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Valentine

Valentine

Titel: Valentine
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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betrat er die Stufen, die vom Gang hinab in den Raum führten.
    Soweit er das in dem begrenzten Lichtschein der Taschenlampe, die die fremde Person schwenkte, auf Anhieb beurteilen konnte, handelte es sich um eine schlanke , groß gewachsene Frau Ende z wanzig. Die schwarze Lederkleidung und der lange Mantel wirkten martialisch und verliehen ihr eine Aura der Unnahbarkeit. Irgendwie erinnerte ihr Anblick Maurice an die Szene in einem Spielfilm, jedoch erinnerte er sich nicht an den Titel .
    Im selben Augenblick legte die Frau ihre Taschenlampe in die Mitte des Altars, strich mit den Fingern über die Oberfläche der Platte und sprach etwas Unverständliches vor sich hin. Ihre Stimme klang angenehm, nicht zu hoch, und wurde von den Wänden zurückgeworfen. Der schmale Lichtkegel der Lampe beleuchtete ihr Gesicht . Maurice hielt den Atem an: Ihr Profil  war makellos und atemberaubend schön. Er musste irgendetwas sagen und sie kennen lernen. Verhalten gab er ein Räuspern von sich, um auf sich aufmerksam zu machen.
    »Hallo, ich möchte Sie nicht erschrecken. Was machen Sie hier? Sind Sie Archäologin?«
    Die Unbekannte warf den Kopf herum. Entsetzen lag in ihren Augen, als sie ihn anstarrte, als wäre er eine Erscheinung. Den Mund leicht geöffnet , war sie von e iner sinnlichen Ausstrahlung, die ihm bis in seine Lenden fuhr.
    Doch anstelle einer Antwort verschwand die schöne Fremde von einer Sekunde zur anderen vor seinen Augen in der Dunkelheit, ohne sich sichtbar von der Stelle bewegt zu haben.

Kapitel 3
     
    Rund um Valentine war es stockfinster. Sie stand vollkommen steif da. Ihr Puls beruhigte sich ein wenig, als ihr klar wurde, dass sie es trotz der für sie stressigen und ungewohnten Situation geschafft hatte, sich an einen anderen Ort zu materialisieren. Sie sog verhalten die muffige Luft ein. Puh, allzu lange sollte sie sich hier nicht aufhalten. Warum hatte sie nicht rechtzeitig gehört, dass sich ihr ein Mensch näherte, offensichtlich auf demselben Weg, den sie selbst genommen hatte? Sie hätte sich nicht so erschrecken lassen dürfen.
    »Ich bin wohl ziemlich aus der Übung«, murmelte sie.
    Verdammt, es war so dunkel, dass sie nicht einmal ihre eigene Hand sehen konnte. Das hatte sie noch nie erlebt. Überall gab es einen Hauch von Restlicht, der von ihren lichtstarken Vampiraugen aufgenommen wurde, selbst unter der Erde. D oc h h ier war es schlichtweg unheimlich.
    Valentine fluchte leise. Die Taschenlampe war auf der Steinplatte mitten im Pentagramm liegen geblieben . Nun egal, ihre Instinkte würden sie hinaus ge leiten. Zuerst galt es herauszufinden, in welchem Raum sie sich hier befand, dann würde sie sich in den nächsten Gang materialisieren und zu Fuß hinaufgehen. Entschlossen trat sie einen Schritt nach vorne und stieß mit dem Fuß an.
    Uff. Verdutzt hielt sie den Atem an und tastete sich mit ausgestreckter Hand vor . Eine Wand. Ihre Lage schien n och weitaus prekärer zu sein, als sie gedacht hatte. Ein mulmiges Gefühl überfiel sie. Wo verflixt noch mal war sie? Vielleicht hatte sie sich doch weiter entfernt, als sie geglaubt hatte. Eigentlich hatte sie sich dem Fremden nur um wenige Meter entziehen wollen, einfach nur in einen anderen Gang flüchten, damit er ihr nicht ohne Weiteres folgen konnte. Und nun? Nicht das Geringste war zu sehen oder zu hören. Außerdem wurde die schlechte Luft immer unerträglicher und verursachte ihr Übelkeit.
    Mit der Hand auf dem Mauerwerk , ging Valentine vorsichtig voran. Ihr Puls pochte hart in ihren Schläfen. Ein kleiner Schritt, dann knickte die Wand im rechten Winkel ab. Wunderbar , hier ging es also weiter. Doch es war weniger als ein ganzer Schritt , und schon war auch diese Wand zu E nde.
    Klaustrophobische Panik würgte an Valentines Hals, schnürte ihr die Atmung ab und ließ sie schwindlig werden. Ich darf jetzt nicht durchdrehen! Niemand weiß, wo ich bin! Nur ich allein kann mich hier wieder herausbringen.
    Mit zittriger Hand stellte sie fest, dass der Raum, in dem sie sich befand, kaum ein mal zwei Meter in der Grundfläche maß. Sie streckte die Hand nach oben. Die Decke war fast direkt über ihrem Kopf. Kein Wunder, dass die Luft so schlecht war. Dies war kein Gang. Sie befand sich in einem rundum gemauerten Raum, der zu ihrem Grab werden würde, sobald ihre Kräfte schwanden.
    Hektisch tastete sie noch einmal die Wände ab. Es gab nichts daran zu rütteln, sie war eingesperrt. Ich muss mich dematerialisieren! Ich muss hier raus!
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