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Urod - Die Quelle (German Edition)

Urod - Die Quelle (German Edition)

Titel: Urod - Die Quelle (German Edition)
Autoren: Sarah Levine
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immer gleichen Landschaft hinzuziehen. Nacktes ockerfarbenes Felsgestein, ausgedörrt, ohne auch nur den Flaum eines Grüns. Plattes, karges Land, das ausgemergelt vor sich hin zu darben schien. Nirgendwo wartete der Schutz eines kühlenden Schattens. Alles an dieser Gegend strahlte Feindseligkeit aus und doch fühlte Thomas sich von ihr angezogen. Ihre raue Schönheit, ihr splitteriger Charme provozierten ihn und versetzten ihn in Erregung. Er breitete die Arme aus, hielt sein Gesicht der Sonne entgegen und spürte, wie seine Erschöpfung nachließ und neue Kraft ihn durchströmte. Etwas an dieser Umgebung war anders. Wie ein Lebewesen, das einen im Verborgenen beobachtete und auf etwas lauerte. Obwohl Thomas nicht an Übernatürliches glaubte, kam es ihm doch so vor, als sei seine Wahrnehmung erweitert, seitdem er sich hier befand. Er konnte es nicht erklären, aber manchmal hatte er den Eindruck, er höre Violas Gedanken und fühle, was sie fühlte. Es war verrückt und widersprach allem, an das er glaubte, aber es war ihm unmöglich, sich gegen diese Empfindungen zu wehren.
    Auf der anderen Straßenseite lagen Sebastian, Lea, Enza und Viola im pulverigen Staub und dösten. Ihr Anblick versetzte Thomas für einen kurzen Moment in Panik. So stumm und leblos wie sie dalagen, sahen die vier weniger wie Schlafende als vielmehr wie Tote aus. Er kniff die Augen zusammen und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Den Gedanken, dass Viola etwas zustieß, konnte er nicht ertragen. Auch wenn ihre Nähe ihn schmerzte, so war dieser Schmerz immer noch besser als sie weit weg von sich zu wissen. Es machte ihn rasend, dass Viola sich gegen ihre Liebe entschied, weil sie Sebastian nicht verletzen wollte. „Es würde ihn vollständig vernichten", hatte sie gesagt. Und aus irgendeinem paradoxen Gefühl heraus, liebte er sie dafür umso mehr. Ihn durchpulste plötzlich große Wut und er trat mit aller Kraft gegen einen herumliegenden Felsbrocken. Im nächsten Moment durchzuckte ihn der Schmerz wie ein Messer, das ihm bis in die Eingeweide fuhr und ihm den Atem raubte. Er stöhnte geräuschvoll auf, ging in die Knie und seine Hand fuhr unwillkürlich zu seinem Fuß. Hastig zog er seinen Turnschuh aus und riss sich den Strumpf vom Fuß. Ein Fehler, denn sein Zehennagel war umgeknickt und klebte am Strumpf fest, sodass er ihn halb mit abriss. Thomas unterdrückte einen Schrei und biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefermuskulatur krampfte. Sein großer Zeh sah aus wie ein blutiger kleiner Klumpen. Sich selbst verfluchend, humpelte er zurück zu seinem Rucksack, um sich Verbandszeug zu holen. Viola richtete sich besorgt auf, als er seinen Zeh provisorisch mit einem Pflaster zu verarzten versuchte, sagte aber nichts. In dem Moment erwachte Sebastian und räkelte sich.
    „ Was ist passiert?"
    „ Ich bin gestolpert“, erklärte Thomas kurzangebunden.
    Sebastian gähnte und rieb sich durch seine flachsblonden Haare.
    „ Gehen wir lieber weiter, bevor sich noch jemand verletzt. Kannst du laufen?"
    Thomas nickte.
    „ Soll ich dir beim Tragen helfen?"
    Thomas warf ihm einen ironischen Blick zu. Sebastian lachte und sprang auf die Beine. Ihm schien die Hitze als einzigem nichts auszumachen. Er strahlte den Tatendrang und die Energie eines Anführers aus, der seine Truppen kilometerweit über die Alpen peitschen muss. Lauthals verkündete er Lea und Enza, dass sie weitergehen würden und noch bevor diese sich einigermaßen gesammelt und aufgerichtet hatten, war Sebastian bereits unterwegs, beladen mit seinem und Violas Gepäck .
     

    Nach drei weiteren beschwerlichen Stunden war Viola am Ende ihrer Kräfte und wünschte sich nur noch, sich endlich irgendwo hinzulegen und zu schlafen. Tief und traumlos. Die anderen vier wirkten ebenfalls völlig erschöpft. Allerdings gab es immer noch keinerlei Anzeichen dafür, dass sie sich ihrem Ziel näherten. Thomas warf Sebastian einen zweifelnden Blick zu. Sebastian hielt ihm wortlos die Karte hin. Thomas studierte sie ausgiebig.
    „ Könnte es sein, dass sie das Camp woanders hin verlegt haben?“, wollte Enza wissen.
    Sebastian griente.
    „ Definitiv nicht.“
    „ Also wenn die Karte stimmt, dann müsste das Camp ganz in der Nähe sein“, murmelte Thomas. „Und zwar da hinten!"
    Die anderen blickten in die Richtung, in die Thomas zeigte. Das Gras in dem offenen Gelände war gelb und verbrannt, aber etwa einen Kilometer weiter begann ein dichter Wald, der saftig grün in der
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