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Unter Brüdern (German Edition)

Unter Brüdern (German Edition)

Titel: Unter Brüdern (German Edition)
Autoren: Casey Kingsley
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zersplittert und wollten nun nicht mehr zusammenwachsen. Manchmal spannte es noch, schmerzte fast ein wenig. Aber sie lebte noch. Das war alles worauf es ankam. Alles andere war zweitrangig.
    Manchmal wünschte sie sich, ihre Mutter würde eines Tages von der Arbeit heimkommen und beschließen, dass sie sich einfach in den Wohnwagen setzten und in eine andere Stadt fuhren, wo sie ganz von vorne und ohne Jake in der Nähe anfangen konnten. Dazu waren Wohnwagen schließlich da. Sie konnte sie nicht erinnern, dass sie je damit ge fahren wären. Alles was sie hier vermissen würde war Ken. Er würde ihr wahnsinnig fehlen, aber der Gedanke daran, mit anderen gleichaltrigen spielen zu können, ohne ständig mit der Angst zu leben, dass Jake in der Nähe sein könnte, ohne überhaupt ständig mit der Angst zu leben, dass er ihr auflauerte, war verführend…
    „Hey Meg!“ rief Lauren von ihrem Wohnwagen aus und winkte wild. Sie wohnte sieben Wohnwagen den Weg hinauf von Megan entfernt. „Meine Mama fragt, ob du schon Mittag gegessen hast!“
    Megan schüttelte langsam den Kopf. Meistens wartete sie einfach, bis ihre Mutter abends nach hause kam und eine Kleinigkeit kochte, im Wohnwagen hatten sie Kekse, Zwieback und Salzstangen und ein paar Dinge im Kühlschrank, alles Dinge, die Megan nur dann aß, wenn sie wirklich großen Hunger bekam, aber meist wartete sie einfach bis es Abendessen gab.
    „Dann komm!“ rief Lauren aufgeregt.
    Megan sprang auf, rannte hinüber zu Lauren Dovas Zuhause. Sie freute sich immer, wenn sie eingeladen wurde. Sie liebte Mrs. Dovas Essen. Megans Mutter kochte auch gut, aber bei den Dovas gab es eine andere Art von Essen. Couscous, süßen Reis mit Zimt oder afrikanische Eintöpfe. Und Laurens Mutter erlaubte den beiden Mädchen ihren Teller mit ins Freie zu nehmen und draußen auf dem Boden zu essen, solange sie nur danach das Geschirr zurück brachten.
     
    „Kommt ihr auch mit, wenn wir wegziehen?“ fragte Megan ihre Freundin, als sie auf den Steinstufen der Ruine saßen, unweit des Trailerparks, und ihre Teller auf den Knien balancierten. In dieser Ruine spielten sie oft verstecken, sie musste hunderte Jahre alt sein, war moosbewachsen und fast komplett verfallen. Megan stellte sich vor, wie es damals wohl gewesen war, vor so langer Zeit und als was diese Ruine wohl gedient haben mochte. Für ein Haus war sie zu groß. Vielleicht eine Kirche? Eine kleine Burg? Nur an einer Stelle war das Dach noch erhalten. Wie es wohl war in einem richtigen Haus zu leben? Mit echten Fenstern, einem richtigen Dach, einem richtigen Bett und einem großen Badezimmer?
    „Ihr zieht weg? Wann? Warum?“ Lauren war geschockt.
    „Nein, aber wenn…“
    „Wir können hier nicht wegziehen. Mein Dad hat hier seine Arbeit und ich muss hier in die Schule.“
    „Aber das ist bei uns doch auch so. Man kann auch in einer anderen Stadt zur Schule gehen und arbeiten!“
    „Aber ich will hier nicht weg.“
    „Ich werde es meiner Mutter vorschlagen. Du kannst es dir ja noch überlegen.“
    „Du willst nur weg wegen Jake.“
    Megan zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ziehen wir in ein echtes Haus. Oder eine Wohnung.“
    „Aber vielleicht gibt es in der Stadt wo ihr hinzieht auch einen Jake, aber dafür keinen Kenny.“
    Megan dachte eine Weile über Laurens Worte nach. Sie leuchteten ihr ein, diese Möglichkeit hatte sie noch nicht in Betracht gezogen.
     
    Sie verbrachten den Nachmittag in Megans Wohnwagen.
    Mrs. Dovas hatte ihnen stricken beigebracht und knüpfen, nähen und sticken. Im Moment nähte Megan eine Decke für ihre Mutter aus Stofffetzen und alten Kissen zusammen, die sie ihr zum Geburtstag schenken wollte. Lauren strickte einen Schal. Wenn sie beide mit ihren Arbeiten fertig waren, würde der Sommer beginnen und sie würden weder einen Schal noch eine Decke gebrauchen können, aber momentan war es noch frisch und keine von beiden verschwendete einen Gedanken an den Sommer.
    Megan wickelte sich selbst in die Decke, während sie nähte. Sie passte fast zweimal hinein, aber da sie für ihre Mutter gedacht war, musste sie ja auch schön groß werden.
    Lauren aß Kekse, einen nach dem anderen. Ihre eigene Mutter erlaubte ihr selten Süßigkeiten, deshalb freute sich Lauren jedes Mal, wenn sie den Nachmittag bei Megan verbringen konnten. Und Megan wiederum gefiel es, weil sie ihrer stets besorgten Mutter abends die leere Keksschachtel zeigen und sie damit beruhigen konnte.
    Megan beobachtete Lauren,
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