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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen
Autoren: Natalie Luca
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ich überhaupt bemerkte, dass sie nicht mehr an meiner Seite war. Als ich mich zu ihr umdrehte, stand sie mit verschränkten Armen da.
    »Was ist los?«, fragte ich verwundert.
    Anne wartete, bis die Gruppe von Schülern, die gerade an uns vorbeiging, im Gang neben uns verschwunden war.
    »Was sollte das eben?«, brach es plötzlich aus ihr hervor. Ihr Tonfall war viel schärfer, als ich es gewohnt war.
    »Was sollte was?«, fragte ich verwirrt.
    »Lass sie doch in Ruhe« , imitierte sie meinen Ton. » Wir müssen doch nicht ständig auf ihnen herumhacken. Bist du jetzt auf ihrer Seite, oder was?«
    Ich runzelte die Stirn. »Unsinn. Ich finde bloß … ich meine, vielleicht steckt mehr hinter ihrem blöden Gehabe. Vielleicht wissen wir nicht alles über sie.«
    »Wir wissen genug über sie«, murmelte Anne giftig. »Sie haben alles .« Sie starrte mich mit verschränkten Armen an. »War ja klar, dass es irgendwann so kommen würde.«
    »Was ist denn jetzt los?«, fragte ich entgeistert. »Wie kommen würde? Wovon sprichst du eigentlich?«
    Anne biss sich auf die Lippen und starrte auf den Fußboden. Ich hatte keine Ahnung, wohin dieses Gespräch führte, aber mir wurde plötzlich übel, die Art von Übelkeit, die nicht einmal Nathaniels beruhigender Händedruck vertreiben konnte.
    »Wovon sprichst du?«, wiederholte ich leise.
    Als Anne mich wieder ansah, hatte sie Tränen in den Augen. »War ja klar, dass du dich irgendwann auf ihre Seite schlagen würdest!«
    »Ich – was ?« Mir blieb die Luft weg. Ich konnte nicht glauben, dass Anne diese Worte tatsächlich ausgesprochen hatte.
    »Sieh dich doch an!« Sie gestikulierte wild in meine Richtung. »Du bist perfekt ! Du ziehst einfach irgendwas an und siehst aus wie direkt vom Laufsteg gehüpft, und ich mache tausend Diäten und … und … alle Jungs drehen sich nach dir um und du merkst es nicht einmal! Und der coolste, netteste, beste Junge von allen ist verrückt nach dir, und du … es ist dir einfach egal! Weil du bestimmt einen hast, der noch besser ist, genau wie sie, aber du erzählst es nicht einmal mir, deiner besten Freundin! Du passt doch viel besser zu ihnen, als zu jemandem wie – mir .«
    Anne biss sich wieder auf die Lippen, diesmal, um ihre Tränen zurückzudrängen.
    Ich starrte sie einige Augenblicke sprachlos an.
    »Du bist in Tom verliebt«, begriff ich langsam.
    »Neben dir bemerkt er mich nicht einmal!« Anne unterdrückte ein Schluchzen. »Chrissy und Mark haben einander gefunden, und du hast deinen mysteriösen Traummann – und die halbe Schule schmachtet dich sowieso an - und ich bin wie immer nur die lustige, pummelige Anne!« Jetzt schluchzte sie tatsächlich. »Also, wenn du lieber zu der coolen, hübschen Clique gehören willst …«
    » Spinnst du? « Ich ließ Nathaniels Hand los und griff Anne an beiden Schultern, damit sie mich ansah. »Denkst du im Ernst, ich will zur A-Liga gehören? Wie lange trägst du diesen Quatsch schon mit dir herum?«
    Anne schniefte und zuckte mit den Schultern.
    »Ich kann nicht glauben, dass du tatsächlich so denkst!« Ich war fassungslos. »Du kennst mich schon so lange, du weißt genau, dass mein Leben nicht perfekt ist! Und glaube mir, das Leben von Katharina, Ariana und Sarah ist es auch nicht. Und was die anderen Jungs betrifft – glaubst du, ich will das? Ich lege es nicht darauf an, mich interessieren die doch nicht.«
    »Genau das ist es ja! Du strengst dich nicht einmal an! Ich schon, ich strenge mich an, genau wie die A-Liga, und bei ihnen funktioniert es, warum nicht bei mir?«
    Ich starrte Anne an, als würde ich sie zum ersten Mal sehen.
    »Ich war nie cool genug, um dazuzugehören«, murmelte Anne. »Aber ich dachte, dass du vielleicht, eines Tages …«
    »Was? Dass ich eines Tages den plötzlichen Wunsch verspüren könnte, mich einem Haufen hohler, oberflächlicher Modepuppen anzuschließen, und meine beste, aber geistig unzurechnungsfähige Freundin zu verlassen?«
    Wir standen einander auf dem leeren Gang gegenüber, denn die Glocke hatte mittlerweile geläutet, und die Schüler waren in den Klassenräumen verschwunden.
    Nathaniel stand schweigend an meiner Seite, während ich mit fassungslos ausgestreckten Armen vor Anne stand und nicht glauben konnte, was gerade passierte.
    »Bist du irre?« Ich schüttelte den Kopf und starrte Anne an. »Du bist meine beste Freundin, weil du nicht so bist wie diese a- … a… ich kann das nicht !« Ich fuchtelte frustriert mit meinen Händen in
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