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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman
Autoren: Iris Kammerer
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entwickelten sich nicht so, wie er oder gar der hochverehrte Legat des Augustus, Publius Quinctilius Varus, sich das vorgestellt hatten. Vala schnaubte verächtlich. Diese Barbaren mochten das Aussehen von Menschen haben und einigermaßen sprachbegabt sein, aber sie waren eigennützig wie wilde Tiere. Ein Grinsen grub sich in seine Mundwinkel. Sie hatten versucht, ihn betrunken zu machen, aber dieses Ansinnen hatte er durchkreuzt. Dafür schnarchten unter ihren Tischen jetzt mehrere Hunde, in deren herumstehende Näpfe er immer wieder unauffällig den Inhalt seines Bechers entleert hatte.
    Ein Paar kam ihnen entgegen, leicht taumelnd, als hätten sie zu viel getrunken. Einer dieser versoffenen Legionäre mit seinem Flittchen. Vala rümpfte die Nase. Tunica und Umhang verrieten den Kerl, der seine Schritte hemmte, als sich die Wachmannschaft näherte. Vala befahl anzuhalten.
    »Name?«, blaffte er, bevor der Soldat grüßen konnte.
    »Titus Annius«, kam es zögerlich zurück, »Beneficarius im Stab der Achtzehnten Legion, freigestellt als Schreiber für Gerichtsdienste.«
    Ein Gefreiter also. »Hast du eine Erklärung für diesen Auftritt, Titus Annius?«
    Anzüglich grinsend deutete Vala auf das Mädchen, ein zerlumptes Ding von vielleicht fünfzehn, sechzehn Jahren. Der Gefreite, ranghöher, als Vala zunächst vermutet hatte, schluckte sichtlich und straffte sich.

    »Eine Verhaftung?«
    »Keine Verhaftung«, brachte Annius mühsam hervor. »Ich … muss dieses Mädchen … unterbringen.«
    »Beim alten Pacuvius?« Mit dem Daumen deutete Vala hinter sich auf das langgestreckte Gebäude der Herberge, das er gerade passiert hatte. »Man wird deine Verspätung melden, und dass sie nicht ohne Folgen bleiben wird, ist dir sicherlich klar.«
    Ohne das Nicken des Gefreiten abzuwarten, winkte Vala seiner Eskorte und ließ den Mann mit seiner Beute mitten auf dem Weg stehen.
     
    In seinem Quartier erwartete Vala eine Einladung des Varus, die in seiner Abwesenheit eingetroffen war. Vala beugte sich über das bronzene Wasserbecken und schöpfte zwei Handvoll klares Nass, um es sich ins Gesicht zu werfen. Ihm war nicht nach einem weiteren Gelage, schon gar nicht in Gesellschaft von Varus’ Beratern. Er trocknete sich an einem bereitgelegten Tuch ab, schlang den Mantel um die Schultern und verließ das Haus in Begleitung zweier Posten, die ihm den Weg leuchteten.
    Varus’ warme, tiefe Stimme erfüllte den großen Saal seines Hauses, den nur eine jetzt weit geöffnete Flügeltür vom Speiseraum trennte. Auf einem Schemel kauerte ein Kitharaspieler, der sich bei Valas Eintreten kurz verneigte, bevor er wieder an den Saiten seines Instruments zupfte und leise vor sich hin summte. Im Nähertreten erkannte Vala Arminius, der seinen Platz wie immer links von Varus eingenommen hatte und den Ankömmling aus hellen Augen anblickte.
    Das blonde Haar hatte sich der junge Cherusker nach römischer Sitte kurz schneiden lassen und die Wangen waren
glatt rasiert; auch seine Haltung verriet nichts von der ungeschlachten, bäurischen Art der Barbaren. Nach Varus begrüßte Vala die beiden Legaten der Siebzehnten und Neunzehnten Legion, die einander wie üblich munter zutranken, und den bärbeißigen Marcus Nervius, Centurio Primipilus der Neunzehnten, ehe er Arminius’ Nicken erwiderte. Varus ließ seinen Silberkelch von einem der beiden Sklaven füllen, während Vala es sich neben Nervius bequem machte.
    »Unseren Freund Arminius beunruhigen die Brukterer«, begann Varus mit einem wohlwollenden Lächeln. »Er meint, wir sollten dort mehr Einheiten postieren.«
    »Das Heer ist schon jetzt weitgehend auseinandergerissen«, brummte Vala. »Wir müssten die letzten Alen vom Rhenus abziehen.«
    Nervius, der alte Kämpe, winkte ab. »Ich sagte bereits, dass es unklug wäre, Vetera schutzlos zu machen.«
    »Schutzlos?« Arminius lachte. »Was hätte Vetera wohl zu befürchten, wenn die Tubanten und Brukterer dadurch endlich bezwungen würden? Solange jedoch einzelne Stämme die Steuerpächter verspotten, darf diese Gegend schwerlich als befriedet gelten.«
    »Wenn sie die Steuerpächter verspotten, werden wir als Begleitung Truppen entsenden«, mischte Vala sich ein. »Sollte es sich dann als nötig erweisen, die Barbaren erneut zu unterwerfen, so werden wir das mit frischen Kräften im kommenden Frühjahr erledigen.«
    »Fürchtet ihr nicht, einmal geschlagen zu werden?«
    »Wie sollte das geschehen?«, entgegnete Nervius. »Die kriegstauglichen
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