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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Autoren: Nele Neuhaus
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woanders neu zu beginnen. Seine Gedanken schweiften unwillkürlich wieder zu Alex. Wie seltsam das Leben spielte! Letztlich verdankte er es ausgerechnet Vitali, dass er sie kennen gelernt hatte. Es dämmerte schon, als die Limousine das Eingangstor des Klosters St. Ignatius passierte. Bevor Nick zu Pater Kevin ging, bog er in den Kreuzgang ein, um zum Friedhof zu gelangen. Zwar gab es niemanden mehr, mit dem er reden konnte, aber an Marys Grab hatte er wenigstens das Gefühl, dass sie ihm zuhörte. Als er die Tür zum Kreuzgang öffnete, erblickte er auf dem Innenhof, der von den letzten Strahlen der untergehenden Dezembersonne erhellt wurde, Alex und Oliver Skerritt auf einer Bank unter den kahlen Ästen der mächtigen Kastanie. Es versetzte seinem Herzen einen schmerzhaften Stich, als er sah, dass Oliver seinen Arm um Alex’ Schultern gelegt hatte. Einen Moment starrte er zu ihnen hinüber, dann schloss er lautlos die Tür und nahm einen anderen Weg hinaus auf den Friedhof.
    ***
    Alex und Oliver saßen nebeneinander auf der Bank im Garten des Klosters, der sich inmitten des Kreuzgangs befand. Schweigend hielt er ihre Hand. Zu viel Entsetzliches war geschehen, zu frisch waren die Erinnerungen, um darüber zu sprechen.
    »Warum habe ich damals nur nicht auf dich gehört?«, sagte Alex schließlich mit leiser Stimme. »Ich bin Schuld an allem, was euch passiert ist. Und vielleicht sind Mark und Justin gar nicht mehr am Leben.«
    Oliver wandte den Kopf und blickte sie an. Er erinnerte sich an ihre erste Begegnung im Battery Park, an ihr zufälliges Zusammentreffen in Greenich Village und die erste Nacht, die siegemeinsam verbracht hatten. Das alles schien in einem anderen Leben stattgefunden zu haben.
    »Mark hat gewusst, auf was er sich einlässt«, erwiderte er, »und Justin und ich wussten es auch. Du hast uns nie darüber im Zweifel gelassen, dass es gefährlich werden könnte.«
    Sie reagierte nicht auf seine Worte, fast so, als habe sie ihn gar nicht gehört. Ein verlorener Ausdruck lag auf ihrem blassen Gesicht. Oliver legte einen Arm um ihre Schultern. Sie lehnte sich leicht gegen ihn und schloss die Augen.
    »Was wirst du tun, wenn alles vorbei ist?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Alex müde, »ich weiß überhaupt nichts mehr. Was wirst du machen?«
    »Das Kapitel New York ist für mich erledigt«, sagte Oliver. »Ich werde mein Loft verkaufen und nach Hause zu meinen Eltern gehen. Mein Vater wird alt, vielleicht übernehme ich seine Fangflotte. Und schreibe ein Buch. Genug Stoff habe ich ja wirklich.«
    Alex lächelte leicht und öffnete wieder die Augen.
    »Komm mit mir nach Maine«, schlug Oliver vor, »wenigstens für eine Weile.«
    »Nach Maine …«, Alex seufzte. »Das scheint mir weit genug weg zu sein von alldem hier.«
    Sie schwiegen wieder eine ganze Weile. Die blasse Dezembersonne verschwand hinter dem Turm der Klosterkirche, es wurde kalt.
    »Ich weiß, dass es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist«, flüsterte Oliver, »aber ich möchte, dass du weißt, wie gern ich dich habe.«
    Alex biss sich auf die Lippe und schluckte. Dann blickte sie ihn an.
    »Ich mag dich auch sehr gerne, Oliver. Aber …«, sie verstummte, suchte nach den richtigen Worten.
    »Alex, ich will dich auf keinen Fall unter Druck setzen. Du bist mir in keiner Weise verpflichtet, aber du bist nun einmal die wunderbarste Frau, die ich je kennen gelernt habe. Ich kann damit leben, wenn du mir sagst, dass du mich nicht liebst, aber ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte.«
    Er lächelte traurig. Sie wandte den Kopf und blickte ihn an.
    »Du liebst Kostidis, nicht wahr?«, fragte er leise. Alex’ grüne Augen waren unergründlich, aber dann nickte sie langsam.
    »Ich glaube ja«, erwiderte sie.
    »Er liebt dich auch. Gegen ihn habe ich wohl keine Chance.«
    »Ach, Oliver«, plötzlich schlang Alex die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn, »ich wünschte, wir wären uns unter anderen Umständen begegnet. Ich wünschte, ich hätte die Finger von Vitali gelassen. Ich wünschte, ich hätte nie etwas von LMI, von SeaStarFriends und den ganzen Sachen gehört. Ja, manchmal wünschte ich sogar, ich wäre niemals aus Deutschland hierhergekommen.«
    Oliver schloss sie in seine Arme und hielt sie fest.
    »Wer weiß, wozu das alles gut war«, er hob sanft ihr Gesicht und sah sie lange an.
    »Versprichst du mir, dass wir Freunde bleiben?«
    »Ja«, Alex nickte ernst, »das
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