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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte
Autoren: Hans Dominik
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Körper bebte.
    Mit einem Ausruf der Angst beugte sich Wildrake über sie. Unter seinem liebevollen Zuspruch wurde Maria wieder ruhiger. In einem Strom von Freudentränen befreite sich ihre Seele. Sie trocknete die Tränen, schlug die Augen auf - schloß sie wieder - schlug sie von neuem auf.
    Ihre Lippen gerieten in zitternde Bewegung.
    »Roberto - Geliebter! Komm näher zu mir, daß ich dir besser ins Auge schauen kann - deine Züge, die lieben, wiedererkenne, so wie ich sie vor so langer Zeit gesehen!«
    Wildrake setzte sich dicht neben sie, blickte sie unsicher lächelnd an.
    Maria legte ihm die Hand auf den Mund. »Nicht sprechen, Roberto! Wer weiß, wie lange der Traum noch dauert? Diese köstlichen Augenblicke will ich nutzen - dein Gesicht, deine Gestalt mit vollem Auge umfangen!« Sie strich ihm durch das Haar. »Ach, Roberto! Dein schönes dunkles Haar! Hier schimmert’s grau, du. Ja, die vielen Sorgen ...«
    Wildrake zuckte zusammen. War Maria krank? Sie wollte die grauen Streifen an seinen Schläfen sehen?
    »... und dein Gesicht - so schmal und hager ist’s geworden!«
    Roberto wollte ihr zärtlich über die Stirn streichen, doch sie ergriff seine Hand, drückte sie an ihre Lippen. »Mein Ring, Robert! Du trägst ihn immer noch an dem Finger, über den ich ihn damals streifte - in jener Stunde des Glücks, da du um mich geworben hast! - Glücklich jene Stunde - glücklicher diese, wo ich dich wiedersehe! Ja, Roberto! Ich sehe dich wieder!
    Du schüttelst den Kopf, blickst angstvoll besorgt? Glaubst, ich wäre ... Nein! Ich bin völlig gesund! Meine Augen sind nicht mehr tot. Sie sind lebendig - sehen dich, sehen alles um mich her: das Zimmer, die Strahlen der Sonne, die durch die Läden hindurch sich am Boden spiegeln. Doch warum ist’s nicht heller hier? Öffne die Läden!«
    Wildrake stand taumelnd auf, schritt zu dem Fenster, wollte es öffnen, blieb stockend stehen.
    Was Maria da sprach - war’s denn möglich? Täuschung nur, Ausbruch ihrer kranken Phantasie - oder doch Wahrheit? Dann - die Hand, die den Laden öffnen wollte, fuhr zurück - dann wäre das helle Sonnenlicht Gift für die kaum Genesene. Er wandte sich um, eilte wieder zu Maria. Die streckte ihm die Arme entgegen, schaute ihn mit frohen Augen an.
    »Maria!« stieß er heiser hervor. »Ich muß Gewißheit haben!«
    Er riß ein Papier aus der Tasche, hielt es vor ihre Augen.
    »Kannst du lesen, was hier steht, Maria?«
    »Ein Brief - an Herrn Admiral Robert Wildrake -!« Mit einem Jubelruf zog sie den Geliebten an ihre Brust. »Du bist Admiral geworden?«
    Da löste sich die lähmende Spannung des Mannes. Der Schrei höchsten Glücks erstickte in dem Kuß, in dem sich ihre Lippen fanden.
    Eine Flugjacht eilt in großer Höhe über Brasilien nach Norden der Amazonasmündung zu.
    Im Pilotenstand ein kleiner alter Mann. Er läßt das Schiff tiefer gehen, stellt die automatische Steuerung auf Kurs Nord zu Nordwest, prüft noch einmal alle Teile der Einrichtung. Dann wendet er sich, geht in die Passagierkabine.
    Auf einem Wandbett ein Fluggast in tiefem Schlaf. Der Alte umfaßt mit einem langen Blick die Züge des Schlummernden, dann legt er ihm sanft seine Hand auf die Schulter.
    Der Schläfer scheint zu erwachen. Er schlägt die Augen auf, schließt sie wieder, deckt sie mit den Händen zu.
    Der Traum, der schöne Traum, der ihn umfängt, soll nicht verschwinden vor der furchtbaren Wirklichkeit! Er ist ja im Gefängnis, in Ketten geschlossen! Morgen soll er hingerichtet werden ...
    Doch weiter ging der Traum: Arvelin, Vater Arvelin war bei ihm. In seinen Armen wurde er den Kerkermauern entrückt - hinaus in die goldene Freiheit ... Und was hatte er in der Zelle zu jenem Fremden gesprochen? »Der Narr, der morgen stirbt, William Hogan, ist dein Sohn!« Das andere, von einer Vivian - das hatte er nicht verstanden ...
    Der Liegende beginnt aufzuhorchen. Ein Rauschen unter ihm, so vertraut der Klang - wie wenn die Meereswogen unter ihm brausten. Langsam hebt er den Kopf, dann den Oberkörper. Wo ist er? Keine Kerkerwände? Die Hände frei? An ihren Gelenken die Striemen der Fesseln.
    Ein Flugzeug, das ihn trägt? Das Rauschen unter ihm ist stärker geworden. Er springt auf, geht zum Fenster, schaut hinaus.
    Das Meer? Kein Land zu sehen. Er stürzt zum Pilotenstand, reißt die Tür auf - prallt zurück.
    Leer der Raum! Wo ist der Pilot?
    Seine Augen suchen in allen Winkeln der Jacht. Niemand da außer ihm! Er stürzt zum Steuer. Die
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