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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01
Autoren: Douglass Sara
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vorankam. Die Dämmerung stand kurz bevor, und Ramu wollte das offene Land hinter sich haben, wenn die Sonne sich am Himmel erhob.
    Sie erreichten den Taleingang, als es im Osten hell wurde. Die junge Frau hielt sich mittlerweile die Seite, rang nach Atem und hatte Mühe, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Jeder Schritt löste ein scharfes Stechen in ihrem Brustkorb aus. Aschure fragte sich schon, ob Hagens Geist sich etwa für den Mord an ihr rächen wollte. Der Aware bewegte sich immer noch mühelos, obwohl er Schra an der Hüfte trug. Allen Verletzungen zum Trotz, die die Dörfler ihm mit ihren Eisenstangen zugefügt hatten, besaß er offensichtlich schier unbegrenzte Kräfte. Die junge Frau wußte, daß er ohne sie längst in der Heimat gewesen wäre.
    Sie erreichten alsbald die Stelle, wo der Nordra durch das Verbotene Tal aus dem Schattenland austrat – dem Awarinheim der Unaussprechlichen. Der Fluß donnerte und rauschte durch die enge Begrenzung des Felsschlunds. Aschure und Ramu mußten sich vorsichtig fortbewegen, denn der schmale Pfad, der an dem brodelnden Wasserlauf entlangführte, erwies sich als tückisch und glitschig. An manchen Stellen fanden sie kaum Platz, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Aschure schlug jedesmal das Herz bis zum Hals, wenn sie mitansehen mußte, wie Ramu abrutschte, oder wenn sie selbst den Boden unter den Füßen zu verlieren drohte. Nur einen halben Meter von ihnen entfernt donnerte der Nordra mit wütender Macht vorbei. Wer in diese wilde Gischt geriet, war unweigerlich verloren.
    Nach einer halben Ewigkeit sah die völlig durchnäßte junge Frau, wie der Priester anhielt und eine Rast einlegte.
    »Seht nur!« rief er ihr laut genug zu, um das Getöse des Flusses zu übertönen. »Vor uns liegt Awarinheim. Wir sind fast da.«
    Aschure strengte die Augen an. Gut fünfzig Schritte weiter vorn verbreiterte sich das Tal, und dort entdeckte sie das Dunkel unzähliger dicht beieinanderstehender Bäume. Ja, sie hatten es fast geschafft. Erleichtert wandte sie sich zu dem Awaren um, der aber starrte mittlerweile in eine ganz andere Richtung. Hinter ihnen bewegte sich etwas. Die Miene des Mannes verzerrte sich vor Entsetzen. Aschure drehte sich etwas zu hastig um und drohte das Gleichgewicht zu verlieren. Der Axtherr folgte ihnen und war noch höchstens zwanzig Schritte entfernt! Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
    Ramu legte seiner Begleiterin eine schwere Hand auf die Schulter und reichte ihr das kleine Mädchen. »Geht ohne mich«, befahl er, »und lauft, so weit Ihr könnt. Keine Angst, der Weg wird bald breiter und sicherer. Sobald Eure Kräfte es zulassen, lauft, was Eure Beine hergeben. Das Kind muß unbedingt nach Awarinheim! Fürchtet nicht um mich, ich halte den Feind auf.«
    Die junge Frau wollte widersprechen, aber der Zauberer schob sie schon den Weg hinauf. »Fort mit Euch!« drängte er grimmig. Und Aschure lief los, so rasch sie auf dem schlüpfrigen Boden vorwärtskam. Sie spürte, daß der Aware ihr folgte. Ihr Atem ging rasselnd, und Angst schnürte ihr zusätzlich die Kehle zu. Hagen mochte dem Axtherrn nicht sonderlich angenehm gewesen sein – als Soldat der Kirche indessen täte er alles, um den Mörder des Priesters zu fassen. Und Belial? Den Tod seines geliebten Leutnants würde er erst recht nicht verwinden und den drei Flüchtlingen keine Gnade gewähren.
    Während Aschure mit letzter Kraft vorwärtsstolperte, machte sie sich wieder bitterste Vorwürfe, Belial niedergeschlagen und getötet zu haben. Wenigstens erwies sich der Boden nicht mehr als so trügerisch, denn der Weg führte jetzt vom Fluß weg. Awarinheim lag nur noch zwanzig Schritte vor ihnen – sie würden es doch noch schaffen! Sobald sie die Bäume erreicht hätten, wüßte der Awarenpriester seine beiden Begleiterinnen schon zu verstecken und zu beschützen.
    Unvermittelt tauchte eine Frau vor ihnen auf und streckte beide Hände nach dem Kind aus. Aschures Herz klopfte schneller – Goldfeder! Ihr silbernes Haar leuchtete hell in den Strahlen der Sonne, die gerade in dem Tal aufging. Gerettet!
    Doch dann kam es doch ganz anders! Aschure hörte, wie jemand scharf einatmete, dann einen dumpfen Schlag und unmittelbar darauf ein Krachen. Sie warf sich herum, und wiederum wären ihr beinahe die Füße weggerutscht. Der Aware war zehn Schritte hinter ihnen zurückgeblieben, um den Axtherrn abzuwehren und der Frau und dem Kind Gelegenheit zum Entkommen zu geben. Doch kurz bevor Axis
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