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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes
Autoren: Robert Brack
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verwundert, schüttelte den Kopf. »Das ist hier nicht vermerkt. Wir schreiben ja nur An- und Abreisetag auf.«
    »Wann ist er denn abgereist?«
    Schmeding schien etwas verwirrt. »Am 23. ist wieder seine Ankunft vermerkt. Aber eine Abmeldung kann ich nicht entdecken.«
    »Aber Sie tragen das doch selbst ein.«
    »Nein, das heißt ja, aber nicht immer. Ich kann ja nicht vierundzwanzig Stunden hier sein, dann macht das eben ein anderer. Wir haben zwei Schichten und einen Nachtdienst, der auch mal Eintragungen macht. Das hat’s ja auch schon gegeben, dass einer nachts nach einem Streit abgedampft ist.«
    »Das heißt, Sie wissen nicht, ob er am 21. und 22. Februar hier gewohnt hat. Kann man jemand anderen fragen?«
    »Na ja, Schmitz hat jetzt ein paar Tage frei, und soweit ichweiß, ist er verreist.« Schmeding blätterte unschlüssig weiter und tippte dann erfreut auf eine Eintragung: »Hier ist er vermerkt, am 25. hat er das Heim verlassen. Dann wird er ja wohl die vorangegangene Nacht da gewesen sein.« Er dachte nach. »Ja, da hab ich ihn auch gesehen, ich hatte nämlich Spätdienst. Jetzt fällt mir auch wieder ein, dass wir ein bisschen Streit hatten. Er hatte nämlich Handzettel auf sein Bett gelegt, also politische Werbung. Und da hab ich gesagt, das geht nicht, dass er hier so was verbreitet. Das wollte er aber gar nicht. Er hat die nur selbst gelesen. Ich hab ihn trotzdem gebeten, sie rauszuschaffen, und das tat er dann ohne Widerspruch. Er kam mir sehr nachdenklich vor, als würde er über ein schwieriges Problem nachgrübeln. Das fällt mir jetzt ein, weil ich verwundert war, dass er so ruhig wirkte, wo er doch sonst immer Hummeln im Hintern hatte.« Der Verwalter überlegte und konnte sich an immer mehr erinnern: »Das war, als er schon ein paar Tage hier war, aber welcher Tag genau, weiß ich auch nicht … da war er so schlecht gelaunt. Das ist mir aufgefallen, weil er immer hilfsbereit war seinen Schicksalsgenossen gegenüber. Aber da war er unwirsch, als er von einem Alten angebettelt wurde. Er hat ja gern was abgegeben, obwohl er selbst kaum was hatte.« Schmeding schüttelte den Kopf. »Wenn er nichts weiter besessen hat als das, was er auf dem Leib trug, dann hat er gar nichts besessen. Die Kleider waren so abgetragen, zerrissen und löchrig, dass man Mitleid haben konnte. Aber das machte ihm nichts aus. Und er hielt alles peinlich sauber. Also ich hab ihn nicht nur Socken waschen sehen, wenn ich das mal so sagen darf.«
    »Bekannte, Freunde, mit denen er öfter zu tun hatte?«
    »Ich sagte doch … keine Ahnung. Er soll sich vor allem in Neukölln aufgehalten haben. Aber das hab ich aus der Zeitung … Wenn man bedenkt, dass wir hier den Brandstifter beherbergt haben … andererseits kaum zu glauben, er war doch so umgänglich.«
    Klara, die sich die ganze Zeit Notizen gemacht hatte, steckte Block und Stift in die Manteltasche und fragte forsch: »Können Sie mir die Räumlichkeiten mal zeigen?«
    Schmeding schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre nicht angebracht. Ich kann sie doch da als Frau nicht rumführen.« Und ungeduldig fügte er hinzu: »Es wäre ohnehin besser, wenn Sie jetzt gehen würden.«
    »Hat van der Lubbe vielleicht irgendetwas hiergelassen?« »Ich sagte doch, dass er nichts besaß!«
    Klara verließ das Männerwohnheim. In der Straßenbahn wurde sie Zeugin eines halblauten Gesprächs zwischen zwei Frauen:
    »Ich hab die SPD-Fahne aus seiner Kommode geholt. Ich weiß noch, wie ich damals die Buchstaben ausgeschnitten und aufgenäht habe. Was ich ihm so alles geschneidert hab!«
    »Hat er die denn immer noch rausgehängt?«
    »Am Tag der Arbeit, obwohl ich’s nicht gern gesehen habe, weil die Nachbarn alle schon die andere rote Fahne genommen haben.«
    »Ihr habt die Kommune im Haus?«
    »Nicht die Rote mit Hammer und Sichel, die mit dem Kreuz!« »Ach so.«
    »Ja, eben, und jetzt näh ich ihm das Kreuz drauf, und am Ersten Mai hängt er die hin. Das ist gut für den Hausfrieden und für ihn auch.«
    Hungrig und mit einem flauen Gefühl im Magen kam sie am Alexanderplatz an. Sie setzte sich in den Schalterraum des Postamts und schrieb eine kurze Nachricht an »Johann Caspar Schmidt«: »Brauche dringend gute Unterkunft.«
    Dann suchte sie sich in der Nähe ein mittelgroßes Hotel, in dem auch ausländische Gäste abstiegen. Dort fühlte sie sich sicherer als in dieser frostigen einsamen Höhle in Friedrichshain.

    In der Vossischen von heute ein Bild des Täters. Seht einmal, da
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