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Unternehmen Wahnsinn

Unternehmen Wahnsinn

Titel: Unternehmen Wahnsinn
Autoren: Theresia Volk
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auferlegten Hemmnisse wirken auf ihn nicht ein-
engend, sondern im Gegenteil fördernd, sie setzen seine handwerkliche Brillanz und seine Imaginationskraft (neu) frei. Er schafft neue Meisterwerke und, wenn man so will, eine echtere Realität.
    »The Five Obstructions« erzählt die Geschichte eines einmaligen Experiments über existentielle Suchbewegungen.
    »Auch heute habe ich wieder etwas erlebt, das ich hoffentlich bald verstehen werde«
    In »Five Obstructions« geht es vor allem darum, wie Einschränkungen als Kreativitätstreiber wirken können; weil das höchst organisationsrelevant ist und weil einige Sätze der Protagonisten auch Stoßseufzer heutiger Organisationsmitglieder sein könnten, hier ein paar der markantesten Zitate aus von Triers Meisterwerk, samt Anmerkungen:
    – »Auch heute habe ich etwas erlebt, was ich hoffentlich bald verstehen werde.« Das ist ein wiederkehrendes Motiv des Films – und es macht deutlich, wie man auch auf Zumutungen reagieren kann: interessiert, wachsam, geduldig, gelassen, selbstironisch.
    – Von Trier: »Als Strafe: Du hast freie Hand.« – Leth: »Nein, ich will mich lieber an etwas halten.« Von Trier: »Mach es einfach, wie auch immer. Toi, toi, toi.«
    – So viel zum Thema: Chef, sag mir, was ich tun soll.
    – Leth: »Situationen, in denen ich die vollständige Kontrolle habe, interessieren mich eigentlich nicht.« – Einmal davon abgesehen, dass vollständige Kontrolle meist ohnehin nur eine Illusion ist, wäre sie auch das Ende jeder Kreativität. Diese ist angewiesen auf unaufgelöste Spannungen und Offenheit für unerwartetes Geschehen.
    – Leth: »Ich weigere mich, so etwas Dummes zu machen (…). Ich werde diese Technik nicht lernen!« – So fühlen sich viele Manager und Mitarbeiter bei diversen als Zumutung empfundenen Verfahrensänderungen. Sie weigern sich, eine Technik zu lernen, weil sie minderwertig zu sein scheint.
    – Aber dann (Leth): »Obwohl wir es nicht kontrollieren können und (diese Technik) eine dumme Sache (ist), bemühen wir uns intensiv um die Sache und versuchen, eine Lösung zu finden, die uns zufriedenstellt.«
    – Welch eine inspirierende Erfahrung, dass es so etwas prinzipiell geben kann: eine Lösung, die einem gefällt, mit einem Verfahren, das einem nicht gefällt.
    Koaneskes Management
    Welche Konsequenzen können Manager von heute aus den Koans und aus von Triers umfassendem Beschränkungskonzept ziehen? Ein paar quasi-therapeutische Anregungen:
    – Aufgaben wie Koans annehmen. Sie nötigen eine innere Entwicklung ab, die das bisherige Denken und Handeln übersteigt. Es sind Rätsel und Zumutungen, die – so sie angenommen werden –, Meister und Meisterwerke entstehen lassen. Extreme Zumutungen zwingen einer Situation (und einem selber) die Wahrheit ab.
    – Einschränkungen forcieren (statt sie zu vermeiden). Reduktionen selber setzen. Die Befreiung von technischem und sonstigem Bombast, der immer mehr zeitraubende und aufwändige Routinen erfordert, kann kreatives Potenzial freisetzen. Man stelle sich vor: eine Vorstandssitzung ohne Tischvorlage, Beamer, Blackberrys, gegebenenfalls auch ohne Schnittchen, Krawatten, Konferenzbesteck. Und: auf der Agenda keine 17 Tagesordnungspunkte, sondern nur: eine einzige Frage! Und auch in der Folgesitzung: nur diese eine Frage.
    – Nicht zuletzt, sich auch einer ernüchternden Erkenntnis stellen:
    Nicht immer gibt es Lösungen
    So etwas zu behaupten, wäre reine Illusion und damit unwahrhaftig. Lars von Trier selbst hat mehrfach erleiden müssen, dass es keine Lösung gibt. Im Jahr 2004 hat er nach mehr als zwei Jahren Vorbereitungszeit darauf verzichten müssen, Richard Wagners sechzehnstündigen Vierteiler »Der Ring der Nibelungen« in Bayreuth zu inszenieren. Er war als Regisseur angefragt worden, und große Hoffnungen verbanden sich mit ihm, dem so seriösen wie radikalen Künstler. Er sollte dem traditionsüberladenen Festspielort Bayreuth neue Vitalität einhauchen, musste aber einsehen, »dass die Dimensionen und Anforderungen dieser Ring-Version, realistisch betrachtet, seine Kräfte eindeutig übersteigen würden«, wie die Festspielleitung mitteilte. Von Trier wollte sich dem wahnhaften Anspruch dieses monumentalen Werkes mit einem tragfähigen, zeitgemäßen Konzept stellen. Er wollte auch dieser Herausforderung ihre Wahrheit abringen. Schaffte es aber nicht. Kritiker attestierten, dass sein Scheitern eines aus Gründen der Ernsthaftigkeit war, 117 und sprechen von
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