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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer
Autoren: Eva Rossmann
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zu haben, dass sie mich bis zum Ausgang begleiten muss. Oder gibt es eine Videoanlage? Und wenn schon. Am besten, ich passe Grünwald gleich nach der Operation ab. Er hat in diesem Stockwerk kleinere Behandlungsräume für weniger schwere Eingriffe und einen richtigen Operationssaal. Hat geklungen, als wäre er im großen Saal. Ich gehe langsam den Gang entlang. Zwei weltliche Schwestern schieben ein Krankenbett mit einer schlafenden bleichen Frau zum Lastenaufzug. Ich nicke ihnen freundlich zu, sie sehen mich ein wenig irritiert an.
    Operationssaal. Allerdings ohne Rotlicht. Kann sein, dass die Operation schon vorbei ist und ich dem Opfer gerade begegnet bin. Opfer. Die wollen das, Mira. Ich stecke meinen Kopf vorsichtig in die Tür. Vorraum. Bank. Großes Waschbecken, Einweghandtücher, Fenster. Nebenraum. „Anästhesie“ steht auf dem Schild. Kasten, Tropfgalgen, medizinische Geräte. Keiner da. Aufwachraum. Leer. Operationssaal. Ganz langsam öffne ich die Tür. Grünwald. Er starrt mich an. Ein böses Grinsen in seinem allzu glatten Gesicht. Einen übergroßen Wattebausch in der Hand. Ich schüttle den Kopf. Meine idiotische Fantasie. Es ist keiner zu sehen.
    „Professor Grünwald?“, rufe ich leise.
    Keine Antwort.
    „Triathleten. Der Bauernhof von Zulechner. Wir müssen reden. Sofort.“
    Keine Antwort. Verdammt. Der ist wirklich nicht da. Sein blöder Engel ... Allerdings: Es gibt noch einen Operationssaal. Unten, wo das Labor ist. Ich husche durch den Vorraum, wieder zurück auf den Gang. Ich schlucke. Ich will eigentlich nicht nach minus drei. Da ist auch der stillgelegte Wellnessbereich. Mira, mach dich nicht verrückt. Grünwald weiß nicht, dass du kommst. Wenn seine Sekretärin mit ihm redet, und ich glaube, dass sie das tun wird, dann wird er dich anrufen. Solltest du ihn aber überraschen, bist du im Vorteil. Ich steige in den Lift. Jetzt fährt er wieder bis nach minus drei. Die polizeilichen Ermittlungen rund um die Sauna scheinen vorbei zu sein.
    In diesem Stockwerk muss ich besonders vorsichtig sein. Was ist, wenn einer der Wissenschaftler auf die Toilette muss? Oh, ist das nicht die Touristin aus der Pension der Tante? Was macht die bei uns? Alarm. Übermacht. Da könnte nicht einmal Vesna mehr helfen. Vesna. Sie ist zwar in der Nähe, kann mich aber nicht sehen. „Ich bin bei Operationssaal zwei im dritten Untergeschoß. Ich schaue nach, ob Grünwald hier operiert.“
    Ich bin wie unter Strom. Oder als hätte mir jemand eine Dosis Psycho-Kampfstoff verabreicht. Brauche ich nicht. — Nat ist mit den Sportlern in Wien. Wir haben Ergebnisse, die kann der Polizeichef nicht einfach ignorieren. Es wird Zeit, meinem Chefredakteur einiges zu erzählen. Er wird Augen machen. Und die Idioten in der ,Magazin‘-Geschäftsführung auch. Ich schleiche am Labor vorbei, drei Türen, die in ehemalige Seminarräume führen. Die dicke Brandschutztür vor dem alten Wellnessbereich ist heute geschlossen. Ob sie auch versperrt ist? Ich werde nicht nachsehen. Die Aufschrift: „Operationssaal 2“. Hier gibt es gar keine Warnlampe. Ich drücke die Klinke. Die Tür geht auf. Vorsichtiger Blick. Vorraum. Waschbecken, Bank, vier Metallspinde. Ich bin beinahe sicher, dass auch hinter der nächsten Tür niemand ist. Ohne viel Vorsicht öffne ich sie. Vielleicht finde ich ja hier wenigstens die Geräte aus dem Operationssaal neben dem geräumten Kellerlabor. Ich starre hinein, schiebe die Tür wieder zu. Da liegt jemand auf dem Operationstisch. Ein anderer beugt sich über ihn. Ist bei einer Operation eigentlich ganz normal. Aber abgesehen davon, dass der Operateur kein keimfreies Outfit trägt ... passt da so einiges nicht. Oder hat mich wieder einmal meine Fantasie genarrt? Ich öffne die Tür erneut einen Spalt. Ich höre ein Keuchen.
    „Damit kommen Sie nie durch! Sofort aufhören! Ich befehle ...“ Grünwalds Stimme.
    „Wo ist der Stick? Du gibst mir den Stick und du bist mich los!“ Die Stimme von Sam Miller.
    Kann Vesna das mithören? Keine Ahnung, wie empfindlich das Mikrofon ist.
    „Wie lange spionieren Sie schon? Für wen haben Sie die Daten geklaut?“ Das ist wieder Grünwald. Dann ein langer, gequälter Schrei. „Nein! Aufhören!“ Stöhnen.
    Was macht der „nette Mensch“ mit Grünwald?
    „Ich werde Sie nicht verraten! Hören Sie auf! Ich werde gelähmt! Mein Rückenmark! Botox! Keiner kennt die Folgen einer Über... Nein! Nicht noch eine Dosis!“ Wieder ein Schrei, ein Brüllen. Ich muss
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