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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen
Autoren: Carter Brown
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wäre es mit meiner
Wohnung?« Ich bemerkte ihren zögernden Blick. »Rein geschäftlich natürlich.
Aber falls ich mich verspäte, können Sie in Ruhe warten.«
    »Mit Ihrer Frau?« Ein
ironisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    »Ganz allein. Die Aussicht auf den
Park ist wirklich ein Gedicht.« Ich gab ihr meine Adresse und den
Wohnungsschlüssel. »Okay?«
    »Gut«, sagte sie. »Gehen Sie
jetzt lieber, er hat Ohren wie ein Luchs.«
    »Also bis um zehn, Jenny«,
sagte ich, während sie mich zur Tür geleitete.
    Als sie eben im Begriff war,
die Klinke herabzudrücken, erstarrte sie plötzlich in der Bewegung, denn wir
hörten, wie ein Schlüssel im Schloß herumgedreht wurde. Dann ging die Tür auf,
und eine elegante Blondine trat herein.
    Sie trug ein weißes
Chanel-Kostüm mit schwarzen Tressen und hatte an Stelle eines Pudels ihre
Nerzstola spazierengeführt , die sie jetzt lässig über
den Arm gelegt trug. Sie war der echte Fifth -Avenue-Typ,
und es hätte Vergnügen gemacht, sie einmal ins Wasser zu schmeißen, um zu
sehen, was danach herauskam.
    »Entschuldigen Sie, Mrs.
Lowell«, sagte Jenny Shaw nervös, »Mr. Boyd wollte gerade gehen.«
    »Oh!« Die Blonde hob leicht die
Augenbrauen, während mich der Blick ihrer kalten blauen Augen abtaxierte.
    »Ich glaube, wir kennen uns
noch nicht, Mr. Boyd«, sagte sie unbeteiligt. »Ich bin Lorraine Lowell.«
    »Danny Boyd«, stellte ich mich
vor. »Sie brauchen sich meinen Namen jedoch nicht zu merken. Er ist gerade aus
dem Gedächtnis Ihres Gatten gestrichen worden.«
    »Das klingt einigermaßen
drastisch — sogar für Roger.« Sie lächelte leicht. »Sie haben ihm offenbar
etwas verkaufen wollen.«
    »Noch schlimmer. Ich wollte
etwas von ihm haben«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Es war mir ein Vergnügen,
Sie kennenzulernen. Ich schwärme so für zahme Nerze.«
    Ich machte Anstalten, zur
Wohnungstür zu gehen, aber sie wich um keinen Zentimeter. Mir blieb nur die
Wahl, sie umzurennen oder stehenzubleiben. Ich stoppte etwa fünfzehn Zentimeter
vor ihr, so daß wir auf Tuchfühlung geraten wären, wenn wir beide gleichzeitig
tief Luft geholt hätten.
    »Jenny«, sagte sie, ohne den
Blick von meinem Gesicht abzuwenden. »Brennt da nicht etwas in der Küche an?«
    »Doch, Mrs. Lowell«, schluckte
das Mädchen und verschwand dann eilig hinter einer Tür.
    Lorraine Lowell starrte mir
schweigend zehn weitere Sekunden ins Gesicht. Vielleicht ging ihr Atem auf
Grund meines Profils ein wenig schneller, ihr abwägender Blick stufte mich
jedoch in die Gruppe der Normalverbraucher ein.
    »Der männliche Mr. Boyd«, sagte
sie leise. »Sie sind vermutlich nicht so zahm wie mein Nerz?«
    »Wollen Sie mich anheizen,
obwohl Ihr Mann im Nebenzimmer ist?« sagte ich finster. »Da scheint mir das
Risiko beim russischen Roulette geringer zu sein. Außerdem wollte ich gerade
gehen.«
    Sie trat langsam zur Seite, so
daß ich mich an ihr vorbeidrängen und die Tür öffnen konnte.
    »Ich werde Sie anrufen«, sagte
sie sanft, während ich in den Treppenflur hinaustrat. »Stehen Sie im
Telefonbuch?«
    »Im Abonnement bin ich
billiger«, fauchte ich. »Aber ich kann Ihnen auch Stundenhonorar berechnen.«
    »Nach der ersten halben Stunde
werden Sie vor mir auf den Knien rutschen«, sagte sie unbeteiligt. Ihre
schlanken Finger glitten liebkosend über die Nerzstola. »Sie werden schneller
zahm sein als Sie glauben, Danny Boyd.«
    Als ich unbeirrt auf den
Fahrstuhl zuging, hörte ich, bevor die Wohnungstür zuklappte, ein leises
höhnisches Lachen. Es ist nicht das Geld, das mir meinen Beruf so wert macht,
es sind die lieben Menschen, die man allenthalben kennenlernt und die einem den
Glauben an die Menschheit wiedergeben. Man braucht nur einen starken Magen.
    Kurz nach fünf Uhr traf ich
wieder in meinem Büro ein. Fran Jordan war gerade im Aufbruch begriffen, ihren
Geigerzähler ganz auf das Uran in Kansas eingestellt.
    »Mit Jenny Shaw habe ich kein
Glück gehabt«, sagte sie, »aber ich könnte Ihnen ein jugoslawisches Mädchen
beschaffen, falls das etwas nützt. Sie kann zwar kein Englisch, aber dafür will
sie auch nur dreihundert Dollar pro Monat. Eine ausgesprochene Gelegenheit,
sagt die Vermittlung.«
    »Ich habe Jenny Shaw schon gefunden«,
sagte ich beiläufig. »So zahlt sich eben Genie und jahrelanges
wissenschaftliches Studium aus.«
    »Klappern gehört ja zum
Handwerk«, murmelte Fran kühl.
    »Ist während meiner Abwesenheit
etwas Besonderes losgewesen?« erkundigte
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