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Unsterbliche Bande

Unsterbliche Bande

Titel: Unsterbliche Bande
Autoren: Eileen Wilks
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Lebensjahr. Der Mann, der ihre Freundin vergewaltigt und getötet hatte, während sie zusehen musste, gefesselt und darauf wartend, dass er mit ihr das Gleiche tat, war verhaftet und verurteilt worden. Er war auf Lebenszeit ins Gefängnis gewandert, das hätte ihr als Rache genügen müssen.
    Aber noch Monate später hatte sie von Mord geträumt.
    Lily hatte immer gewusst, dass sie der Polizei beigetreten war, um gegen Monster zu kämpfen. Nun begann sie zu verstehen, warum sie auch das bürokratische Geschirr brauchte.
    »Ganz schön morbide, was?«, sagte eine heisere Stimme. »Vor dem Grab von jemandem zu stehen, den man selbst getötet hat?«
    Lily schrak zusammen und drehte sich dann mit einem Stirnrunzeln zu dem Störenfried herum. »Oh, Mist. Ich dachte, ich wäre dich los.«
    »Tja, falsch gedacht.« Der Mann, der respektlos auf einem Grab ganz in der Nähe stand, trug einen schwarzen Anzug mit einem zerknitterten weißen Hemd und einer schlichten Krawatte. Er war eher mager als schlank und hatte das lichter werdende dunkle Haar straff aus der hohen Stirn zurückgekämmt. Und er war blass. Fast weiß. Und leicht durchsichtig.
    Al Drummond. Ihre ganz persönliche Heimsuchung.

2
    Womit hatte sie das nur verdient? Lily fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Geh weg.«
    »Äh … Lily?«, sagte Scott.
    Scott hatte natürlich weder etwas gesehen noch gehört. Für ihn sprach sie ins Leere. »Drummond stattet mir mal wieder einen Besuch ab.« Al Drummond, ehemaliger FBI -Agent … der verlogene, verräterische Mistkerl, der von dem Mann erschossen worden war, den Lily letzten Monat getötet hatte. Scott wusste über ihn Bescheid.
    Die Toten flößten ihr zwar keine Angst ein, aber sie konnten verdammt lästig sein. »Wenn du hier bist, um mir wieder kluge Ratschläge zu geben –«
    »Nein. Zumindest …«, er hielt unsicher inne, »… glaube ich das nicht.«
    Als Lebender war Drummond vieles gewesen – aber unsicher zu sein hatte nicht dazu gehört. Das war so ungewohnt, dass sie gegen ihren Willen neugierig wurde und fragte: »Warum dann?«
    »Ich weiß es nicht.« Mit gefurchter Stirn verschränkte er die Arme. »Glaubst du, ich hätte mich freiwillig an dich gebunden? Glaubst du, so verbringe ich gern die Ewigkeit – dir dabei zuzusehen, wie du dir die Zähne putzt? Was zum Teufel machst du hier überhaupt?«
    Lily erhob sich. Worauf immer sie heute gehofft hatte, es würde nicht geschehen. Nicht, solange Drummond in ihrer Nähe war. »Was könnte dich das angehen?«
    »Ich bin nur neugierig. Es macht die Sache einfacher für mich, aber ich glaube nicht, dass du deswegen hier bist.«
    »Was meinst du damit, es machte die Sache einfacher?«
    »Hier ist es einfacher, mich zu zeigen. An Orten wie diesem ist der Schleier dünn.«
    Das amüsierte sie und weckte zugleich schmerzliche Erinnerungen. »Ich wünschte, Mullins könnte dich hören, wie du von dem Schleier redest wie ein Fernsehmedium.«
    Er schnaubte. »Ja, das fände er richtig scheiße. Besuchst du öfter die Gräber von Leuten, die du umgebracht hast?«
    »Woher weißt du, wessen Grab das ist?«
    »Ich kann lesen.«
    »Und du weißt natürlich, wer Helen war.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte mich nicht über dich informiert?«
    Drummond mochte in spektakulärer Weise auf Abwege geraten sein, aber davor war er ein guter Agent gewesen – ausgebufft, clever und gründlich. Natürlich wusste er, wer Helen war und dass Lily sie getötet hatte. Gott allein mochte wissen, was er sonst noch über sie ausgegraben hatte. »Geh weg.«
    »Nun sei nicht gleich beleidigt. Ich möchte dir einen Vorschlag machen.«
    »Hat es damit zu tun, dass du mich in Ruhe lässt?«
    »Und wo zur Hölle sollte ich dann hin?«
    »Woher soll ich das wissen? Offensichtlich musst du ja nicht pausenlos bei mir sein. Du warst einen ganzen Monat weg.«
    »Einen Monat?« Er wirkte erschüttert. »Ich war … ich glaube, ich habe geschlafen. Aber nicht die ganze Zeit. Ich war mit dir vor Gericht, als –«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich habe dich nicht gesehen.« Angeblich konnte Drummond nichts hören oder sehen, was in dieser Welt passierte, ohne sich zu manifestieren oder sich zumindest in dem Stadium schwebenden, weißen Nebels zu befinden.
    »Du hast nicht hochgeschaut, und ich war …« Sein Mund bewegte sich weiter, aber sie hörte nichts mehr. Er hielt inne, machte ein finsteres Gesicht und setzte erneut an. Mittendrin wurden aus seinen Lippenbewegungen wieder Worte. »…
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