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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss
Autoren: Veronica Wolff
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Wie kam es, dass sein Gelächter meinen Worten einen so zweideutigen Nachhall gab?
    Ich versuchte fieberhaft das Thema zu wechseln und deutete auf den schlaffen Beutel zu meinen Füßen. »Ist es nicht an der Zeit, die Dinger hier zu füllen?« In diesem Moment wäre ich lieber mit einem schweren Sandsack über dem Kopf auf und ab gerannt, als Alcántaras Blick noch länger zu ertragen.
    »Ja –«
    »Nein«, unterbrach Alcántara den sichtlich erschütterten Sucher Otto. »Ich finde diese Übung zu … vulgär für Acari Drew.« Die Stimme des Vampirs war samtig wie Brandy, mit einem leicht schwülen spanischen Akzent. Sein gemurmeltes Vulgär ließ Sandsäcke als endkrasse Erfindung eines kranken Leuteschinder-Gehirns erscheinen.
    Ich warf Alcántara einen verstohlenen Blick zu, unsicher, ob ich Dankbarkeit oder Furcht vor der neuen Aufgabe empfinden sollte, die er für mich vorgesehen hatte. Das Glitzern in seinen schwarzen Augen entschied die Frage: Nicht Furcht, sondern Grauen war das angemessene Gefühl.
    »Auf Acari Drew wartet ein Spezialauftrag, der ab sofort Einzelunterricht erfordert.«

Einatmen; ausatmen, Fuß heben, Fuß senken. Wir folgten dem gewundenen Pfad, der vom Strand zurück zum Campus führte, und ich benötigte meine ganze Konzentration, um mich nicht total zu blamieren.
    Weshalb Vampire auf Autos verzichteten, war mir schleierhaft. Stattdessen pflegten sie plötzlich zu erscheinen , und das in der Regel zum ungünstigsten Zeitpunkt. Oder sie glitten, wie es mir Alcántara soeben vormachte, durch die Gegend, als befänden sie sich in einem Festsaal und nicht auf einer rauen, holprigen Felseninsel.
    Unterbrochen von kleinen Stolperern, verstärkte ich das Mantra, das in einer Endlosschleife in meinem Kopf kreiste. Du bist keine Vollidiotin. Du bewegst dich mit Grazie. Du bist kultiviert und klug. Vorsicht, ein Felsbrocken –
    Während ich das eine Hindernis umkurvte, blieb ich mit der Turnschuhspitze an einem anderen hängen, kam ins Straucheln und fiel der Länge nach hin, so un graziös und un kultiviert wie nur möglich.
    »Sch–« Ich wandelte das Schimpfwort gerade noch rechtzeitig in ein harmloses Sch-schuhprobleme um. Vampire gehörten in jeder Hinsicht der alten Schule an, und Ronan warnte mich ständig vor dem Fluchen. »Mir rieselt ständig Sand in die Schuhe. Deshalb die Stolperei.«
    »Cuidado, querida.«
    Ich wischte meine Handflächen an den Shorts ab. Die lahme Erklärung machte mich nicht weniger verlegen als der Sturz selbst. »So viel zum Thema graziös«, murmelte ich.
    Ein Schatten fiel auf mich, und dicht über mir ertönte ein dunkles Lachen. Alcántara kauerte vor mir nieder. »Wenn du dich entspannst, werden deine Beine ebenso geschmeidig reagieren wie dein Verstand.«
    Sicher und geschickt umfasste er mich an Ellenbogen und Knie, und im nächsten Moment saß ich aufrecht vor ihm. Ich schämte mich halb zu Tode in meinen feuchten Baumwoll-Shorts, dem schlabberigen Sweatshirt und meinen bleichen, von blauen und grünen Flecken übersäten Beinen. Doch es kam noch schlimmer. Er löste die Schnürsenkel meiner Turnschuhe und zog mir die Dinger aus. Meine nackten Zehen waren bestimmt alles andere als ein schöner Anblick.
    Ich fühlte mich in mehr als einer Hinsicht entblößt.
    Natürlich hatte ich gelogen. Ich war nicht gestolpert, weil ich Sand in den Schuhen hatte. Ich war gestolpert, weil meine Nerven blank lagen. Aber wenn Alcántara meine Ausrede durchschaute, dann ließ er sich zumindest nichts anmerken. Stattdessen nahm er erst die eine und dann die andere Ferse in beide Hände und säuberte sie sanft, aber gründlich von Steinchen und Sandkörnern. Die zarte Berührung jagte einen Schauer nach dem anderen durch meinen Körper.
    Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich konnte mich nicht von der Stelle rühren. Wie gelähmt beobachtete ich jede seiner Bewegungen. Er zog mir schweigend die Turnschuhe wieder an und band die Schnürsenkel zu. Als ich mich endlich aus meiner Erstarrung löste, legte er seine Hand mit kühlem, festem Griff über die meine, und ich spürte, wie meine Haut zu prickeln begann.
    Er stand auf und zog mich mit in die Höhe. Jetzt erst merkte ich, welche Kraft in ihm steckte. Hugo de Rosas Alcántara mochte hager wirken, aber er war stark.
    Die dunklen Augen hielten meinen Blick fest. »Besser?«
    »Ja … äh … viel geschmeidiger.« Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. »Danke.«
    Klasse. Erst wurde Alcántara Zeuge, wie
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