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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit
Autoren: Alastair Reynolds
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spielt«, sagte Sonnendieb. »Nachdem ihr so weit gekommen seid, sind eure eigenen Wünsche ohne Belang.«
    Sylveste spürte, wie der Anzug mit einem Satz in den geöffneten Edelstein hineinsprang. Ein flimmernder Korridor mit vielen Facetten führte in die Tiefen des Objekts.
    »Was…?«, begann Calvin.
    »Ich tue gar nichts«, sagte Sylveste. »Der Dreckskerl kontrolliert wahrscheinlich meinen Anzug.«
    »Logisch. Er konnte schließlich auch Sajakis Anzug steuern. Wahrscheinlich hat sich der Faulpelz bisher nur zurückgelehnt und dir die Arbeit überlassen.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Sylveste, »dass du mit Beleidigungen jetzt noch viel ausrichten kannst.«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Im Grunde genommen…«
    Er befand sich tief in einem leuchtenden luftröhrenähnlichen Tunnel mit so vielen Windungen und Kehren, dass man kaum glaubte, sich noch im Innern des Edelsteins zu befinden. Aber schließlich hatte er dessen wahre Größe nie mit Sicherheit festgestellt – sein Durchmesser konnte irgendwo zwischen ein paar hundert Metern und dreißig bis vierzig Kilometern liegen. Die wechselnde Form machte eine genaue Messung unmöglich, vielleicht gab es auch keine sinnvolle Lösung. Auch das Volumen eines fraktalen Festkörpers konnte man schließlich nicht bestimmen.
    »Äh… was sagtest du?«
    »Ich sagte…« Sylveste brach ab. »Sonnendieb, hörst du mir zu?«
    »Wie immer.«
    »Ich verstehe nicht, warum du mich hierher gelotst hast. Wenn du Sajakis Anzug steuern konntest – und den meinen die ganze Zeit über unter Kontrolle hattest – warum musste ich dann überhaupt mitkommen? Wenn du in diesem Ding etwas zu erledigen hast, wenn du etwas herausholen willst, konntest du das doch auch ohne mich tun.«
    »Die Anlage reagiert nur auf organische Lebensformen. Einen leeren Anzug hätte sie als Maschinenbewusstsein gedeutet.«
    »Das – Ding – ist eine technische Anlage? Wolltest du das damit sagen?«
    »Eine Anlage der Unterdrücker.«
    Im ersten Moment waren das nur leere Worte, aber gleich darauf verbanden sie sich – zunächst noch lose – mit gewissen Erinnerungen aus der Zeit im weißen Licht; dem Portal zur Hades-Matrix. Diese Erinnerungen verknüpften sich wiederum mit anderen, bis eine endlose Assoziationskette entstanden war.
    Und die verhalf ihm zu einem gewissen Verständnis.
    Mehr denn je war ihm klar, dass er nicht weitergehen sollte; wenn er ins Innerste dieses Edelsteins – der Unterdrückeranlage – vordrang, musste er mit dem Schlimmsten rechnen. Die Vorstellungskraft reichte nicht aus, um sich eine Katastrophe noch größeren Ausmaßes auszumalen.
    »Wir dürfen nicht weitergehen«, sagte Calvin. »Ich weiß jetzt, was das ist.«
    »Ich auch, aber es ist zu spät.«
    Die Anlage war von den Unterdrückern zurückgelassen worden. Sie hatten sie gleich neben dem flimmernden weißen Portal, das noch älter war als sie, in eine Umlaufbahn um Hades gebracht. Es störte sie nicht, dass sie nicht ganz verstanden, wozu das Portal diente, und eigentlich auch keine Ahnung hatten, wer es dort aufgestellt hatte, neben dem Neutronenstern, mit dem – es gab da einige verdächtige Hinweise, denen sie nicht weiter nachgegangen waren – nicht alles so war, wie es sein sollte. Abgesehen von seiner ungewissen Herkunft passte es bestens in ihre Pläne. Ihre eigenen Anlagen waren so konstruiert, dass sie intelligente Lebewesen anlockten, und wenn man eine dieser Anlagen neben eine noch fremdartigere Entität stellte, waren Besucher garantiert. Diese Strategie verfolgten sie in der gesamten Galaxis: stets bauten sie ihre Unterdrückeranlagen neben Objekten von astrophysikalischem Interesse oder in der Nähe von Ruinen untergegangener Kulturen auf. An Stellen also, die von sich aus Aufmerksamkeit erregten.
    Und die Amarantin waren gekommen, hatten an der Anlage herumgespielt und sich damit bemerkbar gemacht. Die Anlage hatte sie studiert und ihre Schwächen festgestellt.
    Und sie hatte sie ausgelöscht – bis auf die kleine Schar von Abkömmlingen der Verbannten. Die hatten zwei Wege gefunden, um der gnadenlosen Verfolgung durch die Unterdrücker zu entgehen. Einige hatten sich durch das Portal begeben und in die Krustenmatrix integriert, um dort, konserviert im undurchdringlichen Bernstein nuklearer Masse, die man zur Rechenmaschine versklavt hatte, als Simulationen fortzubestehen.
    Von Leben konnte dabei kaum die Rede sein, dachte Sylveste, aber zumindest hatte etwas von ihnen überdauert.
    Und
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