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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci
Autoren: Maria Beaumont
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biegen. Mit einem Mal – wenn auch nur für einen flüchtigen Moment – hat mein Sohn etwas ganz Seltenes: eine coole Mutter. Ich glaube nicht, dass ich vorher eine war. »Sie kann jeden nachmachen, wisst ihr«, sagt Thomas betont lässig.
    »Ja, Mummy, mach Lisa«, piepst Molly dazwischen.
    »Okay, aber das ist das letzte Mal«, gebe ich nach. Ich rassle schnell Lisas » Ruhig bleiben? Ich kann nicht ruhig bleiben! Und ich kann auch nicht klein beigeben, einlenken oder ... Nur zwei Synonyme? Oh mein Gott, ich verliere meinen Scharfsinn! « herunter und Marges » Du solltest auf dein Herz hören, nicht auf die Stimmen in deinem Kopf «, bevor ich mit einem klassischen Bart ende: » Haben wir nicht die wahre Bedeutung von Weihnachten vergessen? Ihr wisst schon, die Geburt vom Nikolaus. «
    Und plötzlich stehen nun dort, wo zuvor zwei staunende Klassenkameraden von Thomas standen, gleich ein halbes Dutzend davon. »Wen können Sie noch?«, fragt einer.
    »Sie kann jeden«, informiert Thomas den Fragesteller.
    »Jeden auf der Welt?«
    »Jeden im Universum.«
    »Was? Sogar Mrs Gottfried?«
    »Mrs Gottfried?«, entgegnet Thomas angeberisch. »Die ist doch pipileicht. Hey, Mum, mach doch mal den doofen Mr Williams nach.«
    »Thomas, sprich nicht so über deine Lehrer«, tadelt Richard ihn in autoritärem Ton. Was hat es nur mit Teilzeitvätern auf sich? Sie denken immer, sie können sich überall einmischen und bestimmen, wo es langgeht. Es ist gut zu sehen, dass Richard denselben Einfluss hat wie ich als Vollzeitmutter – nämlich keinen. Die Jungs sind jetzt erst recht Feuer und Flamme und rufen mir einen Lehrernamen nach dem anderen zu.
    Ich ziehe meine Jacke an, bereit zu verschwinden. Es kommt selten vor, dass Thomas im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit steht – außer auf dem Fußballplatz –, und die Gelegenheit scheint günstig, mich zu verkrümeln.
    »Fran, wir haben neulich diesen Film gesehen, Was geschah wirklich mit Baby Jane? «, sagt meine Mutter scheinbar aus dem Nichts. »Ein sehr düsteres Drama. Mach doch mal Bette Davis. Sie hat so eine böse Stimme.«
    Böse? Kann ich das? Aber ich kann der Herausforderung nicht widerstehen. Ich hefte einen starren Baby-Jane­Blick auf meine Mutter und sage mit schleppender Stimme: » Blanche, weißt du, dass wir ... Ratten im Keller haben? «
    Al, der mich noch nie in Aktion erlebt hat, bricht in schallendes Gelächter aus, und Mum verzieht das Gesicht so sehr, dass ich nicht sagen kann, ob vor Begeisterung oder vor Abscheu.
    »Hey, ihr solltet dafür fünfzig Pence in den Eimer werfen«, bemerkt Richard.
    »Das war brillant«, ruft Al begeistert. »Dafür gebe ich ihr sogar ein ganzes verdammtes Pfund.«
    Aber die Kinder können mit toten Filmstars nichts anfangen. Sie wollen ihre Lehrer, und zwar jetzt.
    »Bitte, mach Mr Williams.«
    »Nein, Mrs Poulsen.«
    »Mrs Gottfried! «
    Mein Instinkt sagt mir Nein. Aber die kleinen, erwartungsvollen Gesichter ... – insbesondere das meines Sohnes. Selbst Richard sieht mich in gespannter Erwartung an.
    »Mach schon, Mummy«, bettelt Molly. » Biiitte .«
    Und mit einem Mal ist es wie damals beim Bungeespringen. Während die anderen ungeduldig in der Schlange warten, stehe ich wie angewurzelt da, weil ich Angst habe zu springen.
    Was rede ich da? Das lässt sich überhaupt nicht miteinander vergleichen. Schließlich gibt es hier keinen Abgrund, der über vierzig Meter tief ist. Bloß eine Horde aufgedrehter Kinder, die sich von mir Imitationen wünschen. Ein paar Seitenhiebe auf die Lehrer können keinen Schaden anrichten. Oder?
    Ich hole tief Luft und präsentiere meinen Zuhörern einen Ausbruch von Mr Williams, der nicht nur mit starkem schottischen Akzent spricht, sondern auch, als würde er unter Beruhigungsmitteln stehen, und gehe dann nahtlos über zu Mrs Gottfried. Eine subtile Imitation. Nun ja, ich lasse sie schließlich wie Hitlers Schwester klingen. Man könnte sagen, meine Parodie auf die Frau, die mich des Rassismus bezichtigt, ist schwärzeste Satire. Oder vielleicht sicherer Selbstmord. Sollen die Kritiker das beurteilen.
    Mein Publikum ist von meiner Darbietung jedenfalls restlos begeistert. Der laute Jubel zieht immer mehr Kinder an, während die Mütter und Väter neugierig herüberblicken und sich fragen, was der Auslöser für diesen Tumult ist. Ich kümmere mich nicht darum, weil Thomas im siebten Himmel schwebt.
    Und natürlich tue ich ihm weiterhin den Gefallen. Ich nehme mir alle Lehrer vor,
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