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Untreu

Titel: Untreu
Autoren: Christa v Bernuth
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Pressesprecher, sobald sich einer von ihnen blicken ließ. Und froren in der eisig feuchten Nachtluft.
    Was ist los bei euch? Irgendwas gefunden?
    Wir haben nichts Neues, Leute. Immer noch nicht.
    Keine weiteren Toten?
    Nein, niemand.
    Im Keller?
    Nix. Alles clean so weit.
    (Sachte Enttäuschung machte sich breit. Ein brutaler, blutiger Familienmord eignete sich allemal für mehrere Titelstories, selbst wenn es sich wieder bloß um einen Vater handelte, der seinen Job verlor und daraufhin Frau und Kinder und anschließend sich selbst umbrachte.)
    Wie schaut das Haus innen aus?
    Hübsche Möbel. Aufgeräumt. Absolut normal. Außer dass die Pflanzen vertrocknet sind. Da war länger niemand mehr drin, so viel ist schon mal klar.
    Wann können wir rein? Fotos machen?
    Später, wenn der Erkennungsdienst fertig ist. Die Tatortleute sind noch dabei. Ihr wisst ja, wie's läuft.
    Fehlen Sachen? Im Haus?
    Können wir jetzt noch nicht sagen. Wartet halt bis zur Pressekonferenz morgen früh.
    Morgen früh! Die Journalisten murrten, aber immerhin: Ein Haus in einem der nobleren Vororte der Stadt als Schauplatz eines entsetzlichen Verbrechens. Eine bis dato unbescholtene, wohl situierte Familie, die spurlos verschwand und einen Toten zurückließ, begraben unter einem Geräteschuppen. Eine Nachbarin, die die Polizei erst auf die Spur gebracht hatte und glücklicherweise mehr als auskunftsfreudig war. Die von Erika Weingarten genussvoll weitergegebene und adäquat ausgeschmückte schaurige Story vom Knochenfinger, der aus dem Erdreich ragte wie eine Mahnung: Das war schon mal für den Anfang absolut außergewöhnlich. Das gab Stoff für weit mehr als einen Aufmacher.

Kapitel 3
    Sie landeten um dreizehn Uhr fünfzig. Es war ein unruhiger Flug gewesen mit vielen Turbulenzen. Lukas hatte sich gefürchtet, aber es um keinen Preis zeigen wollen, und irgendwann hatte er sich beinahe übergeben müssen. Schließlich hatte sich der Pilot mit einer launigen Ansage gemeldet.
Wir befinden uns gerade über den Alpen, und da kann's noch mal ein paar Minuten lang ruppig werden, also bleiben Sie bitte angeschnallt. Wir landen in zirka vierzig Minuten. Uns erwartet leider kein schönes Wetter, und die Temperaturen sind auch nicht ganz so angenehm wie auf Ihrer wunderschönen Urlaubsinsel...
    Das Wetter war schrecklich. Sie hatten das gewusst, und trotzdem war es ein Schock. Es war nicht gut, um diese Jahreszeit Urlaub in einem warmen Land zu machen. Man konnte sich dann so schwer wieder eingewöhnen: an Regen und niedrige Temperaturen und an den herbstlichen Lichtmangel. Für Lukas war Lichtmangel nicht gut. Sie hatten in der Klinik festgestellt, dass Lichtmangel seine Symptome verschlimmerte. Mona verstand nicht ganz, worum es dabei ging. Manche Menschen, so hatte man ihr erklärt, reagierten mit Depressionen, wenn sie zu wenig Licht abbekamen. Bei Lukas schien das jedenfalls so zu sein. Die nächsten Monate würde er deshalb jeden Tag eine Stunde lang vor einer Tageslichtlampe verbringen. Lichttherapie nannte sich das, und Mona konnte kaum glauben, dass eine simple Glühbirne etwas bewirken konnte, woran bislang alle mehr oder weniger gescheitert waren: Lukas wieder zu einem gesunden Jungen zu machen.
    Kaum standen sie an der Gepäckausgabe, klingelte ihr Handy. Im selben Moment begann sich das Förderband rumpelnd in Bewegung zu setzen. Anton und Lukas wandten sich in einer fast synchronen Bewegung von ihr ab und den Koffern zu, die langsam an den Passagieren vorbeiglitten. Jetzt war wieder jeder für sich, allein mit seinen Problemen und Hoffnungen und Ängsten.
    Das Klingeln kam von ihrer Mailbox.
    Hallo, Mona, hier ist Hans. Hans Fischer. Ruf mal an. Dringend. Danke, bis dann.
    Ihr Blick fiel auf die Titelseite einer aktuellen
Abendzeitung
, die sie im Flugzeug wohlweislich nicht hatte lesen wollen.
Grausiger Mord in Luxusvilla. Komplette Familie ausgelöscht?
    »Kann Lukas heute Nachmittag bei dir bleiben?«
    Anton sah auf sie herunter. »Du musst doch nicht heute schon wieder da hin.«
    »Na ja. Ich muss wenigstens mal anrufen.«
    »Mona, die wissen doch nicht, wann du ankommst. Die haben keine Ahnung, dass du schon da bist. Nütz das doch aus. Tu doch nicht immer so, als wärst du unentbehrlich.«
    »Ich...«
    »Ruf sie heute Abend an. Dann kannst du immer noch hin, wenn sie dich brauchen.«
    »Es ist was passiert. Ich muss mich wenigstens melden.«
    »Es ist immer was passiert. Immer. Wenn du dich jetzt meldest, kannst du auch gleich
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