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Vampire bevorzugt

Vampire bevorzugt

Titel: Vampire bevorzugt
Autoren: Charlaine Harris
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wunderbare Abwechslung nach all dem zerfetzten Fleisch, Blut und Tod. Als ich seine Gedanken las, hatte ich einen Mann gesehen, der wusste, wer er war. Und ich hatte immer noch keine Ahnung, was er war.
    Die Heimfahrt war trostlos.
    Ich hätte an diesem Spätnachmittag natürlich auch im Merlotte's anrufen und absagen können. Ach, ich tat stattdessen lieber, was getan werden musste: nahm Bestellungen auf, brachte sie an die richtigen Tische, füllte Bierkrüge nach, warf meine Trinkgelder in das Trinkgeldglas, wischte Verschüttetes weg und passte auf, ob sich der Aushilfskoch (ein Vampir namens Anthony Bolivar, der bei uns früher schon mal eingesprungen war) auch daran hielt, dass der Küchenjunge für ihn tabu war. Aber mit Freude und Begeisterung war ich nicht bei der Sache.
    Sam schien es bereits viel besser zu gehen. Ganz rastlos saß er in seiner Ecke und sah Charles beim Arbeiten zu. Vielleicht war Sam auch nur ein bisschen sauer, da Charles bei den Gästen immer beliebter wurde. Der Vampir war ein Charmeur, so viel war klar. Heute Abend trug er eine rote, mit Pailletten besetzte Augenklappe und sein übliches poetisches Rüschenhemd unter einer schwarzen, mit Pailletten besetzten Weste - schrill, aber irgendwie auch witzig.
    »Du siehst unglücklich aus, meine Schöne«, sagte er, als ich einen Tom Collins und eine Cola-Rum abholte.
    »War ein langer Tag«, erwiderte ich und bemühte mich zu lächeln. Ich hatte so viele Dinge zu verdauen, dass es mir nicht mal etwas ausmachte, als Bill schon wieder in Begleitung von Selah Pumphrey auftauchte. Es war mir sogar egal, dass sie sich in meinen Bereich setzten. Doch als ich ihre Drinks holen gehen wollte und Bill mich an der Hand festhielt, entriss ich sie ihm, als hätte er sie unter Feuer setzen wollen.
    »Ich will nur wissen, was los ist«, sagte er.
    Einen Moment lang dachte ich daran, wie gut es mir getan hatte, dass Bill sich in jener Nacht im Krankenhaus zu mir gelegt hatte. Ich wollte schon den Mund öffnen, als mir Selahs ungehaltene Miene auffiel, und da regelte ich den Pegel meiner Gefühlsaufwallung wieder herunter.
    »Ich bringe dir gleich das Blut«, erwiderte ich fröhlich und zeigte ein so breites Lächeln, dass auch wirklich alle meine Zähne zu sehen waren.
    Zum Teufel mit ihm, dachte ich verkniffen. Mit ihm und dieser blöden Zicke.
    Danach erledigte ich nur noch meine Aufgaben. Ich lächelte und arbeitete und arbeitete und lächelte. Von Sam hielt ich mich fern, denn an diesem Tag hatte ich keinen Bedarf mehr an weiteren Gesprächen mit irgendwelchen Gestaltwandlern. Und außerdem fürchtete ich, ich würde Sam - auf den ich ja nicht sauer war - alles erzählen, wenn er mich nur fragen würde. Und ich wollte einfach nicht darüber reden. Habt ihr euch auch schon mal so gefühlt, als müsstet ihr unbedingt eine Weile in der Gegend herumstapfen und euch elend fühlen? Genau so eine Laune hatte ich im Moment.
    Und dann musste ich doch zu Sam gehen, weil Catfish mit einem Scheck für die Lustbarkeiten seines Abends bezahlen wollte. Denn Sam hatte es sich zur Regel gemacht, dass er alle Schecks persönlich kontrollierte. Und ich musste mich ganz dicht neben ihn stellen, weil es in der Bar so laut war.
    Ich dachte an nichts weiter, nur daran, dass ich Sam nicht in meine schlechte Laune hineinziehen wollte. Als ich mich zu ihm hinunterbeugte, um ihm Catfishs Bargeldproblem zu erklären, riss Sam die Augen auf.
    »Mein Gott, Sookie«, sagte er. »Wo hast du dich denn herumgetrieben?«
    Ich wich zurück, sprachlos. Er war gleichermaßen schockiert und abgestoßen von dem Geruch, von dem ich nicht mal gewusst hatte, dass er an mir haftete. Ich hatte es so satt, dass die Supras immer so an mir klebten.
    »Wo bist du denn auf einen Tiger getroffen?«, fragte er.
    »Einen Tiger«, wiederholte ich ganz benommen.
    Jetzt wusste ich also, in was sich mein neuer Bekannter Quinn bei Vollmond verwandelte.
    »Sag schon«, forderte Sam.
    »Nein«, gab ich schroff zurück. »Tu ich nicht. Was ist jetzt mit Catfish?«
    »Er kann diesen Scheck ausstellen. Wenn er nicht gedeckt ist, war's das letzte Mal für ihn.«
    Diesen letzten Satz gab ich natürlich nicht weiter. Ich akzeptierte Catfishs Scheck, ließ seine alkoholgeschwängerte Dankbarkeit über mich ergehen - und tat beides dorthin, wo es hingehörte.
    Und um auf meine schlechte Laune noch eins draufzusetzen, blieb ich mit meiner silbernen Halskette an einer Ecke des Bartresens hängen, als ich eine Serviette
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