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Unter dem Schwertmond

Unter dem Schwertmond

Titel: Unter dem Schwertmond
Autoren: Hans Kneifel
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es auch sicherlich richtig, dass jener Algajar vor langer Zeit einer der Verschwörer gewesen war, die Luxons Vater ermordeten.
    »Bist du sicher, Vater Shakar?« fragte Luxon. Er hatte strengsten Befehl gegeben, dass es Shakar an nichts fehlen sollte. Die Angehörigen der Karawane fächelten ihm Luft zu, wuschen ihn, brachten ihm zu trinken und zu essen und sahen immer wieder nach ihm. Besser konnte es niemandem auf einem solchen Marsch ergehen, selbst wenn man seinetwegen nicht schnell und zügig reisen konnte.
    »Ich muss ihn sehen«, murmelte der alte Mann. »Ich erkenne ihn wieder, ganz bestimmt.«
    »Er wird sich an dich erinnern?« fragte Luxon.
    »Möglich. Nein… ich denke nicht.«
    Luxon nickte und ahnte kommendes Unheil. Andererseits verschaffte ihm das Wissen Shakars einen kleinen Vorteil gegenüber dem Anführer der dezimierten Karawane. Er strich über den knochigen Arm Shakars, wendete sein Pferd und sprengte wieder bis zur Spitze des Zuges. Er sah, dass die Verwundeten versorgt und auf die Diromen gehoben wurden.
    Abseits der Straße stand regungslos das Orhako des Anführers. Das Tier trug die Kapuze über dem Schädel und versuchte, sie abzustreifen, indem es den Kopf zwischen den Beinen rieb und heftig hin und her warf.
    Algajar saß ruhig im Sattel und sah zu, wie ein Diromentreiber das Tier der Prinzessin herbeiführte und den Leitzügel am Gestell des davor schreitenden Lastvogels befestigte. Sein hartes Gesicht ließ nicht erkennen, was er dachte. Er war alles andere als erfreut. Der Tod seiner Männer schmerzte ihn kaum, denn er hatte ihn seit dem Anfang der Reise in seine Überlegungen einbezogen. Ihn ärgerte bis zur kochenden Wut, dass dieser verdammte Luxon seinen Plan verdorben hatte. Nicht nur seinen Plan, sondern auch den des Shallad!
    Algajar spuckte in den Sand und schluckte einen Fluch hinunter. Er wartete scheinbar geduldig, bis es weiterging.
    Sie wurden mit den Bergrebellen und Wegelagerern nicht fertig, die vielen zersplitterten Wachtposten des Shallad Hadamur in diesem unwirtlichen Gebiet. Also warf man Hodjaf einen Köder hin, der aus der lieblichen Prinzessin Nohji bestand. Sie sollte den Kampf überleben und von Hodjaf »geraubt« werden. Als seine selbstverständliche Beute konnte sie ihn langsam und sicher auf die Seite des Shallad bugsieren, ihm Ideen eingeben und ihn von deren Richtigkeit überzeugen – und dies alles in den Stunden der Leidenschaftlichkeit. Dieses Verfahren wirkte fast immer. Nicht zum erstenmal war der Shallad angesichts seiner vielen Tochter zu dem Entschluss gekommen, Friedenspolitik gegen Schönheit und Jungfräulichkeit zu verschachern.
    »Was tun?« murmelte Algajar im Selbstgespräch. Für den Augenblick musste er sich dreinschicken und gute Miene zum Spiel machen, das nicht in seinem Sinn abgelaufen war.
    Erst jetzt dachte er daran, auf welche Weise sich der Anführer der großen Karawane eingeführt hatte. Er verstand wirklich etwas vom Kämpfen! Jeder Pfeil hatte getroffen und hatte eine tödliche Wunde geschlagen, obwohl der Schütze in vollem Galopp schoss .
    Algajar hob die Schultern und warf einen langen, nachdenklichen Blick auf Luxon. Er grinste kalt, denn er sagte sich, dass früher oder später seine Stunde kommen würde. Er hatte ein Scharmützel verloren, aber nicht den Kampf selbst. Als zwei Drittel der Karawane an ihm vorbeigetrabt waren, zog er die Kapuze vom Schädel des Orhakos und trabte langsam hinterher.
    Luxon schaute nach rechts und links. Neben ihm ritten Socorra, der Pfader, und Kalathee. Die Drei Schwärenden Finger lagen dicht voraus. Ruhig folgte die Karawane; trotzdem sicherten Luxons Vertraute nach beiden Seiten der Felsen. Pfeile lagen auf den Sehnen, aber kein Wegelagerer ließ sich sehen.
    »Eine Handvoll hat überlebt«, sagte Kalathee. »Dieser Algajar scheint ein harter Kämpfer zu sein.«
    »Nicht nur das. Darüber hinaus ist er auch ein übler Schurke. Wir dürfen nicht zulassen, dass er Shakar sieht. Shakar aber soll ihn sehen und, vielleicht, wiedererkennen.«
    »Hat er etwas mit Rhiads Tod zu tun?«
    »Shakar behauptet es«, antwortete Luxon. »Abwarten. Er strahlt Unruhe, Kraft und Gespanntheit aus.«
    »Er wird der Karawane nicht nützen!« meinte Socorra. Auch er gehörte zu den wenigen Getreuen, die über Luxons Doppelleben als Croesus wussten. Aber nur Shakar, Kalathee und Samed wussten, dass er eigentlich der rechtmäßige Shallad war.
    »Sorge dafür, dass er uns nicht schadet«, ordnete Luxon an.
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