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Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen
Autoren: Lindsay Gordon
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anstellen?«
    »Ja, gern.«
    »Wie geht's sonst so?«, fragte ich beiläufig, während ich einen festen Karton aus der Labeltüte zog. Pete suchte derweil nach Kaffeebechern. »Und? Wie fühlst du dich vor dem großen Tag morgen?«
    »Mir geht der Arsch auf Grundeis«, kam es vergnügt. »Hey, ist das die Torte?«
    Er hatte sie doch entdeckt zwischen all den Flaschenbergen, Tuben, Spachteln und Töpfen, die sich auf dem Tisch türmten. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die ständig aufräumen, während sie noch bei der Arbeit sind.
    »Das ist nur der Boden, der Rest ist im Geschirrschrank. Ich muss die Seiten noch dekorieren, mehr Rosen darauf verteilen, und dann kann ich die Teile zusammensetzen.«
    »Das sieht ja toll aus.« Er kam näher und untersuchte mein Werk. Sein Lob wärmte mein Herz ein ganz klein wenig. »Und all diese filigranen Details.« Er stocherte in der Luft über den Rosen. »Sind diese Blumen auch essbar?«
    »Ja, sie sind aus Zuckerguss.«
    »Du verarschst mich. Sieht aber verdammt echt aus.«
    Ich ging zu meiner Marmorplatte, ein unverzichtbares Requisit für meine Backorgien, auf der ich eine Zuckergussplatte ausgerollt hatte.
    »Das ist nun wirklich keine Kunst.« Ich nahm ein Förmchen, um ein paar Blumenblätter auszustechen und demonstrierte, wie man diese zusammensetzte. »Sieh mal, ganz einfach. Du musst einfach immer mehr Blätter hinzufügen, bis die Blumen groß genug sind. Dann lässt du sie trocknen, und danach bepinselst du sie mit Lebensmittelfarbe.«
    Meine Rosen waren an den Spitzen rosa gefärbt. Das würde einen wunderbaren Kontrast zum puren Weiß der Torte bilden.
    »Scheiße, Suzie.« Er grinste. »Das ist einfach wunderbar. Helen wird von den Socken sein.«
    »Meinst du?«
    »Ich weiß es.«
    »Und das hier soll oben drauf?«, fragte ich und machte endlich die Dose auf. Daraus funkelte mich Kristall an. »Scheint wohl so zu sein«, murmelte ich. Es war ein tanzendes Paar aus facettenreichem Glas. Ich holte die Figur heraus und wünschte, ich hätte den Mut gehabt, sie auf den Boden fallen zu lassen: eine Frau in einem romantischen Ballkleid und ein schneidiger Kerl, der sie in den Armen hielt. »Sie hat es in New York gekauft, sagst du?«
    »Ja.« Pete schien meine mangelnde Begeisterung zu teilen. »Ein bisschen disneymäßig, was?«, fügte er hinzu.
    »Ein bisschen.« Lieber Gott, NEIN. Nicht auf MEINEM Kuchen. Das war unfair. Ich hatte bereits die gesamte Dekoration geplant, und dieses Glitzerding gehörte nicht in mein Konzept. Darüber hinaus stimmte das Größenverhältnis nicht. Ich zog ein Gesicht.
    »Halt mal fest. Ich muss die oberste Lage holen und nachdenken.«
    Während Pete sich damit beschäftigte, zwei Becher mit Kaffee zu füllen, holte ich den obersten und kleinsten Tortenboden und setzte ihn auf den Tisch. Ich sah ihn grimmig an. Die Reliefverzierung war bereits fertig und getrocknet. Ganz oben hatte ich sie vergoldet. Ich musste nur noch die Rosen darüberstreuen.
    »Wow. Das sieht aber edel aus.« Pete bot mir einen Becher an.
    »Das ist nur Blattgold«, erklärte ich und zeigte ihm das Päckchen mit den Blattgoldlagen. »Du kannst es ausschneiden und mit flüssiger Glukose anbringen.« Ehrlich gesagt, war ich ein wenig unsicher gewesen, ob die Vergoldung nicht zu übertrieben war. Aber jetzt gefiel sie mir. Auch deshalb, weil ich sie nun zerstören sollte.
    »Richtiges Gold? Kann man das auch essen?«
    »Ja. Das ist reaktionsträges Gold und wirklich sehr dünn.«
    »Aha. Wie das im Vodka, was?«
    »Richtig. Wie war der Junggesellenabschied?«
    Pete rollte die Augen.
    »Das wirst du noch alles zu hören bekommen, wenn der Trauzeuge spricht.«
    Ich lächelte. Das brachte mich aber nicht von meinem eigentlichen Problem ab. Wie sollte ich dieses verdammte Schaustück in meine komplizierte Dekolinie einbeziehen. Ich setzte meinen Kaffeebecher ab und beugte mich über den Kuchen. Zur Sicherheit stützte ich mich mit einem Ellbogen auf die Tischplatte. Ich hielt die Kristallfigur über den Zuckerguss, um zu sehen, wie viel Platz sie einnahm. Pete gab ein komisches Geräusch von sich.
    »Erinnerst du dich noch an Elliots Party im Haus seines Vaters?«, fragte er wehmütig hinter mir.
    »Aber ja doch«, sagte ich grinsend. »Obwohl ich mich wundere, dass du dich daran erinnerst. So betrunken, wie du warst ...« Vielleicht konnte ich die Reliefverzierung vorsichtig entfernen, stattdessen dort das Tanzpaar platzieren und die schreiende Geschmacklosigkeit
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