Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Universum der Doppelgänger

Universum der Doppelgänger

Titel: Universum der Doppelgänger
Autoren: Keith Laumer
Vom Netzwerk:
über ihre Spitzenklöppelei zu diskutieren, während die Männer Branntwein tranken, Zigarren schmauchten und Anekdoten austauschten.
    Lafayette blieb stehen und starrte stirnrunzelnd auf einen Azaleenbusch. Er war so in seine Gedanken vertieft gewesen, daß er an seinem Lieblingswinkel im Park vorbeigegangen war – dem mit der Bank unter den blühenden Büschen und dem kleinen Springbrunnen im Schatten der großen Ulmen und dem Ausblick über die zum pappelumsäumten See sanft abfallenden Wiesen…
    Er ging zurück, fand sich wieder an der Wegkreuzung, wo er Alain gesehen hatte. Komisch. Wieder hatte er die Stelle verfehlt. Er blickte in beide Richtungen, dann machte er sich kopfschüttelnd von neuem auf. Nach zwanzig Schritten war er auf dem breiten Kiesweg, der zur Terrasse zurückführte. Er machte halt und starrte in Ungewißheit über die seltsam verengte Wiese. Springbrunnen? Es gab keinen, wohin er auch blickte. Da war nur der mit totem Laub bedeckte Kiesweg, und am anderen Ende war die Ziegelmauer. Aber die Ziegelmauer müßte weiter entfernt sein, hinter mehreren Biegungen des Weges und einem Ententeich. Lafayette eilte weiter, um die erste Biegung … Der Kiesweg endete und wurde zu einem Fußpfad durch meterhohes Unkraut. Er drehte sich um – und sah sich einer soliden Wand aus verfilztem Buschwerk gegenüber. Zweige hakten sich an seinen Spitzenmanschetten fest, Brombeerranken rissen an seinen Seidenstrümpfen und Kniehosen, als er sich durch das Dickicht kämpfte, um schließlich auf einen Wiesenfleck zu kommen. Von den Blumenrabatten des Palastgartens war nichts zu sehen; es gab weder Wege noch Ruhebänke. Der Palast machte einen verwahrlosten, verlassenen Eindruck, ragte finster in einen plötzlich stumpf gewordenen Himmel. Die mit Läden verschlossenen Fenster waren wie blinde Augen; totes Laub lag auf der Terrasse.
    O’Leary eilte die Freitreppe hinauf, durch die hohen Türen in den Spiegelsaal. Staub lag dick auf dem Marmorboden. Seine Schritte hallten, als er zur Wachstube lief und die Tür aufriß. Die Luft war kalt, dumpf und feucht, der Raum leer.
    Lafayette kehrte in die Halle zurück und rief. Niemand antwortete. Er öffnete Türen, blickte in leere Räume. Er hielt inne, legte seinen Kopf zurück und lauschte. Fernes Vogelgezwitscher irgendwo außerhalb des Gebäudes war das einzige Geräusch.
    »Lächerlich!« hörte er sich laut sagen, während er gegen ein kalt zusammendrückendes Gefühl in seiner Magengegend ankämpfte. »Es können doch nicht alle einfach fortgeschlichen sein, ohne mir was zu sagen. Daphne würde so etwas nie tun …«
    Er ging die Treppe hinauf und merkte, daß er drei Stufen gleichzeitig übersprang. Der Teppichbelag war aus dem oberen Korridor entfernt worden, die goldgerahmten Porträts längst verblichener Herrscher und Höflinge waren von den Wänden verschwunden. Er riß beide Türflügel zu seiner Wohnung auf und starrte in einen unmöblierten Raum mit nackten Fenstern.
    »Großer Gott, man hat mich ausgeraubt!« schnaufte er. Er stürzte in den Ankleideraum und zum Wandschrank, stieß beinahe mit der Nase gegen die Wand. Es gab keinen Wandschrank – und der Raum war zwei Meter schmaler als er sein sollte.
    »Daphne!« schrie er und stürzte hinaus in den Korridor. Er war entschieden kürzer, als er gewesen war, und die Decke war niedriger. Und es war dunkel hier; die Hälfte der Fenster fehlte. Sein Ruf verhallte ohne Antwort.
    »Nikodemus!« keuchte er. »Ich muß Nikodemus in der Zentrale anrufen! Er wird wissen, was zu tun ist …« Er rannte aus seiner Wohnung, nahm den Korridor zum rechten Seitenflügel und hastete die steinerne Wendeltreppe zum Turm hinauf, wo das Laboratorium des ehemaligen Hofmagiers war. Nikodemus war natürlich längst fort, von der Zentrale für anderweitige Aufgaben zurückgerufen, aber es gab immer noch das Telefon …
    Schwer atmend erreichte er den letzten Absatz und stürzte in die schmale, von Granitwänden umschlossene Kammer. Da waren die Arbeitstische und die mit ausgestopften Eulen, Weckeruhren, Flaschen, Drahtstücken und seltsam geformten Geräten aus Kupfer, Messing und Kristall überladenen Regale. Unter der hohen, mit Spinnweben verhangenen Decke baumelte das vergoldete Skelett an seinem Draht vor der langen, schwarzen Tafel mit ihren Anzeigeskalen und Meßtabellen. Alles war mit einer dicken Staubschicht überzogen. Lafayette wandte sich dem verschlossenen Schrank neben der Tür zu, fummelte einen kleinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher