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Unter dem Schwertmond

Unter dem Schwertmond

Titel: Unter dem Schwertmond
Autoren: Hans Kneifel
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auf ihn. Die Orhakoreiter des Shallad würden dafür sorgen, dass er nicht ruhig schlafen konnte.
    *
    Immer wieder stand dieselbe Folge von Entsetzen und Kampf, Furcht und verzweifeltem Mut vor ihm. Jedesmal fingen seine Finger wieder unkontrolliert zu zittern an. Jedesmal brach der kalte Schweiß auf jeder Handbreit seines Körpers aus. Auch jetzt, als er sich aus dem Winkel zwischen Felsen und Sanddüne hervorschleppte, holten ihn die Erinnerungen wieder ein.
    Die ersten hundert Mannslängen, vom Rand der Karawane bis zu den torähnlichen Felsen vor Deneba, hatte er nicht gedacht, sondern nur instinktiv gehandelt. Er wollte die Prinzessin dem Rebellenanführer übergeben, wie er es versprochen hatte, wie es zum Plan gehörte. Aber die Entschlossenheit dieses Luxon, nachdem der Alte seine Wahrheiten herausgeschrien hatte, vereitelte sein Vorhaben.
    Luxon!
    Hadamur und Shakar, damals; jedes Wort entsprach der Wahrheit. Luxon also war tatsächlich der Sohn Rhiads, und er lebte, und er hatte ihn verfolgt. Die Erinnerungen vermischten sich mit der Wirklichkeit. Keuchend holte Algajar Luft und schüttelte Sand aus dem Haar und aus den Fetzen seiner Kleidung. Er bückte sich und zog das Schwert aus dem Sand hervor. Es war sein Schwert, er erkannte es an der Zeichnung auf der Schneide. Das glänzende Metall war von verkrustetem Blut bedeckt.
    Die Dämonen hatten das Pferd der Prinzessin überfallen, getötet und zerrissen. Er warf sich zwischen die kreischenden Bewohner der Geisterstadt und war entschlossen, dieses Mal – nur dieses eine einzige Mal! – dem Xandor kein Opfer zu übergeben.
    Das Leuchten der Felsen, des Sandes und des Kraters, das Schreien und Wimmern der Kreaturen und die unerträglichen Schmerzen in seinem Schädel hatten ihn verwirrt und halb wahnsinnig gemacht. Er rettete die Prinzessin, indem er in rasender Wut mehr hilflos als gezielt um sich schlug und das Mädchen zu sich in den Sattel zog und zerrte. Sie klammerte sich an seinen Schwertarm und behinderte ihn. Es gelang ihm trotzdem, das Orhako weiterzutreiben und dem ersten Überfall zu entkommen.
    Dann riss seine Erinnerung ab.
    Algajar lehnte sich an den Felsen und schüttelte den Kopf. Er war lebend aus Deneba entkommen. Nur das zählte im Augenblick. Niemals in seinem Leben war er dem Tod so nahe gewesen. Was war weiter geschehen? Mit der Prinzessin war er weiter ins Dämonental vorgedrungen. Noch immer hatte sich Hodjaf nicht gezeigt, auch keiner seiner Krieger. Die Kreaturen des Tals waren aus ihren Löchern gesprungen, hatten geschrien und gewimmert und sich selbst angegriffen und…
    Langsam, hungrig und mit ausgedörrter Kehle stolperte Algajar den Hang hinunter. Überall war Sand. Sogar zwischen seinen Zähnen, aber das merkte er nicht. Er schien es geschafft zu haben, lebend aus Deneba zu entkommen. Er erinnerte sich wieder an eine Reihe von Szenen.
    Das Orhako hatte den Befehlen nicht mehr gehorcht und war wie rasend davongestürmt. Nicht wie rasend -es war rasend gewesen. Die Strahlung oder die Summierung der Schreie und des Wimmerns hatten nicht nur den Verstand der beiden Menschen, sondern auch das Hirn des Laufvogels geschädigt. Am Rand des Kraters war das Orhako endgültig wahnsinnig geworden. Es hatte Algajar aus dem Sattel geschleudert. Das Mädchen, das er im Arm gehalten hatte, stürzte mit ihm zusammen in den glimmenden Sand und überschlug sich, als sie den Kraterrand hinunterrollten. Sofort waren die Schlangen dagewesen. Er kannte den Krater und die Schlangen, denn er hatte oftmals Menschen, die dem Shallad unliebsam waren, die er zum Tod durch Verschwinden verurteilt hatte, oder auch andere Opfer, die der Willkür des Hadamur das grauenvolle Ende ihres Lebens zu verdanken hatten, hierhergeschleppt. Sie alle waren von den Kreaturen und Chimären getötet worden – oder Aszorg hatte sie an sich gerissen und ihnen das Leben ausgesaugt.
    Und jetzt, als der glimmende Sand über ihnen zusammenschlug, war er aufgesprungen und hatte die ersten Schlangen getötet. Einige Augenblick später schleppten die Tiere, nichts anderes als die wirklichen Muskeln und Nerven des denaturierten Xandors, die Prinzessin davon, in den Bereich der Finger Aszorgs. Und schon griffen die gierigen Finger zu.
    Von Entsetzen und Verwirrung gepeitscht, flüchtete Algajar. Hinter sich hörte er durch das Wimmern und Kreischen der Chimären die Todesschreie der Prinzessin. Mit der gezogenen Waffe in der Hand und krank vor Furcht und Schrecken, rannte er
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