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Urmel aus dem Eis

Urmel aus dem Eis

Titel: Urmel aus dem Eis
Autoren: Max Kruse
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Zeitschrift hatte er nichts davon. Nur Beitrag mußte er zahlen.
    Eine Weile fand er Spaß daran, auszureiten, und eine Zeitlang gab er häufig Partys — bis ihm der demokratische Finanzminister sagte, daß dies ein unangebrachter Luxus sei. Er überlegte sich, ob er vielleicht wieder einmal auf die Jagd gehen sollte — nun ja, das war noch sein bester Gedanke seit langem —, aber eigentlich hingen auch schon in jedem Schloßwinkel Hirschgeweihe, Elefantenzähne und Bärenköpfe, die er, sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater geschossen hatten. Eine Weile freut man sich über sie, aber dann verstauben sie — und basta! Schließlich sind sie kaum mehr ein Gähnen wert.
    Ja, wenn er einmal ein Tier vor die Flinte kriegte, das noch niemand vorher gesehen hatte! Aber solche seltenen Viecher gab es eben nicht mehr, seitdem so viele abgesetzte Könige auf die Jagd gingen!
    Als er nun eines Morgens griesgrämig an seinem Frühstückstisch saß und sich von seinem kleinen Diener Sami die Brötchen schmieren ließ, stürmten drei Herren herein, ohne anzuklopfen. Zwar ist ein entthronter König kein großes Zeremoniell mehr gewöhnt, aber so gehörte es sich doch wohl auch nicht. Auch Sami war so verdattert, daß er sich aus Versehen das Brötchen selbst in den Mund schob. Sami hieß eigentlich Samuel, aber der König nannte ihn nur mit seinem ganzen Namen, wenn er sehr wütend war.
    Die drei stürmischen Männer waren: der Direktor des Tiergartens, der Zoologieprofessor und Doktor Zwengelmann, der Direktor des Naturkundemuseums. Doktor Zwengelmann schwenkte in der linken Hand eine leere Himbeersaftflasche und in der rechten ein Blatt Papier.

    „Majestät!“ stammelte er.
    „Majestät!“ rief der Tiergartendirektor.
    „Majestät!“ japste der Zoologe.
    „Aber meine Herren, was ist denn passiert?“ fragte König Pumponell erstaunt. „Schon wieder eine Revolution? Oder soll ich etwa von neuem regieren?“
    „Ach, wegen solcher unwichtigen Kleinigkeiten würden wir Sie doch nicht belästigen!“ fauchte Zwengelmann. „Nein, denken Sie nur, Majestät, heute morgen steht diese Flasche vor meiner Haustür neben der Milch, und darin steckt dieser Brief...“
    „In der Milch?“
    „Natürlich nicht, Majestät, sondern in der anderen Flasche!“
    „Drum!“ sagte der König. „Ich hätte mich sonst auch sehr über unsere Kühe gewundert. Nun, heutzutage werden ja die tollsten Erfindungen gemacht.“
    „Aber Majestät, bitte scherzen Sie nicht“, rief der Zoologe, „die Sache ist viel zu ernst!“
    „Die Flaschenpost hat natürlich dieser Tibatong aufgegeben“, fuhr Zwengelmann fort, „den ich für nicht ganz richtig im Oberstübchen halte. Dieser Narr behauptet, ein lebendiges Urmel ausgebrütet zu haben...“
    „In der Tat — etwas merkwürdig!“ meinte der König.
    „... was schon deshalb völlig unmöglich ist", ereiferte sich Zwengelmann, „weil ich klipp und klar bewiesen habe, daß es nie Urmel gegeben hat und auch nie geben wird!"
    „Nun", brummte König Pumponell und trank einen Schluck Tee, denn der Streit der Gelehrten langweilte ihn, „und was ist ein Urmel?“
    Doktor Zwengelmann versuchte ihm zu erklären, was er davon hielt; der Zoologe unterbrach ihn immer wieder dabei, und der Tiergartendirektor blieb auch nicht stumm.

    „Ich muß dieses Urmel erst sehen, ehe ich an seine Existenz glaube!" zeterte Zwengelmann. „Und wenn es wirklich noch ein unbekanntes Tier gibt, dann ist es natürlich kein Urmel, sondern irgend etwas anderes, und dann will ich es ausgestopft ins Naturkundemuseum stellen."
    „Nein!" rief der Direktor des Tierparks. „Dann muß es lebendig ins Freigehege!"
    „Ob tot oder lebendig, Hauptsache, wir haben es!" widersprach der Zoologe.
    König Pumponell sprang auf. Seine Langeweile war futsch — wie weggeblasen!
    „Großartig!“ rief er. „Sami, pack den Tropenhelm ein und tank den Hubschrauber auf! Wir machen eine Safari, wir jagen dieses Urweltgetüm — tot oder lebendig! Meine Herren, ich danke Ihnen!“
    Und schon war er aus dem Frühstückszimmer gestürmt. Die drei Gelehrten sahen sich sprachlos an. Es mißfiel ihnen sehr, so stehengelassen zu werden. Denn jeder von ihnen hatte den König auf die Jagd begleiten wollen.
    Das ahnungslose Urmel auf der Insel Titiwu aber machte „Quä-quä!“
    Und Wutz versetzte die Hängematte in schaukelnde Bewegungen, indem sie brummte: „So sei schön still — eigentlich bist du doch schon längst zu groß
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