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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes
Autoren: Robert Brack
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in den Kopf jagen …« »… oder dafür sorgen, dass das Gold jenen zugute kommt, die es brauchen«, sagt der Kapitän.
    »… um Widerstand zu leisten«, ergänzt Klara.
    »Ich gebe zu, dass ich doch ein wenig egoistisch handle, wenn ich dies tue«, fährt Rinke fort. »In einem SA-Staat der totalen Überwachung, wo schon die Kinder zu Polizisten dressiert werden, kann ich meinem Beruf nicht mehr nachgehen. Als Einbrecher liegt es in meinem unmittelbaren Interesse, für eine freie Gesellschaft zu kämpfen.«
    Der Kapitän lacht. »Was machst du, wenn es keine Banken und kein Geld mehr gibt?«
    »Dann kämpfe ich dafür, sie wieder einzuführen.«
    »Und bis dahin? Was tun wir?«, fragt Klara, die jetzt ihren Parteiausweis in der Hand hält.
    »Wir helfen denen, die sich nicht dressieren lassen, egal auf welcher Seite sie stehen«, erklärt Rinke.
    »Gegen Barbarei und Stacheldraht!«, ruft der Kapitän aus. »Gegen die Herrschaft der Dummheit und die Macht des Kalküls.« Klara zerreißt den Ausweis und streut die kleinen Papierfetzen ins Wasser.
    »Ach du liebe Zeit!«, stellt sie nach einer Minute des Schweigens fest. »Wir sind ja pathetisch!«
    Der Flussdampfer »El Atacante« gleitet weiter durch die Nacht, über das Netz der Kanäle, die alle Länder Europas verbinden, mit verborgener Fracht im Laderaum, und nachts flattert am Heck der kleine schwarze Fetzen im Wind.

NACHBEMERKUNG
    Kriminalkommissar Dr. Braschwitz: Was hatten Sie für einen Gedanken und zu welchem Ergebnis kamen Sie, als Sie vor dem Reichstag standen?
    Marinus van der Lubbe: Ich dachte mir, dass das die Vorderseite sein müsste, vor der ich stand.
    Die Historiker haben den Reichstagsbrand nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, den Blick zu verändern. Bis heute sind weder die genauen Tatvorgänge, noch die wahren Hintergründe, noch die Täter definitiv bekannt. Und das, obwohl der Brand als eines der folgenreichsten Verbrechen der deutschen Geschichte von zahlreichen Historikern genauestens in Augenschein genommen wurde. Alle bekannten Fakten wurden akribisch studiert, analysiert – und vor allem interpretiert. Je nach politischem Standpunkt oder Erkenntnisinteresse wurde gewertet und gewichtet.
    Wer aus politischen und persönlichen Gründen die Nazis von einer Täterschaft oder Mittäterschaft freisprechen wollte, übersah eigenartige Ungereimtheiten und deutliche Lücken in den Aussagen des angeblichen Alleintäters und montierte die vorhandenen Bruchstücke zu einem teilweise unlogisch und falsch gebastelten Puzzle zusammen.
    Anderen, die Beweise für eine Nazi-Verschwörung fanden, passten den Brandstifter in das Gesamtbild ein, ohne Rücksicht auf seine Persönlichkeit und seine Motive zu nehmen. Sie machten aus einem kämpferischen Antifaschisten und unbestechlichen Moralisten einen halb Debilen, der innerhalb weniger Tage zu seinen Feinden überlief und ihnen die Gelegenheit zur Machtübernahme bescherte, die zu verhindern er doch eigentlich nach Berlin gekommen war.
    Es mag sein, dass Marinus van der Lubbe naiv war, aber er war viel zu intelligent, um sich in politischen Dingen an der Nase herumführen zu lassen. Es mag sein, dass er sich schlecht artikulieren konnte, aber er hatte ein fest gefügtes Weltbild im Kopf. Es mag sein, dass er ständig widersprüchlicheAussagen machte, aber nicht, weil er verwirrt war, sondern weil er die Beamten, die ihn verhörten, verwirren wollte.
    Im Nachhinein darf man sagen, dass ihm das gut gelungen ist. Sogar sämtliche Historiker, die sich mit ihm befassten, hat er blamiert.
    Die nicht erfolgte Aufdeckung der wahren Zusammenhänge im Fall des Reichstagsbrandes könnte man auch als Folgeverbrechen werten. Studiert man die einschlägige Literatur – ungefähr fünfzehn Bücher zum Thema wurden in Deutschland publiziert –, stellt man fest, dass die meisten Historiker sich weniger wissenschaftlich als literarisch betätigt haben. Jeder erzählt den Fall so, wie er ihn gern hätte. Allen Abhandlungen, die zu eindeutigen Ergebnissen kommen, fehlen die schlüssigen Beweise.
    Das beginnt mit den denunziatorischen Braunbüchern der Kommunisten und setzt sich fort bei Fritz Tobias’ pseudowissenschaftlicher Lügentirade und Hans Mommsens intrigantem Abwürgen konkurrierender Meinungen und ist auch bei den Publikationen des Luxemburger Komitees und den erstaunlich militanten Entgegnungen darauf zu erkennen. Selbst neueren Abhandlungen, die alle Details abzuwägen vorgeben (Bahar/Kugel
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