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Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa
Autoren: Dora Heldt
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einmal zu hören und dass es irgendwie schade sei, dass mich damals nur die Musik interessiert hätte.
    »Christine, was summst du da eigentlich?«
    Dorotheas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. ›Du entschuldige, i kenn’ di‹ von Peter Cornelius, ich versuchte, die Melodie abzuschütteln.
    »Nichts, wo bleibt denn der Schlagerkönig?«
    In mir sang Peter weiter und wurde erst von Heinz abgewürgt, der ›Immer wieder sonntags‹ pfiff, während er sich wieder auf den Beifahrersitz setzte.
    »So, die Damen, Wagen betankt, Rechnung bezahlt. Jetzt muss ich eine Pause haben.«
    Er dirigierte Dorothea auf den Parkplatz vor dem Rasthof. Nach dem Aussteigen musterte er mich.
    »Was ist los? Du bist so blass.«
    In meinem Kopf tobten die Dämonen, lang vergessene Namen und Texte fielen mir ein, Schlagerparaden, Schallplatten, Grundig-Geräte, ich würde sofort alle Howard-Carpendale-Lieder mitsingen, ich hatte gedacht, es läge hinter mir. Schlagerprinzessin.
    »Papa, danach hören wir bitte andere Musik. Oder keine. Aber nicht mehr diese blöden Schlager.«
    »Was bist du denn so gereizt? Früher hast du das gern gehabt. Du konntest sogar alles mitsingen.«
    Ich floh vor Dorotheas fassungslosem Gesicht und ging auf die Toilette.
    Als ich zurückkam, standen mein Vater und Dorothea mit einem Tablett vor den Auslagen. Dorothea sah mich ernsthaft an. »Und deine Lieblingssängerin war Wencke Myhre? Da sieht man mal, wie wenig man voneinander weiß.« Sie kicherte.
    »Ich war elf.« Ich griff an ihr vorbei, um ein Tablett aus dem Regal zu nehmen.
    Mein Vater schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das ging viel länger. Hattest du nicht sogar schon den Führerschein?«
    »Quatsch. Höchstens zwölf. Und nur wegen eurer blöden Partys. Weißt du, was du essen willst?«
    Eine der Servicekräfte stand uns gegenüber. Mein Vater nickte ihr freundlich zu.
    »Ich glaube, du hattest schon den Führerschein. Hm, was will ich denn essen? Was ist das denn da hinten?«
    »Das ist Leberkäse. Wir machen ihn mit Spiegelei und Brot.«
    »Ist da Gammelfleisch drin?«
    »Papa.« »Heinz.«
    Die blonde Frau im weißen Kittel sah ihn komisch an. »Natürlich nicht. Aber Sie müssen es ja nicht essen.«
    »Genau. Aber man muss heutzutage fragen. Irgendwo wird dieses Gammelfleisch ja abgeblieben sein.«
    Die Blonde guckte sauer. Mein Vater lächelte sie an. »Nichts für ungut. Was nehmt ihr denn?«
    Dorothea sah ihn kurz an, dann bestellte sie drei Käsebrötchen und drei Tassen Kaffee.
    Mein Vater nickte. Als er das Brötchen sah, sagte er nur: »Dieses Salatblatt sieht irgendwie komisch aus. Das ist doch ein Käsebrötchen, wozu ist denn das Grünzeug da?«
    Ich griff nach seinem Teller, stellte ihn aufs Tablett und lächelte der Bedienung beruhigend zu. Sie sah eisig zurück.
    An der Kasse bestand mein Vater darauf, alles zu bezahlen. Was ihm auch das Recht gab, seine Meinung zur Preispolitik der deutschen Autobahnraststätten zu sagen. Auch die Kassiererin guckte anschließend eisig.
    Wir setzten uns an den hintersten Tisch. Heinz klappte sein Brötchen auf, entfernte das Salatblatt, die Tomaten- und Gurkenscheiben und fing an zu essen. Kauend sah er uns abwechselnd an.
    »Das ist kein frisches Gemüse. Hab ich mal gelesen. Da muss man aufpassen, wegen der Keime und so.«
    Dorothea salzte ihre Tomatenscheibe und steckte sie in den Mund.
    »Ach, Heinz.«
    Er drückte aufmunternd ihre Hand.
    »Gammelfleisch ist schlimmer.«
    Es gab keine weiteren Zwischenfälle. Ich verkniff mir die Zigarette, mein Vater kaufte sich eine Zeitung, Dorothea eine Illustrierte, ich setzte mich hinters Steuer und schnallte mich an. Als ich den Wagen anließ, hielt sich mein Vater am Türgriff fest und sah hektisch an mir vorbei. »Du siehst, dass der Mercedes hinter dir auch losfährt?«
    »Ja, Papa.«
    Ich steuerte auf die Auffahrt zur Autobahn, beschleunigte und schaltete in den nächsten Gang.
    »Gibst du kein Zwischengas?«
    »Papa, das hat man vor dreißig Jahren getan, bei den alten Getrieben, heute ist das Quatsch.«
    »Es schont den Motor.«
    »Blödsinn.«
    »Hm… Blinkst du eigentlich nie?«
    Dorothea lachte leise, sagte aber nichts. Ich reihte mich in den Verkehr ein und stellte den Rückspiegel nach.
    »Also, Christine, das macht man, bevor man die Fahrt antritt. Du musst doch auf die Straße gucken.«
    »Papa, lies doch einfach Zeitung.«
    Er beugte sich zu mir, um den Tacho sehen zu können. Mit einer Hand stützte er sich an der Konsole
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