Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsterbliche Lust

Unsterbliche Lust

Titel: Unsterbliche Lust
Autoren: Laura Thornton
Vom Netzwerk:
sie hier hingehängt, in diesen verstaubten Teil des Hauses. Als sie noch im Hotel hing, haben die Gäste sich beschwert – sie fühlten sich gestört.»
    Sie schaute Sasha ins Gesicht und fuhr fort: «Einige Frauen sagten, Lady Amelias Augen verfolgten sie.» Dann fragte sie lauernd: «Sie spüren es auch, nicht wahr?»
    Es stimmte. Es schien, als ob die gemalten Augen Sasha auch dann folgten, wenn sie sich von dem Bild abwandte. Aber sie sagte nichts, sondern drehte sich um und war entschlossen, all diese albernen Nachforschungen zu vergessen. Sie wollte die Treppe hinuntergehen, und dann sah sie ihn aus den Augenwinkeln und blieb stehen.
    Claire sah, wie Sashas Augen sich weiteten. «Ja», hauchte sie so leise, als ob sie befürchtete, belauscht zu werden. «O ja, er ist auch da.»
    Sasha ignorierte sie und trat wieder vor das Porträt, achtete jetzt aber besonders auf den Hintergrund. Nein, sie stand zu nahe, sie musste einen Schritt zurück, um eine bessere Perspektive zu haben. Und dann sah sie die klaren Umrisse eines Mannes.
    «Wer ist er?»
    «Das ist Johnny», antwortete Claire flüsternd.
    Johnny.
    Sasha trat noch einen Schritt zurück, um die Gestalt besser ausmachen zu können, die im Porträt der Lady Asher lauerte. Während die junge Frau liebevoll gemalt worden war, akkurat und mit penibler Liebe zum Detail, war der Mann im Hintergrund nur grobskizziert.
    Seine Gestalt war eher zwergenhaft dargestellt, seine Gesichtszüge waren fast verschwommen. Deutlich waren nur die wirren Haare, die dunklen Augen und ein feingeschwungener Mund. Im Gegensatz zu Amelia, deren gesellschaftlicher Stand schon am kostbaren Kleid zu erkennen war, trug der Mann die Kleidung des einfachen Arbeiters, Stiefel, Breeches, raues Baumwollhemd und ein Lederwams.
    Wie Amelia starrte auch der Mann auf etwas außerhalbdes Gemäldes, und einen Moment lang glaubte Sasha, er starrte sie an. Sie konnte es sich nicht erklären, aber sie fühlte sich irgendwie sexuell von dem Mann angesprochen. In ihrem Kopf sirrte etwas wie ein elektrisches Spannungsfeld, und dieses Sirren spürte sie auch in der Brust und zwischen den Schenkeln. Sie spürte, wie sie feucht wurde, und ihre Lippen öffneten sich ein wenig, als erwartete sie einen Kuss.
    Sasha starrte so lange auf das Bild, bis sie es nicht mehr aushielt. Die gemalten Gesichter gingen ineinander über, und sie konnte sie nur noch verschwommen erkennen. Sie stolperte, als sie zurückwich und die erste Stufe nach unten nahm, den Blick immer noch auf das Porträt gerichtet, bis Claire sie sanft an der Hüfte anfasste und umdrehte, damit sie nicht mehr auf das Bild schauen musste. «Kommen Sie», murmelte Claire, «ich bringe Sie wieder zurück.»
    Vorsichtig führte Claire die immer noch benommene Sasha die Treppe hinunter, an der Wäscherei vorbei, bis sie wieder im Hotel waren. Sasha blinzelte einige Male im plötzlichen Sonnenlicht, das durch die Fenster flutete.
    «Puh.» Sasha schüttelte den Kopf, immer noch ein wenig verwirrt, dann schaute sie Claire an. «Ich danke Ihnen, dass Sie mich zu ihr geführt haben.»
    «Möchten Sie eine Tasse Tee?», fragte Claire. «Ich habe immer noch Pause. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen von ihr erzählen.»
    «O ja, bitte. Ich möchte alles über sie erfahren.»
    «Kommen Sie mit.» Claire ging die Treppe hoch in den ersten Stock des Hoteltrakts. Der Flur lag verlassen da. Claire schaute sich rasch um, dann nahm sie einenSchlüsselring aus einer Rocktasche und öffnete eine Tür, hielt sie für Sasha auf.
    Sasha sah sich im leeren Zimmer um. Die Betten waren abgezogen, und es roch nach Desinfektionsmittel.
    «Das ist eines der Zimmer, die nicht belegt werden für den Fall, dass wir einen bedeutenden Gast in letzter Minute unterbringen müssen», erklärte Claire. Sie wies auf das Bett. «Setzen Sie sich doch.»
    Sasha setzte sich, die Hände aufgeregt zwischen den Knien eingeklemmt. Wie ein Schulmädchen, musste Sasha denken. «Erzählen Sie mir alles, was Sie wissen.»
    Claire lächelte übers Sashas Eifer. «Nun, vielleicht ist es gar nicht so viel, was ich weiß. Meine Mutter hat mir die Geschichte Amelias erzählt, als ich hier zu arbeiten anfing. Es ist so etwas wie eine lokale Legende.»
    Sasha nickte ungeduldig. «Erzählen Sie.»
    «Nun, die Ashers waren im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert eine der angesehensten Familien in dieser Gegend», begann Claire. Sie setzte sich Sasha gegenüber. «Sie waren sehr wohlhabend, denn ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher