Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
begehbare Weg.
    Die Bezeichnung Straße war allerdings
schmeichelhaft. Eshandelte sich um eine ausgewaschene Schotterpiste ohne feste
Begrenzung an den Seiten.
    Tim ging voran. Er hielt die Augen
offen und spitzte die Ohren. Sie mußten damit rechnen, daß ihnen Fahrzeuge
entgegenkamen. Dann hing alles davon ab, sich rechtzeitig in die Büsche zu
verkrümeln.
    Die Sonne stieg. Seit fast einer Stunde
marschierten sie bereits. Tim schätzte, daß sie höchstens fünf Kilometer
zurückgelegt hatten. Mehr nicht. Klößchens Schleichschritt bremste.
    Das Bild der Landschaft blieb
unverändert: ein Urwald, den seit Jahrhunderten nichts verändert hatte. Umgestürzte
Bäume vermoderten. Wo Nadel- und Laubbäume eine Lücke ausgespart hatten, waren
Sträucher und Gestrüpp in die Höhe geschossen.
    Gaby hörte den Wagen zuerst.
    Hinter einem Wacholderstrauch preßten
sich alle zu Boden.
    Langsam glitt der silbergraue Rolls Royce
vorbei — jener Protzschlitten, mit dem Gasthmi gestern abend gekommen war. Nur
der Chauffeur saß drin. Ein Burnus-Träger mit fast schwarzem Gesicht.
    „Der soll Merpe abholen“, sagte Tim,
als der Wagen vorbei war.
    Zwei Minuten später stießen sie auf das
Kloster Ramazzoni.
    Sie duckten sich hinter brusthohem
Gestrüpp und spähten hinüber. Der Vorplatz war kahlgeholzt. Drei Jeeps parkten
dort, ein zweiter Rolls Royce, ein sechstüriger Mercedes und ein kupferroter
Cadillac.
    Wie Tim wußte, umfaßte das Kloster eine
fußballfeldgroße Grundfläche. Als die Mönche vor Zeiten den Bau begannen,
hatten sie die Ewigkeit mit einbezogen. Von außen sah jedenfalls alles nach
Bestzustand aus. Kein Stein war aus der Mauer gefallen. Schmucke Türme wiesen
in den Herbsthimmel.
    Tim hatte den Grundriß des Klosters im
Kopf, wußte genau, wo sich was befand: Kirche, Kreuzgang, Kapitelsaal,
Badehaus, Hospital, Schweinestall, Werkstatt, Dormitorium (Schlafsaal). Ein Drittel des Geländes war Klostergarten. Die übermannshohe Mauer faßte alles
ein.
    Zwei Araber — in Burnusse gehüllt und
mit umgeschnallten Säbeln — machten sich an einem Jeep zu schaffen. Sonst war
niemand zu sehen.
    „Bis jetzt“, flüsterte Tim, „ist alles
gut gelaufen. Nun kommt’s darauf an. Schlage vor: Karl und ich pirschen zur
Rückseite. Dort gibt es mehrere Pforten, die in den Klostergarten führen.
Glaube nicht, daß die bewacht sind. Und der Klostergarten sieht sicherlich
ähnlich aus wie hier der Urwald. Wir erkunden die Örtlichkeiten. Irgendwo dort
wird Gasthmi seinen lieben Merpe empfangen.“
    „Soviel Glück, wie wir jetzt brauchen,
gibt’s gar nicht“, meinte Karl.
    „Wieso?“
    „Glaubst du wirklich, daß wir die
beiden beobachten können?“
    „Nirgendwo eher als hier. Sieh dir den
Palast an! Da warten 1000 Verstecke auf uns. Ich wette, es gibt keinen Raum, in
den wir nicht reinluchsen können. Soll ich lieber allein gehen?“
    „Unsinn!“
    Sie brauchten eine Viertelstunde bis
zur Rückseite des Klosters: immer am Waldrand entlang, im Schutz von Büschen
und Sträuchern.
    Niemand begegnete ihnen. Kein Geräusch
außer dem Säuseln des Windes und den Vogelstimmen im Wald.
    Auf der Rückseite verlief die
umfriedende Mauer nicht gerade, sondern im Bogen. Von den drei Pforten waren
zwei vermauert. Eine massige Holztür verschloß die dritte.
    Tim stieg auf die Klinke und blickte
hinüber.
    Wie erwartet: Der Klostergarten war in
die Höhe geschossen. Eine Buschlandschaft, in der ein paar Pfade verliefen.
    Von den Gebäuden zu beiden Seiten und
im vorderen Abschnitt sah er nur die Dächer.
    Die Tür war sehr hoch. Selbst jetzt, da
er auf der Klinke stand, reichte sie ihm bis zum Kinn. Karl, der sich
turnerisch schwertat, würde Hilfe brauchen.
    Tim sprang hinunter.
    „Die Luft ist rein. Du gehst zuerst.
Ich mach dir ‘ne Räuberleiter als zweite Stufe.“
    Er hielt die gefalteten Hände in
Kopfhöhe.
    Karl stieg auf die Klinke, dann auf
Tims Hände und schwang sich hinüber. Einen Moment später landete Tim neben ihm.
    „Erstmal geradeaus, Karl, zur Kirche.
Rechts davon liegen die Wirtschaftsgebäude. Wir müssen feststellen, welche
Räume am wohnlichsten sind. Wo der Regen durchs Dach fällt, zieht Gasthmi
bestimmt nicht ein.“
    Sie liefen einen Pfad entlang. Er war
irgendwann gemäht worden, aber das Gras kniehoch nachgewachsen. Zweige
berührten die Jungs von beiden Seiten.
    Nach 20 Schritten standen sie vor der
kleinen Kirche: einem schlichten Bau aus grauem Stein, von außen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher