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Unter Sternenjaegern

Unter Sternenjaegern

Titel: Unter Sternenjaegern
Autoren: Jo Clayton
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Vaters Land, das jetzt ihm gehörte. Obwohl mehrere Bohlen der Brücke zerbrochen waren oder fehlten, schienen die Pfähle kräftig genug. Vorsichtig betrat er sie, hielt sich dicht an das wacklige Geländer. Die Brücke zitterte unter seinen Füßen und ächzte jedesmal, wenn er Druck darauf legte, aber sie hielt sein Gewicht aus, während er hinüberging. Er trat zögernd in den Schatten der Ufagiosh-Bäume und ging mit zunehmender Langsamkeit auf die Stelle zu, wo die Ufagiosh mit einer verwilderten Emwilea-Hecke verschmolzen. Die Übelkeit in seinem Magen kehrte zurück. Seine Emwilea. Jetzt üppig und verwildert. Rohrstengel, die aufs Geratewohl aus der festen Mitte wuchsen und sich wie Stacheldraht mit Giftspitzen über die gefurchte Erde wanden. Die hohen Wurzeln wurden von den runden, flaumigen Hasenkrautblättern erstickt. Damals, als er ein Junge gewesen war, ein kleiner, silbergrüner Zappelphilipp, der lieber mit den Farash gelaufen wäre, statt in der Erde zu wühlen, hatte er eine langweilige Stunde nach der anderen damit verbracht, die Hecke an diesem Teil des Pfades zu pflegen.
    Er zögerte, schaute auf. Durch die spärlichen Blätter des Ufagio konnte er sehen, wie sich die Wolken senkten, wie der Wind den Staub hochpeitschte und der Trockensturm auf ihn zukam. Ein weiterer Plan vermurkst. Finster blickte er nach Süden. Vier Stunden Vorsprung vor ihnen. Aber der Sturm würde sie ein wenig langsamer werden lassen. Er ging langsam an der Emwilea-Hecke entlang weiter, die Schultern vorgebeugt, den Kopf gesenkt. Zorn: heiß, bereit zu explodieren und die Fetzen seiner Seele über das Land zu speien. Kummer: wie Säure, die an ihm fraß, ein Jucken, für das es keine Linderung gab. Angst: kälter als das Gletscher-Eis, über das er den Faras hatte gehen lassen, als er die Jinolimas hin und zurück überquert hatte. Zorn-Kummer-Angst preßten sich auf sein Bewußtsein.
    Der Uauawimbony-Baum vor dem Tor dämpfte seine Pein und klapperte eine Warnung. Niemand mehr zu warnen da. Manoreh duckte sich unter die Schirmspanne der peitschenartigen Zweige und legte seine Handfläche auf den Gehirnknoten, eine dunkle Wölbung, wie ein Kopf, der auf einer Ausbreitung von vierundzwanzig Beinen saß, dem kegelförmigen Kreis von Stämmen, die sich in der Mitte vereinten, um eine dunkle, geheime Höhle zu bilden, in der er früher immer kichernd gesessen hatte, während der Wimbony wie etwas Wildes umherpeitschte. Das straffe Holz war kühl und besänftigend unter seiner Hand und erinnerte ihn an eine glückliche Zeit. Er blieb einen Augenblick stehen, zögerte, an das schmerzhafte Jetzt zu denken, aber der Sand erhob sich, wehte über das Land, die Körner sprangen wie Flöhe unter die Zweigspitzen. Er kehrte um, bückte sich unter dem Rand hindurch und ging zum Tor.
    Das geschnitzte Tor war niedergerissen, die Torpfosten ragten wie abgebrochene Zähne auf. Der Wachtturm war eine Ruine, verfallen, von einem der Stürme, die geweht hatten, seit er aufgebrochen worden war, über den Boden ausgebreitet. Er kniete neben dem verfallenen Tor nieder und riß ein Stück los. Seine Finger verdrehten die schwammigen Reste, die von der Zeit und den tunnelgrabenden Siafu weggefressen wurden. Das Holz verwandelte sich in seinen Händen zu Staub und Splittern, und Dutzende von Siafu-Eiern fielen auf den fleckigen Kies hinunter. Staub. Manoreh öffnete die Finger und starrte auf den stumpfen, grauen Staub, der sie überzog. Er wischte die Hand an der Vorderseite seines Wamses ab. Staub. Er stand auf und ging über das knirschende Holz in die stillen, zertrümmerten Unterkünfte der verpflichteten Familien.
    Dahingeschwundene Lehmhäuser, verstreutes und faulendes Dachstroh, Dachsparren, die wie alte Knochen aufragten. Und still. Bis auf die Staubkörner, die auf der Erde entlangwisperten, und den heulenden Wind. Er ging die furchendurchzogene Straße entlang, erinnerte sich an die lauten Rufe der Weber und Färber, das Klirren aus der Schmiede, den Gesang des Geschichtenerzählers inmitten eines Rings von Kindern, die Rufe von Kindern, die nackt durch Straßen und Seitengassen liefen. Mit lebhaften menschlichen Stimmen und den Geräuschen regen Lebens angefüllt, bevor die Hasen gekommen waren, war es jetzt eine stumme Anklage gegen ihn. Warum lebte er? Und warum ließ er das Land tot zurück?
    Der Wind steigerte sich zu einem Heulen und zupfte an seiner zerzausten, dunkelblauen Haarmähne. Stumm ging er an der Leere vorbei, während
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