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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte
Autoren: Hans-Christian Huf
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völlig neue Einsichten, von den Archäologen aufzublättern wie ein Buch.
    Aber was wäre der Archäologe ohne sein Pendant, den Schreibtischtäter der Geschichtsschreibung? Während der Archäologe eine Entwicklung der letzten hundert Jahre ist, gibt es den Historiker schon sehr viel länger, vermutlich schon so lange, wie man miteinander spricht. Im fünften Jahrhundert vor der Zeitenwende lebte der berühmteste aller Geschichtsschreiber, Herodot von Halikarnassos. Schon die Römer kannten ihn als »pater historiae«, das heißt auf Deutsch »Vater der Geschichtsschreibung«. Er beschrieb in seinen sogenannten Historien den Krieg der Perser gegen die Griechen. Selbstverständlich bezog er dabei Partei, nämlich die seines eigenen Volkes, der Griechen. Aber er bemühte sich doch, die ganze Geschichte zu verstehen, auch was dem Angriff der Perser nämlich vorausging und wie das Perserreich überhaupt dazu kam, Griechenland anzugreifen.
    Das ist Geschichtsschreibung, das Zusammentragen vieler Berichte, das Bewerten, das Erzählen des Ganzen in einer Geschichte. Bis heute ist allerdings umstritten, ob Herodot überhaupt je, wie er behauptete, seinen Schreibtisch verließ, um an die Orte des Geschehens zu reisen. Immerhin berichtete er von Ameisen in der Größe »zwischen einem Fuchs und einem Hund«, die in Indien Gold ausgruben. Das wirft doch einige Zweifel auf, meinen Sie nicht? Am besten sollten Sie auch dem Historiker nicht einfach glauben, sondern selber weitere Nachforschungen anstellen. Sie würden ja auch Ihrem Chef in der Firma nicht einfach glauben. Wenn man selber Bücher liest, weiß man schon mehr. Vielleicht fährt man auch einfach mal hin an den Ort des Geschehens. Dann sieht man schon, ob die Ameisen dort wirklich so groß sind, wie sie scheinen. Und ob sie wirklich nach Gold graben. Wir haben das gemacht, wir sind einfach mal hingefahren.
    Lassen Sie uns, den Aufzeichnungen aus früherer Zeit, den Erkenntnissen aus vielen Ausgrabungen und der Geschichtsschreibung zweier Jahrtausende folgend, einen kleinen Streifzug durch die Weltgeschichte machen. Dabei gehen wir keinen geraden Weg, sondern ziehen durch die Landschaft unserer eigenen Geschichte, wie es uns gerade gefällt. Auf diese Art, da werden Sie mir zustimmen, lernt man doch unbekannte Gebiete am besten kennen. Es geht auf und ab, über Stock und Stein. Ab und zu erreicht man Aussichtspunkte, von denen man die weite Landschaft der Vergangenheit überblickt. Wir werden dabei vielleicht niemals die ganze, unendlich komplizierte Wahrheit und alle ihre Details gleichzeitig sehen können, denn wir haben ja nur zwei Augen, und beide unpraktischerweise auf derselben Seite des Kopfes. Aber wir können dort an unserem Standpunkt beginnen, einen ersten Überblick zu gewinnen. Dann können wir auch anfangen, aus der Geschichte zu lernen.
    Und das wäre doch wirklich wünschenswert, meinen Sie nicht?



1. Das Projekt Mensch
    S icher haben Sie schon einmal die eindrucksvollen Tierdarstellungen gesehen, die vor rund 32 000 Jahren an die Felswände der französischen Grotte Chauvet gemalt worden sind. Oder Sie haben die großartigen Panorama-Bilder bewundert, mit denen Steinzeit-Künstler etwa 15 Jahrtausende später die 1940 entdeckte Höhle von Lascaux ausgeschmückt haben.
    Was sind gegen solche grandiosen Zeugnisse prähistorischer Kreativität ein paar Fußstapfen in der Vulkanerde von Tansania? Und doch üben die insgesamt 69 fossilen Abdrücke, die sich in der wie Zement erhärteten Asche zu einer 27 Meter langen Fußspur addieren, auf den Betrachter einen merkwürdigen Zauber aus. Wer war es, der hier unterwegs war? Und wohin führt die Spur?
    Die Spur führt tief in die Vergangenheit, und der Autor der Fußabdrücke war mit Sicherheit nicht allein. Es waren drei Vormenschen der Gattung Australopithecus , die hier in Laetoli in der Nähe des Vulkans Sadiman vor 3,6 Millionen Jahren unterwegs waren und in eine Aschewolke gerieten. Der feuchte Boden und die nachfolgende Sonneneinstrahlung konservierten ihre Schritte wie in einer Zeitkapsel.
    Was mögen sie gesehen haben, als sie sich – wie die Abdrücke zeigen – in der Mitte der Spur umdrehten und nach Westen blickten? Wir wissen es nicht, aber wir wissen etwas anderes: dass sie auf zwei Beinen durch die Vulkanasche tappten und den Fuß dabei abrollten. Die
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