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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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Doch zwischen den beiden Etagen gibt es keinerlei Kommunikation: die beiden nicht mehr ganz jungen Eltern leben isoliert in ihrer Welt einer sehr exklusiven Passion, während die drei Kinder sich selbst überlassen sind und alle Dramen ihres Alters durchleben. Doch eines Tages stirbt Evelina, nachdem sie ihren Gatten vergeblich gebeten hat, »die Kinder mit dem Herzen eines Vaters« zu betrachten, und die Familie bricht auseinander. Zurück bleibt Fabio, der Federico in einer dramatischen Szene an die Aufforderung der Verstorbenen erinnert, doch wieder Vater zu werden. Die beiden machen sich schließlich die Liebe der verstorbenen Evelina streitig, der Gattin und der Mutter. Daraufhin nimmt Fabio sich das Leben, um aus dem »nicht vom Spielplan abzusetzenden, grauenhaften Schauspiel seines Körpers zwischen dem Vater und dem heraufbeschworenen Bild der Mutter« wegzugehen.
      Stefanos Anspielungen auf bestimmte autobiografische Situationen sind klar, auch wenn sie hier übertragen und adaptiert sind. Doch gelingt die dramaturgische Operation nach Martinis Ansicht deshalb nicht, weil Landi nicht den Mut oder die Fähigkeit hat, »die enthüllende Kraft dieser versuchten lyrischen Interpretation eines vertrauten Mittels bis zum äußersten zu treiben, er hat ihr eine Art dialektischer Ausarbeitung in der Manier Pirandellos übergestülpt, die darauf abzielt, den Zuschauern zu vermitteln, welche jede der Figuren in den kritischsten Augenblicken des Dramas sich selbst und den anderen erscheint. Doch hat er nicht die vollständige Verschmelzung der beiden unterschiedlichen Techniken erreicht (wieviel nobler ist in künstlerischer Hinsicht doch die, die vor seinem Genie zuerst aufgeleuchtet ist!).«
      In den letzten Zeilen scheint Martinis Bedauern darüber durch, daß Stefano, der Dichter Landi, der Lyriker Landi sich den »dialektischen Ausarbeitungen« Pirandellos gebeugt hat und dadurch in »eine Art Ambiguität stürzt, die der Aussage des Stücks außerordentlich schadet«.
    Dreizehn Jahre lang läßt Stefano nichts mehr von sich aufführen. Er gründet Theatertruppen, wird Regieassistent von Renato Simoni, schreibt einen Roman, der 1935 den angesehenen Literaturpreis Premio Viareggio erhält. Im Januar 1936 inszeniert die Schauspieltruppe TòfanoMaltagliati-Cervi in Turin endlich ein neues Stück von Stefano, mit dem vielsagenden Titel Un padre ci vuole (Vater vonnöten), ein reifes Werk mit bitterer Ironie, das die einzigartige Beziehung zwischen einem Vater und seinem Sohn behandelt. Auch hier fehlt es nicht an autobiografischen Bezügen. Witzig und geistreich ließ Alberto Savinio, der sehr genau wußte, wie sehr Stefano der »aufdringlichen Bedeutung« Luigis hörig war, in einer seiner literarischen Arbeiten erkennen, daß für den Autor »kein Vater vonnöten« (Sciascia) war.
    Luigi stirbt im Dezember desselben Jahres.
      1942 läßt Stefano sein wohl schönstes, klarsichtigstes, erschütterndstes Stück aufführen. Auch hier ist die Hauptfigur ein Vater, der verzweifelt, der tragisch versucht, seinen behinderten Sohn ein normales Leben führen zu lassen.
      Solange Luigi Pirandello lebt, läßt er seinen Sohn Stefano die Livree eines jüngeren Alter ego anziehen. Und mit der Ergebenheit eines Sohnes trägt Stefano sie, und es wird ihm schließlich nahezu unmöglich, sie für immer abzulegen. Und es gibt Augenblicke, in denen er sich ziemlich niedergeschlagen fühlt. Sciascia schreibt dazu:
      »Unruhig also ihre Beziehungen: wie ja übrigens - aus Gründen, die wir als ›mütterlich‹ bezeichnen können auch die Beziehungen zwischen Luigi Pirandello und seinem Vater waren. Und gelegentlich, so scheint es, vermischten sich diese unruhigen Beziehungen unter dem ganz und gar sizilianischen - Vorwand der ›Sache‹; gelegentlich wurden sie völlig pirandellianisch. Bei vom Vater firmierten Artikeln hat man den begründeten Verdacht, daß sie vom Sohn geschrieben wurden, wie etwa der im höchsten Maß pirandellianische, den die Zeitschrift ›Occidente‹ 1933 mit dem Titel Ich spreche nicht von mir veröffentlicht hat. Was für den Vater ein Spiel gewesen sein wird, ein Vergnügen; aber - abgesehen von dem finanziellen Motiv - wohl weniger für den Sohn.«
    Ein Spiel? Ein Vergnügen? Das glauben wir wirklich nicht. Und auch nicht Genugtuung oder Befriedigung. Eine in den Augen des Vaters völlig natürliche Sache. Denn Luigi ist es auf durch und durch sizilianische Weise gelungen, dafür zu sorgen,
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