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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland
Autoren: Robert Harris
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Onkel.
    »Nein. Es gibt eine Fernsprechzelle im Picknick-Eck, etwa einen halben Kilometer zurück. Ich hab angerufen und bin dann hergekommen und hab gewartet, bis die Pol i zei kam. Auf der Straße war keine Menschenseele.« März blickte wieder auf die Leiche. Sie war sehr fett. Vielleicht 110 Kilo.
    »Wir sollten ihn aus dem Wasser holen. Er wandte sich der Straße zu. »Zeit, unsere Dornröschen zu wecken.« Ra t ka, der im strömenden Regen vom einen Fuß auf den and e ren trat, grinste.
    Es regnete jetzt stärker, und das Kladower Ufer des Sees war praktisch verschwunden. Wasser prasselte auf die Blä t ter der Bäume und trommelte auf die Dächer der W a gen. Es gab einen schweren Regengeruch nach Verfall: fette Erde und verrottende Vegetation. März' Haare waren an die Kopfhaut geklatscht, Wasser rann ihm den Hals h i nab. Er nahm es nicht wahr. Für März enthielt jeder Fall, wie ro u tinemäßig auch immer, wenigstens zu Anfang das Verspr e chen auf Abenteuer.
    Er war zweiundvierzig Jahre alt - schlank, mit grauem Haar und kühlen grauen Augen, die zum Himmel paßten. Während des Krieges hatte das Propagandaministerium einen Spitznamen für die U-Boot-Männer erfunden - die »grauen Wölfe« -, das wäre in gewisser Weise ein guter Name für März gewesen, denn er war ein leidenschaftlicher Dete c ktiv. Aber von Natur aus war er kein Wolf, rannt e nicht mit dem Rudel, verließ sich mehr aufs Hirn als auf Mu s keln, und so nannten ihn seine Kollegen statt dessen »der Fuchs«.
    U-Boot-Wetter!
    Er riß die Tür des weißen Skoda auf und wurde von e i nem Schwall heißer Luft der Autoheizung getroffen.
    »Morgen, Speidel!« Er schüttelte die knochige Schulter des Polizeifotografen. »Zeit naß zu werden, Speidel fuhr zusammen und wurde wach. Er warf März einen wütenden Blick zu.
    Das Fahrerfenster des anderen Skoda wurde herabge d reht, als März sich näherte. »Schon gut, März. Schon gut« Es war SS-Chirurg August Eisler, Pathologe der Kripo, seine Stimme ein Quietschen beleidigter Würde. »Heben Sie sich Ihren K a sernenhumor für die auf,
    die Sinn dafür haben.
    Sie sammelten sich am Wasserrand, alle außer Doktor Eisler, der abseits stand und sich unter einem alten schwa r zen Regenschirm schützte, unter den er niemanden sonst bat. Speidel schraubte ein Blitzlicht auf seine Kamera und setzte den rechten Fuß sorgsam auf einen Ichmklu m pen. Er fluchte, als ihm eine Welle über den Schuh platschte.
    »Scheiße!«
    Der Blitz flammte auf und Fror die Szene einen Auge n blick lang ein: die weißen Gesichter, die silbrigen Regenf ä den, die Dunkelheit der Bäume. Ein Schwan schoß irgen d wo aus dem nahen Schilf, um sich anzusehen, was da vor sich ging, und begann, in einigen Metern Entfernung zu kreisen.
    »Er bewacht sein Nest«, sagte der junge SSMann.
    »Ich brauch hier noch eine, März zeigte. »Und eine hier, Speidel fluchtewieder und zerrte seinen triefenden Fuß aus dem Schlamm. Die Kamera blitzte noch zweimal.
    März beugte sich nieder und ergriff die Leiche unter den Achseln. Das Fleisch war hart, wie kaltes Gummi, und gli t schig.
    »Helft mir.«
    Die Orpo-Männer nahmen jeder einen Arm, gemeinsam hievten sie, vor Anstrengung grunzend, die Leiche aus dem Wasser, un d zerrten sie über das schlammige Ufer und auf das durchtränkte Gras. Als März sich aufrichtete, fing e r den Au s druck auf]osts Gesich t ein.
    Der alte Mann trug blaue Badehosen, die ihm bis auf die Knie hinabgerutscht waren. In dem eisigen Wasser waren die Genitalien z u einem winzigen Klümpchen weißer Eier in einem Nest schwarzer Schamhaare zusammengeschru m pelt.
    Der linke Fuß fehlte.
    Das muß wohl so sein, dachte März. Das war einer der Tage, an denen nichts einfach ist. Ein Abenteuer, also wirklich.
    »Herr Doktor. Ihre Meinung bitte.«
    Mit einem gereizten Seufzer trat Eisler geziert vor und zog sich den Handschuh von der einen Hand. Das Bein der Leiche endet e unterhalb der Wade. Während er immer noch den Schirm hielt, beugte Eisler sich steif nach vorne und ließ die Finger um den Stump f gleiten.
    »Eine Schiffsschraube?« fragte März. Er hatte Leichen gesehen, die aus belebten Wasserwegen gezogen wurden - dem Tegeler Se e und der Spree in Berlin, der Alster in Hamburg- und aussahen, als ob Metzger über sie hergefa l len seien.
    »Nein. Eisler zog die Hand zurück. »Eine alte Amput a tion. Übrigens ausgezeichnet gemacht.. Er preßte mit der Faust hart auf die Brust.
    Schlammiges Wasser schoß aus dem Mund
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