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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht
Autoren: Julia Arden
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dass es Sie froh und stolz macht, hier teilnehmen zu dürfen. Aber Sie hatten eigentlich andere Pläne.« Das Funkeln in den Augen ihres Gegenübers ließ Sylvia erkennen, dass Karen Candela nicht wirklich eine ernsthafte Antwort auf ihre Frage erwartete.
    »Irgendwie schon«, erwiderte Sylvia lakonisch. »Es hatte etwas mit Erholung von den anderen sechs Tagen der Woche zu tun. Ein ruhiger Abend auf der Couch, ein Buch, ein Glas Wein, das Schnurren meines Haustigers – so in etwa.«
    »Sehen Sie es doch mal so«, schlug Karen vor. »Wenn der Projektentwurf Ihres Hauses gewinnt, heimsen Sie, garantiert sehr zum Ärger Ihres Chefs, den Ruhm ein!«
    »Nein, nein . . .« Sylvia winkte ab. Hier lag ganz offensichtlich ein Missverständnis vor. Karen hielt sie für eine Bewerberin, die, genau wie Karen selbst, auf die Bekanntgabe des Wettbewerbssiegers wartete. Sie wollte Karen aufklären, wurde jedoch von ihr unterbrochen.
    »Ich weiß, ich weiß. Sie sind sauer auf Ihren Chef. Aber immerhin hat er Ihnen zu diesem köstlichen Büfett verholfen. Und das genießen Sie doch, oder? Nun verderben Sie sich den Abend nicht durch selbst auferlegte schlechte Laune.«
    »So habe ich es allerdings noch nicht gesehen«, gab Sylvia schmunzelnd zu.
    »Sehen Sie, jetzt lächeln Sie. Das steht Ihnen übrigens sehr gut. Und nun werde ich Ihnen die Sache hier einmal erklären.« Mit einer ausholenden Handbewegung deutete Karen in den Raum. »Auch wenn das Ganze demnächst so aussieht, als ob eine illustre Gesellschaft nur dem Luxus frönt, dient es doch einem – wenn auch zunächst nicht erkennbaren – Zweck. Präsentation heißt das Zauberwort! Natürlich hofft jeder der Anwesenden, dass seine Firma den Zuschlag für das Projekt bekommt. Aber wenn nicht – halb so schlimm. Das Essen ist gut, der Champagner erlesen und, was das Wichtigste ist, man ist dabei, wird gesehen! Alte Kontakte auffrischen, neue knüpfen. Das ist das eigentliche Motto des Abends.«
    Amüsiert über die lakonische Interpretation im Stil einer Reiseleiterin gab Sylvia ihren Widerstand auf. Und auch den Versuch, Karen Candela über ihren Irrtum aufzuklären.
    »Sie haben recht. Ich sollte den Abend genießen.«
    »Braves Mädchen.«
    Sylvia musste sich ob dieser Anrede eine ironische Bemerkung verkneifen, war sie doch um einige Jahre älter als Karen, die sich jetzt augenzwinkernd bei Sylvia einhakte und sie mit sich führte. Sie tauchten ein in ein Meer aus belanglosen Fragen und Antworten, bis sich schließlich die allgemeine Aufmerksamkeit einem schlanken, hochgewachsenen Mann in dunkelblauem Anzug zuwandte. Er stand in der Mitte des Saales auf einer eigens aufgebauten Plattform. Sylvia erkannte Reeder, den Beauftragten der Mercura-Immobilien für das Kießling-Projekt. Er hob das Mikrofon zum Mund.
    »Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Bekanntgabe des Siegerentwurfs.« Ein breites Lächeln. »Ich erspare Ihnen und mir eine lange, umständliche Ansprache, denn niemand hier ist gekommen, um mich reden zu hören. Nur soviel: Art und Umfang des Projektes sind durchaus anspruchsvoll. Es geht um nicht weniger als eine neue Ausstellungshalle mit einer geplanten Bausumme von vier Millionen Euro, welche die Automobilvertretung Kießling in Auftrag gab. Eine hohe Investition in einen neuen Geschäftsstandort, an die sich seitens Kießlings natürlich höchste Erwartungen knüpfen. Empfangen Sie bitte den Ihnen gebührenden Dank für die eingereichten Arbeiten. Doch Sie alle wissen, gewinnen kann immer nur einer. Kurz und gut, die von uns ausgewählte Variante – hochwertige Architektur als reizvolles Ambiente für ein hochwertig industriell gefertigtes Produkt – ist der Entwurf des Architekturbüros ›Candela & Partner‹. Ich bitte Frau Candela zu mir.«
    Karen war den Ausführungen Reeders nur mit halbem Ohr gefolgt. Als sie jetzt ihren Namen hörte, schaute sie überrascht auf den Mann, der ihn ausgesprochen hatte. Dann wanderte ihr Blick zu Sylvia. Das erste Mal an diesem Abend sah diese einen Anflug von Unsicherheit bei Karen.
    »Herzlichen Glückwunsch«, gratulierte Sylvia. Als sie merkte, dass Karen ihre Hand nicht losließ, sagte sie leise, aber eindringlich: »Sie müssen jetzt da rauf«, und schob Karen in Richtung Podium. In dem anschließenden Gedränge verlor Karen Sylvia aus den Augen. Sie bedauerte es.
    Reeder stellte sich Karen zunächst persönlich, anschließend die Vertreter Kießlings vor. Man tauschte allgemeine Floskeln
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