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Vampirjaeger

Vampirjaeger

Titel: Vampirjaeger
Autoren: Richard Laymon
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gebeugt. Nach einer Weile ließ ich meine Hand von ihrer Schulter gleiten und strich ihr über den Rücken.
    Tröstete sie. Tröstete mich.
    Ihr Rücken fühlte sich durch die Seide hindurch richtig gut an.
    Schließlich beruhigte Cat sich. Sie schniefte noch ein paar Mal und wischte sich mit den Händen über die Augen. Dann lehnte sie sich wieder zurück. Meine Hand wurde beinahe zwischen ihrem Rücken und dem Sitz gefangen, aber ich zog sie noch rechtzeitig weg. Cat holte tief Luft, ein seltsames Geräusch, als würde ihre Lunge zittern.
    »Wie dem auch sei«, fuhr sie mit ihrer seltsamen Geschichte fort. »Ich war schon dabei, mich für seinen Besuch bereitzumachen. Ich nahm ein Bad für ihn, wie immer. Aber dann, als ich aus der Wanne gestiegen war und in den Spiegel sah…« Sie schüttelte den Kopf und schwieg einige Augenblicke bevor sie sagte:
    »Ich sehe mich ständig im Spiegel, aber heute Nacht war es anders.«
    »Du konntest dich nicht darin sehen?«
    »Was?« Sie lachte einmal kurz auf – es hörte sich gut an nach dem Weinen.
    »Nein. Ich konnte mich sehr gut sehen. Genau das war das Problem. Ich hatte mich seit langer Zeit nicht mehr wirklich gesehen. Heute Nacht war es anders und ich war schockiert. Wie ich mich verändert hatte. Ich sah meine Wunden.
    Ich sah, wie dünn ich geworden war. Wie müde ich aussah. Ich sah, dass ich zu dieser… Schlampe geworden war, zu seinem Mitternachtsimbiss. Und es erschütterte mich, dass dies mein Schicksal sein sollte; aus und vorbei, so würde ich den Rest meines Lebens verbringen. Als seine Sklavin. Ich hatte kein Leben mehr. Ich gehörte ihm, und er zerstörte mich. Also habe ich nicht auf ihn gewartet. Ich warf mir meinen Morgenmantel über, griff mir meine Schlüssel und rannte los.« Sie sah zu mir herüber. »Ich hätte das schon vor langer Zeit machen sollen. Aber… ich weiß nicht, man macht bis zu einem bestimmten Punkt immer weiter, auch wenn man weiß, wie schrecklich es ist. Und irgendwann kommt der Moment, wo man aufhören muss… selbst, wenn es einen umbringt.«
    »Denkst du denn, dass er dich töten will?«, fragte ich.
    »Wenn er mich nicht haben kann, wird er mich töten. Aber ich glaube nicht, dass er mich verlieren will. Ich meine, er kommt jetzt seit einem Jahr zu mir. Das ist ein Kerl, der fast jede haben kann, aber er kommt immer wieder zu mir.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte ich zu ihr.
    »Ja, ich bin ein Hauptgewinn.«
    »Denkst du, dass er dich liebt?«
    »Nein. Machst du Witze? Wenn das, was er mir antut, Liebe ist, dann möchte ich nicht wissen, auf welche Weise er hasst.«
    »Aber er kommt immer wieder zu dir«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht, was er in mir sieht. Vielleicht erinnere ich ihn an jemanden – an seine verlorene Jugendliebe aus Transsylvanien.«
    »Er kommt aus Transsylvanien?«
    »Das war ein Witz, Sammy.«
    »Ah.«
    »Keine Ahnung, woher er kommt. Aus der Hölle, nach allem, was ich weiß. Und dahin würde ich ihn gern zurückschicken. In etwa einer Stunde.«
    Die Uhr am Armaturenbrett zeigte 23:05.
    »Ich dachte, du willst, dass ich ihn töte?«, fragte ich.
    »Wir werden es gemeinsam versuchen. Ich werde ihn beschäftigen, während du dich an ihn ranschleichst.«
    »Womit?«
    »Ich habe einen Hammer und einen Pflock, die kannst du benutzen.«
    »Jesus«, murmelte ich.
    »Du kannst dich in meinem Schlafzimmerschrank verstecken.«
    »Hört sich ganz danach an, als hättest du gut darüber nachgedacht.«
    »Ich wünsche mir seit einem Jahr seinen Tod. Und, wie ich schon gesagt habe, ich habe es einige Male selbst probiert. Ich schaffe es einfach nicht. Er muss überrascht werden.«
    »Haben Vampire denn nicht auch psychische Kräfte?«
    »Haben sie?«
    »Hab ich gehört» »Wenn Elliot so was kann, dann hat er es bis jetzt gut verborgen.«
    »Dann glaubst du also nicht, dass er eine Vision haben könnte, in der er sieht, wie ich mich in deinem Schrank verstecke?«
    »Vielleicht spürt er, dass etwas nicht stimmt. Aber das wird nur ein vages Gefühl sein. Und er konzentriert sich normalerweise nur auf eines, wenn er auftaucht – auf mich. Es wird ihm nicht einmal in den Sinn kommen, in den Schrank zu sehen.«
    »Hoffentlich nicht«, sagte ich. »Du erwartest ihn um Mitternacht?«
    »Genau um Mitternacht.«
    »Und wenn er früher kommt?«
    »Dann sind wir aufgeschmissen«, gab sie zu. »Aber er kommt nie früher. Er ist ein außerordentlich pünktlicher Vampir. Vielleicht, weil er sich Sorgen um den Sonnenaufgang
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