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Unschuldig

Titel: Unschuldig
Autoren: Andrea Vanoni
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Sie parkten auf dem Platz vor dem historischen Wirtshaus Moorlake, eine ehemalige Poststation mitten im Wald, und gingen hinunter zum Havelufer. Nach etwa fünfhundert Metern weiter östlich am Wasser zur Pfaueninsel hin erreichten sie die Stelle, wo das Boot bereits an Land geschleppt worden war. Das Feuer war gelöscht. Vier Beamte der Wasserschutzpolizei erwarteten die Ermittler. Als Paula sah, dass es sich bei dem verbrannten Toten um einen Erwachsenen und nicht um ein Kind handelte, atmete sie erleichtert auf. Sie bemerkte überall Reste von nicht verbranntem Klebeband. Damit hatte der Täter das Opfer augenscheinlich gefesselt. Die Leiche lag mit angewinkelten Beinen und gekrümmten Armen auf dem Boden des Holzboots. Paula informierte die Soko im Präsidium, bat um den Mordbus, die Spurensicherung und um das Beleuchter-Team.
    Ein weiterer Schutzpolizist brachte den Jogger zu ihr, der gesehen haben wollte, wo das brennende Boot auf den See hinausgetrieben war. Der etwa vierzigjährige Sportler strahlte Energie und Entschlossenheit aus. Sein kurz geschnittenes Haar lichtete sich bereits, sein Blick hinter den randlosen Gläsern der Sportbrille war hellwach. Energisch zog er den Reißverschluss seiner Kapuzenjacke auf. Darunter trug er ein knallgelbes Shirt.
    »Das Boot ist da drüben an dem Schuppen gestartet«, sagte er und deutete auf den Teil des gegenüberliegenden Sacrower Ufers, der noch zu Berlin gehörte.
    »Gestartet?«, fragte Paula.
    »Wenn Sie einen nassen Finger in die Luft halten, werden Sie sehen, wir haben eine ziemliche Brise heute.«
    Das hatte Paula allerdings schon beim Verlassen ihres Wagens bemerkt. »Und die hat das Boot auf die Havel getrieben?«
    »Vielleicht lag es im Schuppen dort drüben. Es sah jedenfalls so aus. Ich bin von der Waldmüllerstraße, wo ich wohne, in Richtung Friedhof Wannsee gejoggt und dann direkt darauf zu. Aber ich war anfangs noch zu weit entfernt, um das mit Sicherheit sagen zu können.«
    Paula versuchte, ihre Aufregung in den Griff zu bekommen. Wenn der Tote Möller war, hielt Nicolai Berger vielleicht Manuel in dem Schuppen gefangen. »Brannte das Boot denn schon, als Sie es zum ersten Mal bemerkten?«
    »Ich meine, ja.«
    »Also flammte es nicht erst auf dem Wasser auf? Es lag nämlich ein Mann drin, und der könnte es ja angesteckt haben.« Sie korrigierte sich sofort in Gedanken, denn wie hätte ein mit Klebebändern gefesselter Mensch das Boot anzünden sollen?
    »Nein, es kam brennend aus dem Schuppen.«
    »Und Sie haben es dann weiter beobachtet?«
    »Ja. Ich habe am Ende der Waldmüllerstraße angefangen, also fast Am Böttcherberg, das sind bis hier gute vier Kilometer.«
    »Haben Sie die ganze Zeit über das brennende Boot gesehen?«
    »Nein, das ist ja nicht möglich. Wegen der Biegungen und dann auch wegen der Bäume.«
    Paula konnte sich das nicht richtig vorstellen bei der Entfernung: »Wenn Sie kilometerweit weg waren, wie können Sie dann trotzdem mit Sicherheit sagen, dass das Boot aus dem Schuppen kam?«
    Nun wurde er doch unsicher. »Na ja, vielleicht kam es auch aus der Nähe des Schuppens.« Der Jogger war zunächst etwa fünf Kilometer in Richtung Pfaueninsel gelaufen und hatte auf dem letzten Kilometer die Polizei benachrichtigt.
    »Das ist mein Kollege Blank. Er wird Sie zu dem Bus am Sacrower Ufer begleiten, der dort in Kürze eintrifft, und Ihre Aussage noch einmal aufnehmen. Haben Sie vielen Dank.«
    Eine halbe Stunde später waren nicht nur der Mordbus, Dr. Martina Weber und die Spurensicherung an dem angegebenen Schuppen in Sacrow angekommen, den die Beamten unverzüglich abgesichert und durchsucht hatten, sondern auch mehr als fünfzig Presseleute aus Berlin und Potsdam, jede Menge Schaulustige und einige Mitglieder aus dem benachbarten Ruderclub.
    Bis auf ein paar Geräte und Werkzeuge war der Schuppen leer. Jedenfalls war Manuel nicht dort. Und Berger ebenso wenig. Der Jogger aber hatte richtig beobachtet. Die Spurenspezialisten stellten fest, dass das Holzboot bereits in dem Schuppen angezündet worden war. Alles war grell ausgeleuchtet. Ein weißes langes Band zeigte an, wo das Boot gelegen hatte, und die Fähnchen steckten in dem feuchten Boden.
    Paula und Tommi warteten vor dem Bootshaus auf Max, der ihnen die Overalls bringen sollte. Paula schaute sich um. Ein paar verlassene Bootshäuschen, die ebenfalls vergeblich nach Manuel durchsucht worden waren, lagen in unregelmäßigen Abständen direkt am Wasser in der Dunkelheit,
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