in osteuropäische Unternehmen einzukaufen. Dieser verdammte heuchlerische Minister war ein treuer Anhänger des SIB. Man wollte eine Papierfabrik in Krakau bauen, die Metallindustrie in Riga auf Vordermann bringen, eine Zementfabrik in Tallinn errichten und so weiter. Die Gelder wurden von den Vorständen des SIB verteilt, lauter einflussreichen Persönlichkeiten aus der Welt der Banken und der Großindustrie.«
    »Steuergelder also?«
    »Ungefähr 50 % staatliche Zuschüsse, den Rest steuerten die Banken und die Unternehmen selbst bei. Aber weniger aus ideellen Gründen. Sie rechneten damit, eine ordentliche Stange Geld einzustreichen. Sonst hätten sie keinen Pfifferling dafür gegeben.«
    »Von wie viel Geld sprechen wir denn da?«
    »Beim SIB ging es hauptsächlich um schwedische Unternehmen, die sich auf dem osteuropäischen Markt etablieren wollten. Hochkarätige Unternehmen wie ABB und Skanska und so. Mit anderen Worten also, keine Spekulanten.«
    »Willst du etwa behaupten, dass Skanska nicht spekuliert? Deren Geschäftsführer war es doch, der gefeuert wurde, als er einen von seinen Jungs eine halbe Milliarde mit irgendwelchen Day Tradings versenken ließ? Und was ist mit ihren Immobiliengeschäften in London und Oslo?«
    »Sicher, Idioten gibt es in jedem Unternehmen dieser Welt, aber du weißt schon, was ich meine. Das sind auf jeden Fall Firmen, die etwas produzieren. Das Rückgrat der schwedischen Industrie.«
    »Und was hat Wennerström jetzt damit zu tun?«
    »Wennerström ist der Joker in diesem Spiel. Also, da kommt ein Typ von irgendwoher, er hat keinen großartigen industriellen Hintergrund und auf dieser Bühne eigentlich überhaupt nichts zu suchen. Aber er hat sich an der Börse ein enormes Vermögen erworben und es in sichere Unternehmen investiert. Er ist sozusagen durch die Hintertür dazugestoßen.«
    Mikael Blomkvist hatte sein Glas mit »Reimersholmer Schnaps« aufgefüllt, sich in der Kajüte zurückgelehnt und nachgedacht, was er alles über Wennerström wusste. Und das war eigentlich nicht besonders viel. Geboren irgendwo in Norrland, wo er irgendwann in den siebziger Jahren ein Investmentunternehmen gründete. Er verdiente gutes Geld und ging nach Stockholm, um in den goldenen achtziger Jahren eine kometenhafte Karriere hinzulegen. Er hatte die Wennerström-Gruppe gegründet, später umbenannt in The Wennerstroem Group , als in London und New York Dependancen eröffnet wurden, die in den Zeitungen bald in einem Atemzug mit Beijer genannt wurden. Er handelte mit Aktien und Optionen und steckte Geld in Day
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