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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)
Autoren: Ulla Fröhling
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Kinderpornomafia zuarbeitete und diese Aktivitäten mit einer altgermanischen Ideologie verbrämte. Anna Burger flüchtete ans andere Ende der Welt, um auszusteigen. Die australische Regierung erkannte an, dass Deutschland ein Problem mit ritueller Gewalt durch okkulte Gruppierungen habe und dass die deutsche Regierung entweder nicht in der Lage oder nicht willens sei, die Opfer zu schützen. Mit ihr bekam zum ersten Mal eine Überlebende ritueller Gewalt Asyl.
    Geschafft hat es – allem Anschein nach – auch Angela Lenz. Aber was bedeutet das? Im August 2006 schreibt sie einen bitteren Brief:

    Ich habe nun schon einige der klugen Bücher in der Hand gehabt, in denen beschrieben wird, wie man traumatisierte Personen behandeln soll. Wie umgehen mit Amnesien, Personenwechsel, Trauma-Arbeit. Aber in all den Büchern vermisse ich ein ganz wichtiges Kapitel: Wie geht es danach weiter?Nach der Trauma-Arbeit und der anschließenden ›Trauerzeit‹ hört doch nicht alles auf. Ist man danach gesund? Was bedeutet es eigentlich gesund zu sein? Manchmal fühle ich mich kränker als vorher. Ist bei mir etwas schiefgelaufen? Klar, vieles hat sich verbessert und ist einfacher geworden. Ich falle nicht mehr auf und bekomme mein Leben halbwegs geregelt. Ich muss nicht mehr ständig Angst haben, dass ein anderer Teil von mir etwas tut, was ich nicht mitbekomme. Ich muss keine Angst mehr haben, dass ›ich‹ Dinge tue, durch die ich wieder Ärger bekomme.
    Eine wirkliche Einheit bin ich noch immer nicht. Nur fallen die Switches nach außen nicht mehr so auf, sind nicht mehr so abrupt, sondern sanfter. Ich rücke ein kleines Stück zur Seite und lasse einen anderen Teil nach vorne oder eher gesagt, muss ihn nach vorne lassen. Denn diese Automatismen sind ja immer noch da. Diese Wechsel habe ich nach wie vor nicht im Griff, und sie geschehen halt, wie sie wollen. Egal ob es für mich gerade passend ist oder nicht. Die Wechsel orientieren sich an der Außenwelt, was gerade gebraucht wird, und nicht danach, was mir guttun würde. Dadurch fühle ich mich aber nach wie vor fremdbestimmt, getrennt von den Menschen, isoliert, einsam. Gefühle wie verletzt sein, traurig sein, Angst haben, kann ich immer noch nicht spontan zeigen. Das Ziel ist immer noch anpassen, funktionieren und sich von den Menschen fernzuhalten.
    Aber das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, dass ich durch diese ›Gesundung‹ nun fast alles aus meinem Leben weiß. Und ich weiß es nicht nur, sondern ich spüre es auch. Das was sich auf viele Anteile verteilt hatte, weil es sonst für eine Person zu viel gewesen wäre, habe ich nun alles auf einmal. Trauma-Arbeit hat geholfen, dass nicht mehr alles so extrem schlimm ist wie früher.
    Nein, ich bin nicht ›gesünder‹. Ich bin nur ›anders‹ geworden.
    Dieser Brief stimmt traurig. Ein Auf und Ab scheint zu bleiben. Dann wieder folgen Phasen, in denen sie glücklich über ihre Tochter, ihren Sohn berichtet, über die Haustiere.
    Zwei Jahre kämpft sie für ein neues Gutachten, legt Einspruch ein gegen das letzte, verlangt einen Fachmann für Traumafolgen, von dem sie sich befragen, untersuchen lassen will. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nichts wird mir geschenkt, denkt sie. Schließlich bekommt sie Recht. Und einen neuen Termin. Wieder ein neuer Gutachter, ein Psychotraumatologe. Ein fremder Mann. Ihr Mann begleitet sie, wartet einige Stunden, bis die Tests, die Untersuchungen, die Befragungen vorüber sind. Dann wieder warten, bis das Gutachten kommt. Wie wird es dieses Mal ausfallen?
    Seit 1996 wurden mehrere Fachverbände für Psychotraumatologie gegründet, Ausbildungen wurden professioneller, überprüfbarer, spezifische Standards für Traumatherapie wurden eingeführt. Die lange umstrittene Diagnose Dissoziative Identitätsstörung wird öfter anerkannt. Heute geht man von einer Häufigkeit von »0,5 bis 1 Prozent in der Gesamtbevölkerung« aus und von 5 Prozent in psychiatrischen Krankenhäusern, so schreibt Dr. Ursula Gast im Jahre 2006 in einem lange überfälligen Artikel im Deutschen Ärzteblatt. 121 Erschreckende Zahlen, selbst wenn man die niedrigste wählt: 0,5 Prozent der Bevölkerung, das sind 400 000 Menschen. 400 000 Menschen in Deutschland, die unter der extremsten Trauma-Folgestörung durch schwere Gewalt in der Kindheit leiden – und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
    »Ein wichtiger kindlicher Entwicklungsschritt, nämlich die Ausbildung eines zentralen integrierenden
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