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Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa
Autoren: Dora Heldt
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absah, den ich ignorierte, weil ich in der Zeit den Koffer in den Kofferraum wuchtete und danach die Klappe lauter als nötig zuknallte. Papa zuckte zusammen, was mir gut tat.
    Wir stiegen ein. Während ich den Motor anließ, sagte ich, ohne meinen Vater anzusehen: »Wir fahren jetzt zu Dorothea.«
    Er traute sich anscheinend nicht zu antworten.
    Das Außenthermometer zeigte 25Grad, der Himmel war knallblau, es war Ferienwetter wie es sein sollte. Und Vater und Tochter schwiegen sich böse an. Ich warf einen vorsichtigen Seitenblick auf meinen Vater. Niemand konnte so zerknirscht aussehen wie er. Da saß er, drehte seine Schirmmütze in den Händen, der Reißverschluss seiner roten Windjacke war bis oben hin zugezogen, von seiner Stirn perlten Schweißtropfen. Schon tat er mir wieder leid. Es ging mir jedes Mal so. Er benahm sich unmöglich, ich war sauer auf ihn und hatte anschließend ein schlechtes Gewissen. Und ich machte wie immer den Anfang.
    »Es ist warm, oder? Warum hast du denn deine Jacke nicht ausgezogen?«
    Er sah mich treuherzig an. »Wir hatten zu wenig Zeit. Aber ich kann es aushalten.«
    Einige Meter weiter war ein freier Parkplatz auf dem Seitenstreifen. Ich fuhr in die Parklücke und stellte den Motor aus. Mein Vater sah sich um.
    »Hier wohnt Dorothea? Das ist aber keine schöne Gegend.«
    »Sie wohnt auch nicht hier. Ich habe angehalten, damit du deine Jacke ausziehen kannst.«
    Er strahlte mich an. »Das ist sehr nett.«
    Während er sich abschnallte, umständlich ausstieg, seine Jacke auszog, sie ordentlich auf die Rückbank legte, wieder einstieg und sich anschnallte, kam ich zu dem Entschluss, die Kofferszene nicht mehr zu erwähnen.
    Mein Vater strich sich erleichtert über die Stirn. »Ja, so ist es besser. Das ist aber auch warm. Ich glaube, das kommt durch die Abgase in der Stadt. Die Hitze, jetzt. Auf Sylt tragen die Polizisten keine schwarzen Uniformen. Die gefallen mir überhaupt nicht, ich finde sie zu bedrohlich.«
    Ich suchte einen Sender im Autoradio und drehte die Lautstärke höher.
    Dorothea schloss gerade ihr Auto ab, als wir auf den Parkplatz vor ihrem Haus fuhren. Sie kam uns lächelnd entgegen.
    »Da seid ihr ja endlich. Ich habe schon vor einer halben Stunde mit euch gerechnet. Hatte der Zug so viel Verspätung?«
    Sie umarmte erst meinen Vater, dann mich. Über ihre Schulter warf ich ihm einen warnenden Blick zu. Er nickte beruhigend zurück.
    »Natürlich hatte der Zug Verspätung, aber nicht genug für so einen Gutschein, aber den kann ich sowieso nicht gebrauchen und dann ist uns…«
    Ich unterbrach ihn. »So, wir trinken jetzt erst einen Kaffee und dann packen wir das Auto. Wir fahren mit Dorotheas Wagen, Papa, ihr Kofferraum ist größer. Und dann sollten wir auch bald los, sonst verpassen wir die Fähre.«
    Dorothea sah zwischen uns hin und her. »Der Kaffee ist fertig. Sag mal, Heinz, musst du nicht was Warmes essen oder reicht dir ein Stück Kuchen?«
    »Ich hatte am Bahnhof schon so ein Würstchen mit Brötchen, damit ging das Theater ja…«
    »Komm, Papa.« Ich schob ihn vor mir her. »Wir trinken jetzt erst mal Kaffee.«
    Eine halbe Stunde später wischte sich Dorothea zum wiederholten Mal die Lachtränen ab, was nicht viel nützte, sobald sie mich ansah, prustete sie wieder los. Sie konnte kaum zusammenhängend reden.
    »Ach, Heinz, ich sehe dauernd Christine vor mir, umringt von schwarzen Polizisten, die sie mit Maschinengewehren in Schach halten. Und eine Herde lärmender Schäferhunde. Und Christines blödes Gesicht. Und du isst in aller Ruhe einen Hotdog. Hahaha, ich könnte mich wegschmeißen.«
    Sie krümmte sich regelrecht. Heinz-Judas lachte ebenfalls. Ich fand die Geschichte beim zehnten Mal nicht mehr witzig. Beim ersten Mal übrigens auch nicht. Also stand ich auf.
    »Sie hatten keine Maschinengewehre, es gab keine Hunde und wir sollten langsam los, wenn wir die Fähre kriegen wollen. Umpacken müssen wir auch noch. Wir können das Thema an dieser Stelle also beenden.«
    Dorothea kicherte albern. Und mein Vater sagte zu ihr: »Sie ist zwar nett, aber manchmal eine Spaßbremse.«
    Ich zwang mich zum Schweigen.
    Kurz darauf öffnete ich auf dem Parkplatz die Kofferraumklappe von Dorotheas Kombi. Vor dem Auto standen vier große Reisetaschen, drei Stoffbeutel, ein Korb mit Lebensmitteln und der Trumm von einem Koffer. Und daneben Dorothea und mein Vater. Sie machten nicht den Eindruck, als würde einer von ihnen eines dieser Gepäckstücke jemals
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