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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta
Autoren: Jan Guillou
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ihr Einverständnis erklärt hatten.
    Und je mehr sich diskret erledigen ließ, das heißt durch Geheimkontakte der Militärs, um so besser für die Politiker, welche die Ehre einheimsen würden, wenn alles gutging, und die gern einen Sündenbock hatten, wenn alles schiefging.
    »Ich verstehe einfach nicht, was für einen Sinn das haben soll. Es muß doch irgendeinen Sinn geben, aber ich kapiere ihn ganz einfach nicht«, sagte der frischgebackene Leutnant Göran Karlsson, als sie sich endlich zu Tisch gesetzt hatten. Carl hatte sie vor einer halben Stunde vor dem Haupteingang des Naval Special Warfare Center draußen auf Coronado abgeholt, und da hatten beide immer noch den Eindruck gemacht, als könnten sie noch ein paar Tage weiterschlafen. Sie gingen torkelnd, was vor allem an ihren schmerzenden Kniegelenken lag, einem der häufigsten medizinischen Gründe für Mißerfolge während der Hell Week.
    Carl ließ sich mit der Antwort Zeit, da er gerade dabei war zu bestellen. Er hatte die beiden zu einem von Tessies mexikanischen Lieblingsrestaurants draußen in La Jolla gefahren.
    »Skål«, sagte er kurz und hob sein Weinglas. Er schloß kurz die Augen, als er von dem mexikanischen Wein trank, und ließ sich mit dem kalifornischen Sommerwind einige Erinnerungen ins Gesicht wehen.
    »Den Sinn von was, Göran?« fragte er fröhlich, als er das Weinglas abstellte. Sie sprachen mit seiner ausdrücklichen Genehmigung schwedisch, folglich auf Befehl, da es ihnen sonst verboten war, in Gesellschaft von Militärs ihre eigene Sprache zu sprechen.
    »Erstens den Sinn darin, daß man sich eine ganze gottverdammte Woche beleidigen lassen muß, und was es zweitens für einen Sinn haben soll, es fünf Mal tun zu müssen. Fünf Mal !«
    »Die letzte Frage läßt sich am leichtesten beantworten«, sagte Carl mit gespielter Munterkeit, als unterhielten sie sich über Bagatellen. »Ihr braucht nur zu wissen, wie viele Menschen es auf diesem Erdball fünf Mal geschafft haben. Wißt ihr das?«
    Die beiden anderen schüttelten den Kopf. Luigi wechselte behutsam die Stellung auf seinem Stuhl; das Sitzen fiel ihm schwer, da er nach der Höllenwoche im Schlauchboot »am Hintern wie ein Pavian aussah«.
    »Eure schwedischen Kameraden, niemand sonst«, sagte Carl und breitete die Arme aus, als wäre damit alles erklärt.
    »Welche schwedischen Kameraden?« fragte Göran Karlsson mißtrauisch. Jetzt brauchte er nicht mehr Joe Carlson zu sein.
    »Die operative Abteilung beim OP 5, euer direkter Vorgesetzter, das heißt ich, und die anderen Jungs, mit denen ihr zusammenarbeiten werdet. Wir sind die einzigen.«
    »Wie viele sind wir? Teufel auch… Wie viele sind wir?«
    fragte Luigi Svensson, der nicht mehr Bertoni sein mußte.
    »Das ist geheim«, entgegnete Carl ironisch. »Aber wenn wir wieder zu der Sinnfrage zurückkehren wollen, gestern nachmittag war ich bei Konteradmiral George R. Worthington, um sozusagen die schwedische Fahne zu zeigen. Ja, wie ihr wißt, haben die jetzt einen neuen Chef, der mir einen kleinen Vortrag hielt. Kurz, schroff und militärisch. Ich glaube, ich bekomme es sogar fast wörtlich zusammen, etwa so: ›Bei der Hell Week geht es darum, sowohl die eigenen Fähigkeiten als auch seine Grenzen zu erkennen. Jeder Mann, der diese Ausbildung durchlaufen oder etwas Ähnliches durchgemacht hat, weiß, daß es irgendwo einen Punkt gibt, an dem er aufgeben will und nicht mehr kann. An diesem Punkt ist ihm alles scheißegal, er möchte gern sterben, wenn man ihn nur noch in Ruhe läßt. Das passiert etwa, wenn man sich übergibt oder einen Weinkrampf kriegt. Nach der Hell Week hat man keine falschen Vorstellungen davon, wie gut man ist. Man weiß aber trotzdem, daß man etwas geschafft hat, was nur wenige andere Menschen schaffen.‹ All das unserem geschätzten Konteradmiral Worthington zufolge.«
    Carl trank einen Schluck Wein und sah aufs Meer, als wären alle Erklärungen damit beendet. Dann stellte er das Glas hin und ließ den Blick eine Zeitlang von einem zum andern wandern. Da kam ihm plötzlich die Erkenntnis, daß er hier die Rolle seiner eigenen Legende spielte, und schob den entscheidenden Zusatz nach.
    »Aber das gilt natürlich nur für die Amerikaner.«
    Sie wurden eine Weile unterbrochen, als einige Schalen mit Chili-Mischung sowie hartes gelbes Maisbrot aufgetragen wurden.
    »Und was gilt für Schweden, richtige Schweden oder Kanaken-Schweden?« fragte Göran Karlsson, während er Luigi den Ellbogen
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