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Verarschung

Verarschung

Titel: Verarschung
Autoren: Lars Arffssen
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Sekunden, um seine Facebook-, Twitter-, E-Mail- und Merrill-Lynch-Konten zu knacken, und weitere dreißig Sekunden, um sich Tausende Seiten privater Korrespondenz und komplexer finanzieller Transaktionen zu merken. Wenigstens war ihr Gedächtnis noch intakt. Der Mann hieß Harvey Hirsch und war ein amerikanischer Kieferorthopäde. Letztes Jahr hatte Hirsch 97 000 US-Dollar verdient, aber nur 24 000 Dollar Steuern gezahlt. Kein Wunder, dass dieses kranke Land keine Hochgeschwindigkeits-Trassen besitzt . Seine Frau hieß Alison. Sie verkaufte Diätkekse in einem 50 Quadratmeter großen Laden, den Windfang nicht eingerechnet. Viele von Hirschs E-Mails waren an eine Frau namens Jennifer gerichtet. In einer stand: «Ich könnte am 20. um eins kurz mit dir Mittag essen.»
    Das Arschloch hat also vor der Nase seiner Frau eine Affäre mit der minderjährigen Tochter seines Gemeindepfarrers.
    In diesem Moment bemerkte Salamander, dass der Mann aufgestanden war; seine Hände bewegten sich auf den Hals seiner Frau zu. Whoa. Das Arschgesicht will seine Frau mitten im Afhild’s ermorden. Diese Dreistigkeit.
    Wie der Blitz war Salamander auf den Beinen. «Schlechter Schachzug, du Frauenprügler-Schwein», flüsterte sie kaum hörbar. «Mach dich bereit zu sterben.»
    Sie griff nach einem Stuhl und zerschmetterte ihn über einem leeren Tisch, bis sie nur noch ein einzelnes Stuhlbein in der Hand hatte. Sie hielt es wie einen Baseballschläger – Salamander bewunderte amerikanische Sportarten, Motorräder und Twinkies, aber keine Frauen vergewaltigenden, bibeltreuen Freaks –, holte weit aus und traf voll die rechte Schläfe des Mannes. Er ging zu Boden, wie alle Männer, die Salamander mit roher Gewalt auf den Kopf geschlagen hatte.
    Einen Moment später war sie über ihm. Ein Hieb nach dem anderen landete auf Gesicht, Hals und zwischen den Beinen des Mannes.
    «Großer Gott!», schrie die Frau. «Lass meinen Mann los, du klapprige Punkerbraut!»
    Salamander kannte das psychologische Muster dahinter nur zu gut: Frauen, die jahrzehntelang der Brutalität von soziopathischen Monstern ausgesetzt gewesen waren, identifizierten sich mit ihren Peinigern. Man nannte das nicht umsonst Stockholm-Syndrom.
    «Hilfe!», schrie die mitleiderregende Frau. «Sie bringt ihn um!»
    Salamander zielte mit ihrem Schläger ein letztes Mal zwischen die Augen des Mannes und ließ das lädierte Stuhlbein dann fallen. Keine Kinderpornos mehr für dich, du Riesendildo . Sie schwitzte, seufzte aber befriedigt auf. Sie hörte, wie die Frau sich beim Oberkellner ausheulte: «Mein Mann wollte mir mit dem Verschluss meiner neuen Runen-Kette helfen, da ist dieses Mädchen am Nebentisch total durchgedreht.»
    Salamander nahm gelassen ihre schwarze Lederjacke und verließ das Restaurant. Sie deponierte das iPhone des Mannes in einem Mülleimer, jedoch nicht ohne zuvor ihre Fingerabdrücke abzuwischen. Sie seufzte. Arme Alison. Eines Tages wird sie mir dafür danken, dass ich ihr das Leben gerettet habe.
     
    Blomberg und Arssen waren zurück in Mellqvists Kaffebar und nippten an Trögen mit ukrainischem Cappuccino.
    «Es sieht so aus, als hätte ein psychopathischer Chirurg Ihren Sohn enthauptet», sagte Blomberg. «So jemand oder ein hochtalentierter Samurai-Schwertkämpfer.»
    Arssen schüttelte den Kopf. «Das glaube ich nicht.»
    «Warum nicht? Hatte Twig Feinde?»
    «Ich weiß nicht genau. Wie ich schon erwähnte, war unsere Beziehung seit seinem dritten Geburtstag nicht die beste. Da hatte ich ihm einen Spielzeug-Volvo P210 mit, wie sich herausstellte, defekter Steuerung gekauft. Aber möglicherweise ist Twig bei der Recherche für sein Buch auf gefährliche Informationen gestoßen. Ich hatte gehofft, er hätte sich Ihnen als seinem engsten Freund anvertraut.»
    «Ich hatte ihn seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen», sagte Blomberg. «Und nicht mal damals haben wir miteinander geredet.»
    «Twig war gern allein. Er war ein zurückhaltender Mensch. Das ist angesichts unserer Familiengeschichte einigermaßen verständlich. Sehen Sie, Twigs Großvater – mein Vater, Odder – wurde im Norden geboren, oberhalb des Polarkreises. Er war einer von siebzehn Jungen, aber tragischerweise der Einzige, der seinen zweiten Geburtstag überlebte. Alle seine Geschwister sind den plötzlichen Kindstod gestorben. Damals wussten die Mütter nicht, dass es ein Gesundheitsrisiko ist, die Säuglinge mit auf das Gesicht gepressten Kissen schlafen zu lassen. Meine
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