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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht
Autoren: Julia Arden
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dass er Gregor töten wollte?«
    »Und im Handgemenge dann selbst getötet wurde?«
    »Vorstellbar.«
    »Drechsler war immer ein besonnener Mann. Aber unter den gegebenen Umständen kann wohl auch der Besonnenste eine Kurzschlusshandlung begehen. Wer will das sagen? Ich halte es jedoch für wahrscheinlicher, dass Gregor Drechsler aus dem Weg haben wollte. Drechsler war zum damaligen Zeitpunkt der einzige Mitwisser, also eine Gefahr für Gregor. Und er hat diese Gefahr eliminiert.«
    »Die Verteidigung wird vorbringen, dass es von Betrug und Erpressung ein weiter Weg ist zum vorsätzlich geplanten Mord«, gab Sachs zu bedenken. »Gregors Philosophie, wird man sagen, entspräche es, unterzutauchen und sich eine neue Identität zulegen. Das ist seine Art, sich aus der Affäre zu ziehen.« Sachs sah Karen an.
    »Und was ist mit seiner offenen Drohung gegen mich und dem merkwürdigen Unfall auf der Baustelle? Sie erinnern sich an Frau Mehrings Aussage?«
    »Das Problem ist, selbst wenn Sie und Frau Mehring die Drohung bezeugen, für Gregors Beteiligung an dem Unfall gibt es keine Beweise. Im Grunde genommen können wir Gregor auch den Mord nicht wirklich beweisen. Es gibt keine Fingerabdrücke, keine Zeugen, nur Indizien.«
    »Das heißt, mit einem guten Anwalt kann Gregor der Mordanklage entgehen und bekommt nur ein paar Jahre wegen Betrugs.«
    »So sieht es im Moment aus«, bestätigte Sachs.
    Die Cafeteria der Universität war wie immer von einem Stimmengewirr, vergleichbar dem Summen eines Bienenstockes, ausgefüllt. Hinzu gesellte sich ein munteres Klirren von Tassen, Tellern und Besteck. Sylvia saß mit Anne an einem der kleinen Tische mitten im Raum.
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagte Sylvia ratlos. »Meine Worte prallen an Karen ab. Manchmal denke ich, sie gefällt sich in der Rolle der Leidenden. Ich habe ihr nun schon mehrmals deutlich gesagt, dass ich sie vermisse, dass ich sie liebe, dass ich noch nie für jemanden so empfunden habe. Aber sie bleibt stur. Wo ist ihre Coolness, ihre Souveränität?«
    »Na ja, in Gefühlssachen stellen wir uns wohl alle nicht besonders cool oder vernünftig an«, wandte Anne ein. »Ich erinnere mich, dass du noch vor kurzem ziemlich verwirrt vor mir gesessen und versucht hast, deine Gefühle für diese Frau zu verdrängen.«
    »Ja, ja«, erwiderte Sylvia ungeduldig. »Ich weiß, dass ich an der Situation nicht unschuldig bin. Aber wie lange soll ich noch warten, bis Karen ihr Schneckenhaus wieder verlässt?«
    »Ich will dich ja nicht noch mehr runterziehen. Aber wer sagt dir, dass sie es überhaupt tut?«
    Sylvia verlor alle Farbe im Gesicht. »Du meinst . . .«
    Anne zuckte mit den Schultern. Mit einem Blick auf die Uhr sagte sie: »Tut mir leid. Ich muss los.«
    Sylvia besann sich seufzend der etwa zwanzig Hausarbeiten des vierten Semesters, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelten, und stand ebenfalls auf. Sie ging in ihr Büro. Doch noch ehe sie zur ersten Arbeit greifen konnte, klingelte das Telefon. Sylvia nahm ab.
    Reeder meldete sich. Was er erzählte, hörte sich für Sylvia zunächst sehr verworren an. Es war von »neuen Umständen« im Kießling-Projekt die Rede, »größter Brisanz« und »Priorität von Kundenwünschen«. Wenn Sylvia ihn richtig verstand, wollte man von Seiten Kießlings einige Änderungen im Projekt durchgeführt haben, ziemlich umfangreiche sogar.
    Im Widerspruch zu dem, was Reeder sagte, stand das, wie er es sagte. Reeder schien nicht im geringsten verärgert. Im Gegenteil, er wirkte erfreut.
    »Ich schicke Ihnen in diesem Moment eine Kopie der Änderungswünsche per Fax. Schauen Sie sich alles genau an und besprechen Sie mit Frau Candela die notwendigen Schritte. Ihr habe ich das Fax vor fünfzehn Minuten zugesandt«, sagte Reeder jetzt.
    Sylvia sah auf das Papier, das gerade aus dem Fax kam.
    »Das bedeutet vorläufiger Baustopp und Überarbeitung der Pläne. Ist allen klar, was das kostet? An Geld und an Zeit! Und was ist mit dem Termin?« fragte Sylvia aufgebracht.
    »Machen Sie sich da mal keine Sorgen. Ich habe das geklärt. Der Termin wird natürlich geändert.«
    »Mit einem Mal?« wunderte Sylvia sich.
    »In der Geschäftsleitung bei Kießling gab es einen Führungswechsel. Und in solchen Fällen ist es nicht unüblich, dass der Nachfolger, um sich zu profilieren, die Entscheidungen seines Vorgängers anzweifelt oder sogar negiert. Das ist Politik.« Er lachte und verabschiedete sich.
    Sylvia legte auf. Und alles
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