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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins
Autoren: Jürgen Ebertowski
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weiter«, röchelte Randhuber. »Meunier, Burmeister soll sofort herkommen! Das ist ein Befehl!«
    Karl legte die kurzläufige italienische Maschinenpistole, die er gegen den sperrigen Karabiner getauscht hatte, auf den Rezeptionstresen und rief im Bunker an.
    »Halt, Meunier! Sagen Sie ihm, er soll von unten gleich über die Direktleitung ein Ersatzfahrzeug anfordern«, sagte Randhuber. »Einen Lastwagen!«
    ›Sieh mal einer an!‹ dachte Karl. ›Eine Direktleitung! Und wohin geht die?‹
    »Wir könnten den Mercedes beschlagnahmen. Er scheint nichts abbekommen zu haben«, sagte der Fahrer.
    »Unmöglich, damit kriegen wir die Ladung nicht weg.« Randhuber zitterte, als er sich eine Zigarette anzündete.
    Der SS-Mann zuckte mit den Achseln.
    Holtsen sagte: »Requirieren Sie den Wagen trotzdem!«
    Der Fahrer schaute Randhuber fragend an.
    »Von mir aus, schaden kann es nichts.«
    Der Fahrer rannte zur Stahltür.
    Als Burmeister in die Vorhalle trat, war Randhuber wieder einigermaßen bei Atem. Er inhalierte tief den Zigarettenrauch. »Und, haben Sie etwas erreicht?«
    »Leider nein, Herr Obersturmbannführer.«
    »Ja, verdammt noch mal! Haben Sie es auch in der Reichskanzlei versucht? Da gibt es noch Panzerspähwagen.«
    »Bedaure, Herr Obersturmbannführer! Ich habe überall herumtelefoniert. Es gibt keine freien Fahrzeuge.«
    »Dann werfen Sie mal einen Blick auf diesen Befehl!« Randhuber zog ein Schreiben aus seiner Brusttasche und zeigte es Burmeister.
    Der nahm Haltung an und sagte: »Ich probiere es noch mal.« Er rannte zur Telefonzentrale.
    »Wir müssen uns beeilen, sonst ist der Panzerzug weg«, sagte Holtsen sichtlich nervös. »Wir nehmen den Mercedes.«
    »Warten wir, was er sagt.« Randhuber sog gierig an seiner Zigarette.
    Burmeister mußte wieder bedauern. »Die Leitung zum Standartenführer ist gestört. Ich könnte einen Melder durch den Tunnel schicken.«
    ›Standartenführer?‹ dachte Karl. ›Standartenführer – Zander? ‹
    »Das dauert zu lange«, sagte Holtsen.
    »Er hat recht«, sagte Randhuber. »Uns bleiben knapp fünfzehn Minuten bis zum Güterbahnhof.«
    Randhuber trat die Zigarette auf dem Teppich aus. »Also gut! Wir nehmen den Mercedes! Ich benötige fünf, sechs Männer, um umzuladen. Burmeister – was nicht mitgeht, darum müssen Sie sich kümmern!«
    »Zu Befehl, Herr Obersturmbannführer!« Burmeister bellte Kommandos ins Telefon. Was weiter geschah, erfuhr Karl nicht. Burmeister ließ von seinen Leuten Vorhalle und Lobby räumen.
    Karl unterwies die Volkssturmabteilung Gruppe Adlon weniger in der Handhabung der dürftigen Waffen als in der Kunst, zu überleben. Er übte mit den Leuten, wie man sich tarnt und die kleinste Deckung ausnutzt.
    Kassner machte sich weitgehend unsichtbar. Um so martialischer gebärdete er sich, wenn er die Truppe inspizierte. Seine Ratschläge gegen die russischen T 34 waren einfach: »Panzerfäuste immer gleich in Serien abfeuern, oder, alter Infanterietrick, meine Herren: Panzer kommt, sich flachlegen und überrollen lassen, dabei eine Haftmine anbringen!«
    Die Männer nickten, sagten »Jawoll!« und dachten sich ihren Teil. Es gab weder Haftminen noch ausreichend Panzerfäuste. Nach seinen kurzen anfeuernden Auftritten zog sich Kassner unverzüglich zurück, angeblich, um mit den anderen Adlon -Verteidigern in seinem »Stabsbüro« Kriegsrat zu halten. Aber jedesmal, wenn jemand etwas von ihm wollte, war das Büro leer. Karl bat Richard herauszufinden, wohin Kassner nach den Appellen verschwand.
    »Er trifft Burmeister im Wirtschaftsflügel, und sie gehen dann die Treppe zum Weinkeller runter. Weiter habe ich mich nicht getraut, Karl. Manchmal steht im Treppenaufgang einer mit einer Maschinenpistole.«
    Karl setzte die Ausbildung fort, indem er den Männern zeigte, wo man am besten die Waffen versteckte, wenn die Russen das Hotel stürmen sollten. Von Zeit zu Zeit verzog er sich in Obiers Büro, öffnete behutsam spaltbreit eine Durchreiche und beobachtete das Treiben im Weinkeller. Die Durchreiche war vom Keller aus schwer zu erkennen. Ein Stapel leerer Fässer verdeckte sie weitgehend. Burmeister legte offenbar ein Vorratslager an. Einmal schleppten er, Kassner und Stanner mehrere Holzkisten in den Schutzraum, die Blei zu enthalten schienen; auch die kleinste Kiste mußten sie zu zweit tragen.

12.
    D AS L AZARETT IM A DLON
    Karl hatte nur noch zwei Wünsche: Vera zu sehen und zu schlafen.
    Die Gongs waren verstummt; die Alliierten hatten
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