Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh
Autoren: Auerbach , Keller,
Vom Netzwerk:
Kultur verordnet, um mitreden zu können und beschäftigt zu wirken. Vor denen ist keine Opernpremiere sicher, allerdings ist sie die treibende Kraft. Wenn Sie ihm einen Krug Gin Tonic hinstellen, ist er auch zufrieden.« Er deutete auf Pippas Bücherkiste. »Jede Wette: Diese Bücher hat Ida Marthaler alle schon gelesen. Aber nicht zum Spaß. Reine Entspannung ist nicht ihr Ding.«
    Pippa lächelte. »Nante, vor Ihnen muss man sich in Acht nehmen. Sie beobachten zu gut. Alte Polizistenangewohnheit?«
    Nante grinste zurück. »Nein, reine Bosheit.«
    Auf einen Fingerzeig des Kapitäns hin nahm sie die Leinen und warf sie Richtung Landungssteg. Luis Krawuttke fing sie mit erstaunlicher Geschicklichkeit auf und hatte die Rieke im nächsten Atemzug festgemacht.
    Die Marthalers stiegen wortlos ein. Ida Marthaler setzte sich in die Kajüte, während ihr Mann aufs Achterdeck verschwand.
    »Dicke Luft«, raunte Nante Pippa zu, als er ihr von Bord half. »Jedes Mal, wenn ich kurz davor bin, einer Frau einen Heiratsantrag zu machen, kommen die beiden auf mein Schiff – und ich bin sofort der Meinung, dass mir die Berliner Luft zum Leben reicht.«
    »Herzlich willkommen auf Schreberwerder, Pippa!«
    Dorabella von Schlittwitz hatte sich erhoben und war zum Ende des Anlegers gekommen. Sie begrüßte Pippa mit unerwartet festem Händedruck. Dann drehte sie sich zu Viktor um und sah ihm in die Augen. »Arrivederci, Viktor. Ich hoffe, die Frau ist es wert.«
    Viktor nahm sie in den Arm. »Frauen sind es immer wert. Und diese besonders.«
    »Jetzt mach, dass du wegkommst. Du hast einen Zeitplan einzuhalten. Mir wäre gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass nicht alles wie am Schnürchen klappt.«
    »Du kannst dich ganz auf mich verlassen.« Dann schlug Viktor seinem Freund Luis auf die Schulter. »Pass mir auf die beiden Mädels auf und sieh zu, dass Pippa immer etwas Ordentliches zu essen hat.« Pippa wollte protestieren, aber Viktor hob die Hand. »Mittags um 13 Uhr essen alle Insulaner bei Luis, auch Nante. Luis ist unsere Inselkantine. Er war früher Koch auf einem dieser Kreuzfahrtschiffe, der kann aus Sauerampfer und Grünklee ein Vier-Sterne-Menü zaubern.«
    Luis wurde rot. »Mach jetzt, dass du uff’n Dampfer kommst«, sagte er mit vor Verlegenheit belegter Stimme, »sonst kann die Rieke die Verspätung nie wieder uffholen.«
    Viktor ging noch einmal zu Dorabella und küsste ihr die Hand, dann umarmte er Pippa und übergab ihr den Hausschlüssel. »Der ist eher symbolisch«, sagte er, »wir schließen hier auf Schreberwerder nicht ab. Aber er soll dir zeigen, dass mein Haus jetzt ganz dir gehört.«
    Luis schob Viktor auf die Rieke . »Nun geh endlich. Du machst es uns nur unnötig schwer. Wir werden uns um die Kleene schon kümmern. Sieh lieber zu, dass dich keen Regentropfen erschlägt und du jesund wiederkommst. Dat ist die Hauptsache.«
    Die Rieke legte ab. Alle winkten, als stünde Viktor an Bord der Gorch Fock und hätte vor, die Welt zu umsegeln. Als die kleine Fähre in der Wasserenge zwischen Baum- und Valentinswerder verschwand, sagte Luis: »Den sehen wa erst wieda, wenn seine Manneskraft nachlässt.«
    Dorabella lachte. »War das jetzt Neid oder Häme?«
    Luis zwinkerte ihr zu. »Schätze, das kannst du besser beurteilen als ich.«
    »Also doch Neid.« Dorabella kicherte. »Dann kommt jetzt ja deine große Chance. Sei schon mal ein Schatz und trag Pippas Sachen ans Haus. Meine Einkäufe kannst du mir später bringen.« Dann wandte sie sich an Pippa. »Kommen Sie, meine Liebe. Ich bin sicher, Sie wollen endlich ins Haus.«
    Pippa bot Dorabella ihren Arm als Stütze, und sie gingen langsam zu dem kleinen Dorfplatz, der an den Anleger anschloss.
    »Lassen Sie mich ruhig hier auf der Bank sitzen. Ich bin sicher, Sie möchten Ihr neues Heim allein beziehen, ohne störende Zuschauer. Wenn Sie Fragen haben oder Gesellschaft brauchen, gehen Sie einfach den Mittelweg hinunter und zählen ab. Parzelle 4, auf der linken Seite – da finden Sie mich.«
    Pippa lächelte Dorabella dankbar an. Sie wünschte sich in der Tat nichts sehnlicher, als endlich allein zu sein, nachdem ihre spontane Entscheidung, Viktors Angebot anzunehmen, eine Nachtschicht Kofferpacken bedeutet hatte.
    »Vielen Dank, Frau von Schlittwitz, ich …«
    »Ich heiße Dorabella, und Sie heißen Pippa«, unterbrach Dorabella. »Mit diesen Namen sollten wir uns doch bestens verstehen, meine Liebe, was meinen Sie?«
    »Jawohl, Frau Nachbarin.« Pippa deutete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher