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Unternehmen Hongkong

Unternehmen Hongkong

Titel: Unternehmen Hongkong
Autoren: Carter Brown
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auf
dem Boden, drückte beide Hände auf seinen Unterleib und stöhnte.
    »Was ist ihm passiert ?« fragte ich.
    »Messer«, erwiderte Corvo
lakonisch. Er trat zu Kahn und stieß ihn an. »Schlimm?«
    »Ich sterbe«, ächzte Kahn.
    Corvo blickte auf ihn nieder, zuckte
die Schultern und hob dann langsam seine Pistole.
    »Nein«, sagte ich hastig.
    Er machte ein überraschtes
Gesicht, steckte aber die Pistole wieder ein. Ich durchsuchte die toten
Chinesen und entdeckte noch eine Automatic, die ich an mich nahm.
    »Holen Sie die Frauen«, befahl
ich Corvo. »Ich bringe Kahn auf die Dschunke .«
    »Wie Sie wollen .« Mit raschen Schritten entfernte er sich.
    Ich beugte mich über Kahn und
blickte ihn an. »Können Sie gehen ?«
    »Nein«, jammerte er. »Der
dreckige Hund! Ich sterbe .«
    Ich schob meine Hände unter
seine Schultern und drückte ihn so behutsam wie möglich hoch, bis er auf den
Beinen stand. Dann schleppte ich ihn zur Dschunke. Ich ließ ihn auf dem Sand
liegen, während ich an Bord ging, um mich zu vergewissern, daß uns von dort
keine Gefahr mehr drohte. Dann half ich Kahn an Deck und setzte ihn hin. Ich
überredete ihn, mich die Wunde ansehen zu lassen. Allzugut sah sie nicht aus. Er verlor sehr viel Blut. Ich zog meine Jacke aus, wickelte
sie zu einem Ball zusammen und sagte, er solle sie sich auf die Wunde drücken.
Ich wußte nicht, ob das helfen würde.
    Fünf Minuten später erschien
Corvo mit den beiden Frauen. Ihre Gesichter waren grau. Corvo hingegen sah aus,
als hätte er sich prächtig amüsiert.
    »Das war ein guter Kampf«,
meinte er. »Schade, daß zwei entkommen sind.«
    »Seien Sie nicht so
blutdürstig«, sagte ich.
    »Es gehört zu den höheren
Freuden im Leben eines Mannes, einen anderen Menschen zu töten«, erklärte er
ernsthaft.
    »Das ist auch ein Standpunkt«,
versetzte ich. »Aber lassen Sie das lieber nicht einen Psychiater hören .«
    »Sie glauben wohl, ich bin
verrückt ?«
    »Genau«, bestätigte ich. »Aber
was ich denke, spielt keine Rolle .«
    Ich ging zum Heck der Dschunke
und ließ die Maschine an. Sie hustete ein paarmal, doch dann schnurrte sie wie
eine Nähmaschine. Rückwärts manövrierte ich die Dschunke aus der Bucht, bis wir
wieder offenes Meer erreichten. Dann drehte ich und nahm Kurs auf Hongkong.
     
    Natalie kam auf mich zu, das
Gesicht hager und bleich.
    »Joe stirbt«, flüsterte sie
tonlos. »Wir brauchen einen Arzt .«
    »Sobald wir in Hongkong sind«,
versicherte ich.
    »Wie lange dauert das ?«
    »Wir machen etwas über drei
Knoten«, erklärte ich. »Mit sechs Stunden müssen wir rechnen .«
    »Aber das ist zu spät«,
jammerte sie hysterisch.
    »Tut mir leid«, erwiderte ich.
»Aber wir können es nicht ändern .«
    Irgendwann am frühen Nachmittag
— Hongkong breitete sich bereits glitzernd vor unseren Blicken aus, höchstens
noch eine Stunde Fahrt entfernt — starb Kahn.
    Wir wickelten ihn in eine alte
Ölhaut, beschwerten den Körper mit Werkzeugen, und dann hoben Corvo und ich ihn
behutsam auf und warfen ihn über Bord. Mir fielen einige Worte ein, die ich zu
anderen Zeiten auf anderen Schiffen gehört hatte, und ich sprach sie. Dann war
nur noch Natalies Schluchzen zu vernehmen.
    Um fünf Uhr erreichten wir
Aberdeen.
     
     
     

10
     
    Im Hafen gingen wir vor Anker.
Ich befahl den anderen, unter Deck zu warten, und verharrte eine Zeitlang bei
ihnen. Corvo wollte wissen, wozu das nötig sei, und ich erklärte ihm, daß der
Anblick von vier Weißen, die alle in Kuli-Anzügen eine Dschunke verließen,
Aufsehen erregen würde; dieser seltsame Vorfall mußte zweifellos in kürzester
Zeit auch Wong zu Ohren kommen. Uns blieb nur die Möglichkeit, heimlich zu
verschwinden, im Schutz der Dunkelheit.
    Es dauerte nur zwei Stunden,
doch es schien eine kleine Ewigkeit. Endlich war es ganz dunkel, und ich
kletterte an Deck. Wir lagen nur etwa siebzig Meter vom Pier entfernt. Ich ließ
mich an der Seite ins Wasser gleiten, das beinahe unangenehm warm war, und
schwamm vorsichtig an Land. Eines von Wongs Päckchen hatte ich bei mir.
    Sobald ich das Ufer erreicht
hatte, kauerte ich mich im Schatten zusammen und wartete. Nach etwa zehn
Minuten entdeckte ich einen Jungen, der höchstens siebzehn Jahre alt war. Im
Schein der Naphtalampen , die von den Fischern benützt
werden, sah ich, daß er ein aufgewecktes Gesicht hatte. Ich rief ihn herbei,
und er trat vorsichtig näher. Ich drückte ihm zwanzig Dollar in die Hand und
sagte ihm, daß er mit weiteren
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