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Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster
Autoren: Charlaine Harris
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gewesen war. Was nicht heißen sollte, dass dieses Wissen irgendetwas besser gemacht hätte. Vielleicht hätte ich mich dann nur weniger einsam gefühlt.
    Aber natürlich, genau deshalb hatten die beiden Elfen ja verhindert, dass ich ihn zu Gesicht bekam. Ich hätte Wetten darauf abgeschlossen, dass es kaum etwas gab, das Neave und Lochlan über die Psychologie der Folter nicht wussten.
    »Bist du sicher, dass er...?«
    »Sieh ihn dir an, meine Liebe.«
    »Noch bin ich nicht tot«, murmelte Tray.
    Ich versuchte, aufzustehen und an sein Bett zu treten. Es wollte mir immer noch nicht gelingen. Doch ich legte mich auf die Seite, damit ich Tray ansehen konnte. Und die zwei Betten standen so dicht beieinander, dass ich ihn recht gut verstehen konnte. Ich glaube, er ahnte in etwa, wo ich war.
    »Tray«, begann ich, »es tut mir alles so leid.«
    Wortlos schüttelte er den Kopf. »Mein Fehler. Ich hätt's wissen müssen... die Frau im Wald ... war nicht echt.«
    »Du hast dein Bestes getan. Wenn du ihr widerstanden hättest, hätte sie dich getötet.«
    »Jetzt sterb ich auch.« Mühsam öffnete er die Augen, und es gelang ihm beinahe, mich direkt anzusehen. »Mein eigener Scheißfehler«, sagte er.
    Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Dann schien Tray bewusstlos zu werden, und ich rollte mich wieder zu Bill herum. Seine Gesichtsfarbe war schon etwas heller geworden.
    »Ich hätte alles getan, damit sie dir nicht wehtun«, sagte er. »Die Schneide ihres Dolchs war aus Silber, und sie hatte silberne Kappen über den Zähnen ... Es ist mir gelungen, ihr die Kehle herauszureißen, doch sie ist nicht schnell genug gestorben ... Sie hat sich bis zuletzt gewehrt.«
    »Clancy hat dir Blut gegeben«, erwiderte ich. »Es wird dir bald besser gehen.«
    »Vielleicht.« Seine Stimme klang jetzt wieder so kühl und ruhig wie früher. »Ich spüre meine Kräfte zurückkehren. Den Kampf werde ich auf jeden Fall bestehen. Dafür wird es noch reichen.«
    Mir fehlten vor Entsetzen fast die Worte. Vampire starben nur durch Pfählen, Enthauptung oder durch die sehr seltene Krankheit Sino-AIDS. Aber durch eine Vergiftung mit Silber?
    »Bill«, sagte ich eindringlich, denn ich wollte ihm noch so vieles sagen. Er hatte die Augen geschlossen, doch jetzt öffnete er sie wieder und sah mich an.
    »Sie kommen«, rief Eric, und alle Worte erstarben mir in der Kehle.
    »Breandans Gefolgsleute?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Clancy knapp. »Ihre Spur hat sie hergeführt.« Selbst jetzt noch lag Verachtung in seinem Ton, so als wäre es eine persönliche Schwäche von mir, dass ich einen Geruch hinterließ, den man aufspüren konnte.
    Eric zog einen langen, einen sehr langen Dolch aus der Scheide an seiner Hüfte. »Eisen«, sagte er lächelnd.
    Und Bill erwiderte das Lächeln, doch es war ein unfrohes Lächeln. »Töte so viele wie möglich«, sagte er mit fester Stimme. »Clancy kann mir aufhelfen.«
    »Nein«, sagte ich.
    »Meine Liebe«, erwiderte Bill sehr förmlich, »ich habe dich immer geliebt und werde stolz sein, dass ich in deinen Diensten sterben durfte. Sprich bitte in einer Kirche ein Gebet für mich, wenn ich tot bin.«
    Clancy bückte sich, um Bill aus dem Bett zu helfen, und warf mir dabei einen höchst unfreundlichen Blick zu. Dann stand Bill wankend auf seinen Beinen. Er war so schwach wie ein Mensch. Er zog das Krankenhaushemd aus und stand nur in einer Pyjamahose mit Tunnelzug da.
    Ich hätte auch nicht in einem Krankenhaushemd sterben wollen.
    »Eric, hast du noch einen Dolch für mich?«, fragte Bill, und ohne den Blick von der Tür abzuwenden, reichte Eric Bill eine kürzere Version seines eigenen Dolches, der schon fast ein Schwert war, wenn man mich fragte. Clancy war ebenfalls in höchster Alarmbereitschaft.
    Keiner sagte ein Wort davon, dass wir Tray wegschaffen sollten. Ich warf einen Blick auf ihn. Es war gut möglich, dass er bereits gestorben war.
    Erics Handy klingelte so plötzlich, dass ich zusammenfuhr. Mit einem knappen »Ja« ging er ran, hörte zu und klappte es dann wieder zu. Ich wäre beinah in Gelächter ausgebrochen. Die Vorstellung, dass Supras die Verbindung untereinander per Handy aufrechterhielten, fand ich zu komisch. Doch als ich Bill ansah, der noch immer grau im Gesicht an der Wand lehnte, beschlich mich das Gefühl, dass gar nichts auf der Welt je wieder komisch sein würde.
    »Niall und seine Elfen sind auf dem Weg«, sagte Eric zu uns, so ruhig und gelassen, als würde er uns einen Artikel
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