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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte
Autoren: Hans Dominik
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es, als er die Veränderung sah, die sich auf dem Gesicht des Fremden vollzog. Tränen rollten langsam über dessen Wangen. Der Mund zuckte. Die Hände, bisher krampfhaft ineinandergeschlungen, lösten sich, streckten sich Droste entgegen. Wankend trat der Fremde neben ihn, kniete nieder an seiner Seite.
    »Medardus, mein Sohn! Ist’s möglich, daß mir solch Glück noch blüht, die Arme um meines Sohnes Schultern zu schlingen?«
    Droste machte eine scheue Bewegung. Wieder klang jener rätselhafte Ruf in der Zelle an sein Ohr. Eine Stimme in seinem Innern ließ ihn erschauern. Und schweigend duldete er, daß der Fremde seine Arme um ihn legte und in zitternder Rührung zu ihm zu sprechen begann.
    Die ersten Worte ihm kaum verständlich. Eine Mischung von Selbstanklagen und von Vorwürfen gegen einen anderen. Dazwischen wieder und wieder der Name »Vivian Doherty.«
    Droste erfaßte nicht den Sinn des Gestammelten. Nur dieser eine Name, der immer wieder zu ihm drang, klang in seiner Seele weiter.
    »Vivian ... Mutter!« kam es flüsternd von seinen Lippen.
    »Ja! Vivian ist deine Mutter! Ich ... bin dein Vater! Wir hatten einander Treue geschworen. Ich liebte sie, wie ich in meinem Leben nie wieder einen Menschen geliebt habe. Und doch hielt ich ihr nicht die Treue um schnöden Geldes willen!«
    Von seiner Erregung übermannt, hielt der Fremde einen Augenblick inne. Fuhr dann mit kaum hörbarer Stimme fort: »Den Ring hier« - er zog den Goldreif mit dem Roßmore-Wappen von seinem Finger - »gab ich einst deiner Mutter als Unterpfand meiner Treue, die ich brach. Ein Wesen, von Gott gesandt, brachte ihn mir wieder als Beweis für seine Worte, daß mir Vivian Doherty einen Sohn geboren, den man Medardus taufte. Es hatte ihn von Vivians Hand genommen, die sterbend mir verzieh, um ihn dereinst ihrem Sohn zu geben, wenn er ein Mann geworden. Du trugst den Ring viele Jahre bis zu der Nacht vor dem Morgen, an dem du ...«
    Die Stimme versagte ihm. Sein Kopf lag an Drostes Schulter. Der hielt sich, überwältigt von dem, was da auf ihn eindrang, kaum noch aufrecht. Der Fremde hier neben ihm sein Vater? William Hogan, der ihnen allen schlimmster Feind gewesen? Konnte das Schicksal das wollen? Den Mann, den er stets gehaßt, sollte er Vater rufen?
    Vater! Wie ganz anders klang dies Wort, wenn er an Arvelin dachte! Seine Gedanken flogen zu ihm ... Doch war es nicht, als stünde der gütig lächelnd an seiner Seite und redete ihm vertrauensvoll zu?
    »Ja, es ist wahr, Medardus: William Hogan ist dein Vater. Wird er dich auch nicht mehr lieben können als ich, so laß seine Liebe deshalb nicht unerwidert! Gib ihm, was dein Herz zu geben vermag! Laß die Stimme des Blutes, das dich mit ihm verbindet, nicht ungehört verhallen, wenn sie zu dir spricht!«
    Ich Blut von William Hogans Blut? Droste erbebte, wandte sich scheu seinem ... Vater zu. Und sah zwei Augen, die ihn bittend in ängstlicher Erwartung anschauten. Unwillkürlich hob Droste die Rechte - und William Hogan ergriff sie mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Rührung und Freude.
    Erstaunt blickten Maria und Wildrake, als sie zurückkamen, auf den Fremden neben ihrem Gefährten. Wildrake wollte fragen - da erhob sich der Unbekannte.
    »Ich bin William Hogan - und dieser hier ist mein Sohn, der fortan Medardus Hogan heißen wird!«
    Im ganzen Lande klangen die Friedensglocken. Der Boden Venezuelas wieder frei!
    Eine Flugjacht stieg in La Venta auf, nahm Kurs nach Norden. Die drei Insassen schauten mit wehmütiger Freude auf das glückliche Land, das allmählich hinter ihnen am Horizont versank.
    »Sie werden vergeblich nach dem >Freunde Wildrakes< rufen«, sagte Oswald Winterloo und drückte Medardus die Hand.
    Der machte eine stumme Bewegung der Abwehr, schritt zum Maschinenraum, prüfte den Tourenzeiger. Nicht schnell genug konnten ihn die Propeller vorwärtstragen.
    In das Friedensfest war über den Ozean aus Schloß Winterloo eine Nachricht vom alten Friedrich gekommen: »Dr. Arvelin schwer erkrankt!«
    Die Worte hatten sie jäh aus aller Festfreude gerissen. Hin zu ihm, dem alten, gütigen, väterlichen Freund!
    Edna nahm Winterloos Hand, deutete gen Westen, wo die Küste des Kontinents wie ein Nebelstreif noch einmal kurz sichtbar ward.
    »Nehmen wir Abschied von der alten Heimat, Oswald! In der neuen drüben wird uns, so Gott will, ein besseres Glück blühen! Hoffen wir nur, daß wir Dr. Arvelin noch lebend finden! Der alte Getreue - er hat es wohl verdient,
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