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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes
Autoren: Robert Brack
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dass eine Frau vor ihm stand.
    »Englische Presse«, sagte Klara. » The Times , London. Ich störe Sie nicht lange.«
    Der Mann schien verblüfft. Wahrscheinlich hatte er noch nie mit jemandem von der Presse zu tun gehabt.
    »Oder soll ich zuerst die Heimgäste befragen?«
    »Die Gäste, wieso? Um was geht es denn?«
    »Um den Holländer, der den Reichstag angezündet hat. Der hat doch hier gewohnt.«
    Die Augen des Mannes weiteten sich. »Holländer?«
    »Sie wissen, wen ich meine. War denn die Stapo noch nicht hier?«
    Die Gesichtszüge des Mannes entgleisten. »Was sollen die denn …?« Er zog die Tür ein Stück weiter auf und schaute nach draußen, ob jemand zuhörte.
    »Zeugenaussagen, Beweise, Spuren, Hinweise auf Mittäter, vielleicht hat er ja was zurückgelassen«, listete Klara mit lauter Stimme auf.
    »Jetzt kommen Sie erst mal rein.«
    Klara betrat das winzige Büro mit einem verkratzten Schreibpult, mehreren mit Aktenordnern gefüllten Regalen und einem Rollschrank. Auf dem Pult ein aufgeschlagenes Kontorbuch mit Namen und Zahlenkolonnen, davor ein Tintenfass mit eingetauchtem Federhalter. Der Mann trug Ärmelschoner und unter dem Jackett eine Weste. An der Wand hing eine Hausordnung der Städtischen Asyle für Wohnungslose.
    »Wieso interessiert sich England …?« Der Mann deutete auf einen Stuhl. Beide setzten sich.
    »Die ganze Welt schaut nach Berlin. Das Feuer hat viele Menschen aufgeschreckt.«
    »Aber … es hat doch nur ein Haus gebrannt.«
    »Immerhin das Parlament, Herr …?«
    »Schmeding, aber den Namen möchte ich nicht in derZeitung haben. Und meine Ansichten über die Brandstiftung …«, sagte er unsicher.
    »Ich will mit Ihnen nicht über Politik sprechen«, kam Klara ihm zu Hilfe.
    Der Verwalter warf ihr einen dankbaren Blick zu.
    »Es geht nur um diesen Holländer. Marinus van der Lubbe.« »Lübbe«, verbesserte der Mann. »So spricht man das richtig aus, weil es ja Holländisch ist. Obwohl es aus seinem Mund fast wie Löbbe klang.«
    »Er hat hier also gewohnt.«
    »Ja, und das nicht zum ersten Mal. Er ist schon mal in Berlin gewesen und hat hier geschlafen. Vor ein oder zwei Jahren.«
    »Was hat er denn hier so gemacht?«
    Der Verwalter zuckte mit den Schultern. »Man fragt die Männer nicht, was sie machen, sie sind doch immerzu unterwegs und übernehmen Gelegenheitsarbeiten. Die einen arbeiten mehr, die anderen weniger.«
    »Und der Holländer?«
    »Hat gern gearbeitet. Da war er regelrecht erpicht darauf. Wollte sich nützlich machen. Es gibt ja manche, die haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie gut behandelt werden. Das konnte ihm nicht passieren, er hat immer zugepackt, wenn er helfen konnte. Der hatte ja auch Bärenkräfte, da drängte es ihn geradezu, was zu tun. Zum Beispiel hat er den ganzen Schnee vorm Heim beseitigt. Jetzt sind ja nur ein paar Flocken gefallen. Aber als er hier war, war da eine dicke vereiste Schicht. Da ist er ran und nach zwei Stunden war der ganze Gehweg frei. Dafür haben wir ihm ein Essen umsonst gegeben. Hunger hatte der ja auch immer. Und kaum Geld.«
    »Hatte er Freunde hier?«
    »Im Heim? Nicht dass ich wüsste. Er war zu allen freundlich, die sich anständig benommen haben. Hat auch mal einem geholfen, den andere auf dem Kieker hatten. Aber man kann nicht sagen, dass er sich hier mit jemandem angefreundet hätte.«
    »Hat er über Politik geredet?«
    »Das ist hier ja nicht erlaubt, dass jemand in dieser Hinsicht Werbung macht. Aber politisch war er, das stimmt. Draußen auf der Straße hat er mal mit jungen Männern über so Sachen wie Arbeitslosigkeit und das Elend geredet. Er wollte, dass was getan wird. Was er genau damit meinte, hab ich nicht mitbekommen. Er hat ja oft sehr undeutlich geredet, so genuschelt, und einen eigenartigen Akzent hat er auch gehabt.«
    »Halb blind soll er gewesen sein.«
    »Halb blind? Würde ich nicht sagen. Er hat den Bürgersteig blitzblank geputzt, wie kann er da blind gewesen sein?«
    »Wann genau hat er denn hier gewohnt?«
    Schmeding blätterte in seiner Kladde. »Am 18. Februar kam er nachmittags an. Montag war er auch noch hier, da hat er Schnee geschippt. Sonntag hab ich ihn nicht gesehen, aber da bin ich nur kurz mal reingekommen. Ist ja nicht so, dass die Männer den ganzen Tag hier rumhocken. Schon gar nicht so ein unruhiger Geist wie der Lubbe, der war immerzu in Bewegung.«
    »Montag war der 20. Februar. Hat er abends auch hier übernachtet?«
    Wieder blätterte er hin und her, schien
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